Ein junger Darmstädter schreibt Geschichte

Manuel Wagin Thomas Häussler
© Thomas Häussler

Ringer Manuel Wagin wird als bisher jüngster deutscher Athlet U17-Europameister. Der Sport liegt bei den Wagins in der Familie.

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DARMSTADT/TIRANA. Dass Manuel Wagin am Samstag nicht nur etwas Großes, sondern auch etwas Sporthistorisches geschafft hatte, erfuhr er erst im Anschluss. "Wir wussten das zunächst gar nicht", sagt sein Vater Vitali Wagin über den jungen Ringer aus Darmstadt. Als erster 15-Jähriger in der Geschichte des Deutschen Ringer-Bundes hatte Manuel Wagin den Titel bei den U17-Europameisterschaften in Tirana geholt. Auf dem Weg zu Gold im Freistil-Limit bis 65 Kilo musste das Toptalent, dessen 18-jähriger Bruder Marcel bereits in der Ersten Bundesliga kämpft, fünf Gegner aus dem Weg räumen. Im August steht für den Teenager die WM an, ehe auch er Bundesliga-Luft schnuppern wird.

Nie zuvor hat ein Deutscher einen EM-Titel so früh geholt wie Manuel Wagin. An diesem Samstag (24.) wird er 16 Jahre alt und darf international auch nächstes Jahr noch bei den Kadetten ringen, ehe 2025 der Sprung zu den Junioren ansteht. In Tirana saß neben Bundestrainer Marcel Ewald auch Vater Vitali in der Ecke. Beide sahen zunächst technisch überlegene Siege des bei Einzelmeisterschaften früher für den KSV Seeheim und heute für den KSV Rimbach startenden Nachwuchs-Asses gegen einen Slowaken und einen Italiener. Im Viertelfinale musste Wagin gegen einen Georgier erstmals über die volle Distanz gehen, hatte die Sache beim 7:1 aber im Griff. Im Halbfinale gegen einen Armenier (5:3) und im Finale gegen den Türken Remzi Temur (5:4) standen die Duelle dann auf Messers Schneide. In beiden Fällen sprach ein Videobeweis ein Urteil zum Vorteil des Darmstädters, gegen den Armenier zu einer Aktion drei Sekunden vor Schluss.

Am Montagabend empfingen 30 Fans den jungen Helden mit Plakaten am Frankfurter Flughafen. Ansonsten gab es keine große Sause, "meine Frau hat aber gut gekocht", scherzt Vater und Förderer Vitali Wagin, der auch Freistil-Landestrainer des Hessischen Ringer-Verbandes ist. In dessen Nachwuchsleistungszentrum in Aschaffenburg trainiert Manuel Wagin ebenso wie im Rimbacher Vereinstraining und am Bundesstützpunkt in Heidelberg.

Dort hat sich auch sein zweieinhalb Jahre älterer Bruder Marcel schon weiterentwickelt, er spielt bei Erstligist SC Kleinostheim inzwischen eine gute Rolle. Manuel Wagin wird in der Ende September beginnenden Mannschaftsrunde für den ambitionierten Zweitligisten Germania Weingarten auf die Matte gehen. Vorher aber steht im August die U17-Weltmeisterschaft in Istanbul an. "Dort wird Manuel zum letzten Mal die 65 Kilo ringen", kündigt sein Vater an. Schon für die EM musste er sechs Kilo abkochen, um in dieser Klasse über die Waage zu gehen. Künftig soll diese Strapaze passé sein, der Darmstädter im 70-Kilo-Limit auflaufen.

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Aktuell ist er bereits so schwer wie sein Bruder Marcel und nähert sich ihm auch sonst qualitativ an: "Sie ringen schon auf Augenhöhe", sagt Vitali Wagin, der beide Söhne als "technisch stark, mit gutem Angriff und guter Abwehr" bezeichnet, bei Manuel aber sogar noch einen Tick "mehr Biss" verortet. Beide Talente zählen derzeit jedenfalls fraglos zu den heißesten Aktien im deutschen Freistil-Ringen.