Mainzer Biontech hat mächtig Ärger mit der Gewerkschaft
Die Gewerkschaft IG BCE will am Biontech-Standort Idar-Oberstein einen Haustarifvertrag durchsetzen – und zeigt Kampfeswille. Das Unternehmen lehnt das aber rundweg ab.
Von Ralf Heidenreich
Leiter Redaktion Wirtschaft
Biontech gilt als führend in der Krebsimmuntherapie und schlägt sich an der Börse wacker.
(Foto: Biontech/Georg Banek)
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MAINZ - Biontech macht an der New Yorker Hightech-Börse Nasdaq Furore, wird mitunter als neuer Stern am Biotech-Himmel gefeiert und gilt als ein großer Hoffnungsträger im Kampf gegen den Krebs. Zuhause jedoch hat der Spezialist für Krebsimmuntherapien mächtig ärger mit der Gewerkschaft und steuert auf eine harte Konfrontation zu. Die Gewerkschaft IG BCE hat sich zum Ziel gesetzt, am Biontech-Standort Idar-Oberstein einen Haustarifvertrag durchzusetzen – mit Orientierung am Flächentarifvertrag. Auch am Sitz des Unternehmens in Mainz will die Gewerkschaft demnächst aktiv werden. Doch das Management will von einem Tarifvertrag nichts wissen.
Während sich in Mainz, laut IG BCE auf Betreiben der Gewerkschaft und deren Mitglieder am Standort, gerade erst ein Betriebsrat gebildet hat, gibt es einen solchen in Idar-Oberstein (rund 240 Mitarbeiter) schon geraume Zeit. An letzterem Standort gehören alle Betriebsratsmitglieder der IG BCE an. Die Gewerkschaft fordert nach eigenen Angaben nun schon „seit neun Monaten die Aufnahmen von Tarifverhandlungen“ für einen Haustarifvertrag in Idar-Oberstein, in dem unter anderem „die Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit, eine an Lebensphasen angepasste Arbeitszeit und eine faire Entgeltentwicklung“ geregelt werden sollten.
Biontech erteilt Gewerkschaft klare Absage
Nach ersten unverbindlichen Gesprächen hat Biontech dem Ansinnen nun eine klare Absage erteilt – und will Entgelte, Arbeitszeiten etc. mit Beschäftigten und Betriebsräten direkt aushandeln. „Der Forderungskatalog der IG BCE schafft aus unserer Sicht keinen modernen Rahmen für uns als innovatives, junges und international ausgerichtetes Unternehmen“, erklärte das Management auf Anfrage dieser Zeitung. Das bringt wiederum die Gewerkschaft auf die Palme. Die Begründung von Biontech klinge „wie ein schlechter Witz“, heißt es in einer Solidaritätsbekundung von IG BCE-Mitgliedern und Beschäftigten vom Laborunternehmen. „Die gesamte Pharmabranche und Chemieindustrie leben mit und vertrauen der IG BCE. Die Realität beschreibt also das Gegenteil.“ Und weiter: „Haltet durch, wehrt euch. Auch einige von uns mussten darum kämpfen.“
Und Kampfeswille gibt es. „Uns als IG BCE liegt es fern, einen Konflikt zu eskalieren – sofern dies nicht notwendig ist“, heißt es in einem ultimativen Schreiben der Gewerkschaft, das dieser Zeitung vorliegt. Darin gibt man dem Management „letztmalig die Chance, die Absage zu überdenken“. Man habe kein Interesse daran, dem Unternehmen „Schaden zuzufügen, werden aber nichts unterlassen, unsere Mitgliederinteressen durchzusetzen“.
Kritikpunkt von Biontech: Senioritätsprinzip
Biontech wiederum stört sich unter anderem am von der Gewerkschaft geforderten Senioritätsprinzip, also an der Orientierung der Gehälter auch am Lebensalter beziehungsweise der Dauer der Betriebszugehörigkeit. Für Biontech wiederum ist dies „nicht gleichzusetzen mit Erfahrung oder Leistung und damit kein maßgeblicher Einflussfaktor“. Man habe viele Mitarbeiter, „die unabhängig von Betriebszugehörigkeit oder Alter sehr engagiert sind und viel für Biontech leisten. Das Senioritätsprinzip ist für uns daher kein Bestandteil einer fairen Vergütung“. Es gebe bessere Wege, Betriebstreue anzuerkennen.
„Welche Kriterien gelten sollen, kann man in Verhandlungen klären, aber Biontech will ja gar nicht verhandeln“, sagt Patrick Schall, Gewerkschaftssekräter im IG-BCE-Bezirk Mainz. Kooperationspartner von Biontech wie Sanofi, Bayer oder Pfizer seien alle tarifgebunden und gleichzeitig „erfolgreiche und innovative Unternehmen“. Biontech bekenne sich zwar im Verhaltenskodex zum Recht der Beschäftigten auf Tarifverhandlungen, „lebt hier aber seine eigenen Werte nicht“. Das Unternehmen stimmt zwar zu, dass die Tarifbindung für andere Firmen ein wichtiger Faktor und die IG BCE für sie der richtige Partner sei. „Wir sind aber momentan zu einem anderen Ergebnis gekommen“.
Eine transparente und wettbewerbsfähige Vergütung sei auch für Biontech ein wichtiges Ziel, erklärt das Management. So soll ab 2020 das neue Konzept zur Steuerung der Grundvergütung eingeführt werden. „Wir sind überzeugt, dass wir mit den Betriebsräten viel erreichen können.“