Die Mainzer North Channel Bank ist wegen des Verdachts auf Steuerbetrug im Visier der Staatsanwaltschaft Kopenhagen. Das Institut bestätigte am Dienstag auf Anfrage, dass vor rund drei Wochen die Geschäftsräume der Bank in einem der Mainzer Bonifaziustürme in der Nähe des Bahnhofs durchsucht worden seien.
MAINZ/KOPENHAGEN/BRÜSSEL - Die Mainzer North Channel Bank ist wegen des Verdachts auf Steuerbetrug im Visier der Staatsanwaltschaften Kopenhagen und Brüssel. Das Institut bestätigte am Dienstag auf Anfrage, dass vor rund drei Wochen die Geschäftsräume der Bank in einem der Mainzer Bonifaziustürme in der Nähe des Bahnhofs durchsucht worden seien.
Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung geht es um einen der größten europäischen Fälle von Steuerbetrug, bei dem dem Land Dänemark – so der Verdacht – ein Schaden von fast 1,7 Milliarden Euro enstanden sein soll. Der Vorwurf: Angebliche US-Pensionsfonds hätten sich mit vorgetäuschten Aktiengeschäften vom dortigen Fiskus Steuern erstatten lassen, die aber nie gezahlt worden seien. Einige dieser Geschäfte seien mithilfe der North Channel Bank – mit 50 Mitarbeitern im Grunde eine Mini-Bank – abgewickelt worden.
1,67 Milliarden Euro Steuern hinterzogen?
Bei diesem Teil der Ermittlungen soll es um Steuererstattungen mit einem Volumen von 153 Millionen Euro gehen. Nach Informationen dieser Zeitung erfolgte die Durchsuchung der Bank durch die Staatswaltschaft Koblenz nicht nur im Zuge eines Rechtshilfeersuchens der Kollgen in Kopenhagen, sondern auch auf Bitte der Staatsanwaltschaft in Brüssel.
Die Süddeutsche Zeitung verweist auf den Durchsuchungsbeschluss, in dem an erster Stelle der schwerreiche Banker und Investor Sanjay Mansukhlal Shah mit Wohnsitz in Dubai stehe. Involviert sollen zudem 212 US-Pensionsfonds, ein paar weitere Verdächtige und eben fünf Gesellschaften mit Namen Oban sein, die hinter der Mainzer Bank stehen oder anderweitig mit ihr zu tun haben. In dem Durchsuchungsbeschluss werde der offenkundige Schaden für Dänemark auf 1,67 Milliarden Euro beziffert.
Zum Sachverhalt wollte sich die North Channel Bank nicht äußern. „Die Durchsuchung am 20. Juni wurde von der Bank aktiv unterstützt“, teilte eine Sprecherin auf Anfrage lediglich mit. Bei dem Institut war die Staatsanwaltschaft Koblenz mit einem Durchsuchungsbeschluss vorstellig geworden. Demnach soll der dänische Staat mit Unterstützung der Oban-Firmen in den Jahren zwischen 2012 und 2015 betrogen worden sein. Laut Durchsuchungsbeschluss hat die deutschen Bankenaufsicht Bafin die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG meiner einer Sonderuntersuchung der Vorgänge bei North Channel beauftragt.
Offenbar hatten die betrügerischen Geschäfte System
Das Ergebnis laut „Süddeutscher Zeitung“: Die von der Mainzer Bank betreuten Aktientransaktionen hätten ein regelmäßiges Muster aufgewiesen, hätten aber für sich gesehen keinen wirtschaftlich erkennbaren Nutzen gehabt. North Channel habe als Depotbank für die Aktien fungiert; habe aber keine Verträge für den Kauf und Verkauf abgeschlossen. Die Lagerstelle für die Aktien sei im Hinblick auf die betreffenden US-Pensionsfonds von April 2014 an immer die Bank in Mainz gewesen. Kurz davor, im März 2014, habe es offenbar eine Art Testlauf gegeben. Es sei davon auszugehen, dass die fraglichen Börsengeschäfte allesamt fingiert gewesen wären.
Die North Channel Bank GmbH & Co. KG wurde 1924 als Privatbank Bankhaus Oswald Kruber mit Sitz in Berlin gegründet. 2009 übernahm eine nordamerikanische Investorengruppe mit Erfahrungen im Zweitmarkt für US-Lebenversicherungen das Bankhaus und nannte es in North Channel Bank um. In den Folgejahren entwickelte sich die Bank nach eigenen Angaben zu einem führenden Institut bei der Finanzierung von US-Lebensversicherungen. Die North Channel Bank habe nun „schon seit Jahrzehnten ihren Standort in Mainz“, heißt es.
Das Ziel von Cum-Ex-Geschäften ist immer identisch: Durch das Hin- und Herschieben von Papieren mit (cum) und ohne (ex) Dividende soll die Erstattung von Steuern ausgelöst werden, die gar nicht bezahlt wurden. In Deutschland wurde das Steuerschlupfloch 2012 gestopft, in Dänemark funktionierte das System offenbar noch länger. Offen ist, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe im aktuellen Fall das Land Belgien geschädigt wurde.