Integration mit der Nähmaschine. Die Schneiderin Reyhane Heidari aus Afghanistan (links) stellt zusammen mit den Gründerinnen Claudia Frick und Eva-Madeleine Fiedler (rechts) die Frankfurter Schneiderei „Stitch by Stitch“ auf der Handwerksmesse in München vor. Foto: dpa
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FRANKFURT - Sprachdefizite und fehlende Qualifikationsnachweise sollen kein Hindernis für die Anstellung von Flüchtlingen sein. Das dachten sich Nicole von Alvensleben und Claudia Frick und gründeten zusammen mit Schneiderinnen, die aus ihrer Heimat geflüchtet sind, eine Schneider-Werkstatt. In Frankfurt werden kleine Serien-Produktionen für lokale Start-up Mode-Labels gefertigt. „Bei uns passiert beides parallel – Arbeiten und Gesellenbrief. Die Professionalität können wir ohne Zeugnisse sofort feststellen, das handwerkliche Arbeiten ist sprachenübergreifend – das Nähhandwerk, eine globale Sprache“, lautet die Marschroute des jungen Unternehmens. Fünf Schneiderinnen aus verschiedenen Ländern sind bereits fest angestellt worden. Stitch by Stitch ermöglicht wieder die Produktion von Kleinserien „Made in Germany“. Claudia Frick kennt das Problem, sie hat mit „Coco Lores“ selbst ein kleines Modelabel.
Das Gießener Start-up Code Door setzt unterdessen auf die Vermittlung von Fähigkeiten, die am Arbeitsmarkt gerade gefragt sind. 230 Geflüchteten wird bundesweit das Programmieren beigebracht.
„Die hessischen Unternehmen legen bei der Integration in Arbeit ein gutes Tempo vor“, berichtete der Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU), Dirk Pollert, auf dem Integrationscamp der hessischen Wirtschaft in Frankfurt. Allerdings müsse allen Beteiligten klar sein: Die Integration in den Arbeitsmarkt benötige im Schnitt fünf Jahre. „Auf dem vor uns liegenden Integrationsmarathon sind wir bei einer Strecke von 43 Kilometern also gerade mal bei Kilometer acht angelangt“, sagte Pollert. Angesichts des sich verschärfenden Fachkräftemangels habe die Wirtschaft immer eine gesteuerte Zuwanderung gefordert. Nun seien die Unternehmen mit der ungesteuerten Zuwanderung konfrontiert worden. Über das Bildungswerk der hessischen Wirtschaft seien verschiedene Projekte von „Wirtschaft integriert“ über „die Willkommenslotsen“ bis zu „First Step“ umgesetzt worden, um Flüchtlinge zu integrieren.
„Wir müssen auch die regulären und bewährten Strukturen der Ausbildung nutzen“, betonte der Personalvorstand des Flugahfenbetreibers Fraport, Michael Müller. Abschlüsse mit reduzierten Anforderungen seien kein erfolgversprechender Weg. „Durch unsere Ausbildungsvorbereitungsklassen haben wir in den vergangenen zwei Jahren über 160 geflüchteten Jugendlichen den Weg in ihr Berufsleben ein Stück weit ebnen können“, erläuterte Barbara Ofstad von der Siemens AG.
Von den rund 122 000 registrierten Zuwanderern aus den Jahren 2014 bis 2016 in Hessen würden etwa mittelfristig 43000 auf den Arbeitsmarkt strömen, bilanziert der Leiter der Regionaldirektion Hessen, Frank Martin. Nach Abschluss der Sprach- und Integrationskurse erreiche ein Großteil von ihnen bis Herbst 2017 den Arbeitsmarkt. Praktikumsplätze würden bereits knapp. Ende März 2017 seien 30 291 arbeitssuchende Geflüchtete gemeldet. Die Erfahrung zeige, dass weiter intensiv in ihre berufliche Bildung investiert werden muss. „Eine Investition, die sich lohnt, aber Zeit braucht.“