Marie Sommer vom Rüsselsheimer RK verdankt ihr vierjähriges Stipendium an der US-Universität Syracuse ihren vorzüglichen Englisch-Kenntnissen.
Von Martin Krieger
Sportredakteur
Blickrichtung USA: Marie Sommer zieht es vom Rüsselsheimer RK an die US-Universität Syracuse.
(Foto: Tanja Sommer)
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RÜSSELSHEIM - Der Abschied von den langjährigen Mitspielerinnen liegt schon ein paar Tage zurück, doch an diesem Mittwoch heißt es, schweren Herzens nun auch der Familie Lebewohl zu sagen. Gegen 9 Uhr startet der Düsenjet vom Rhein-Main-Airport in Richtung New York, von wo aus es für Marie Sommer noch rund vier Stunden weiter nach Syracruse geht. Läuft alles nach Plan, dann wird die 18-Jährige – mit heimatlichen Unterbrechungen – in den nächsten vier Jahren in der südwestlich des Ontariosees gelegenen Stadt im US-Staat New York studieren und jede Menge Hockey spielen.
Infos aus erster Hand von Teamkameradin
„Theoretisch hätte ich nach dem Abi schon mit 17 ins Ausland gehen können, aber ‚work and travel‘ fanden meine Eltern nicht so gut“, sagt die großgewachsene Verteidigerin des Rüsselsheimer RK. Da Kapitänin Celina Hocks und die einstige Mitspielerin Antonia Tiedtke in den Staaten bereits für Collegeteams am Ball waren, beziehungsweise sind und somit Infos aus erster Hand vorlagen, nahm die Idee immer konkretere Konturen an, sich um ein Uni-Stipendium zu bewerben.
Um nach der Erstellung von Highlight-Videos der bisherigen Laufbahn, die an etwa 20 Unis versandt wurden, richtig durchstarten zu können, mussten zwei unterschiedlich hohe Hürden überwunden werden – den Toefl- und den ACT-Test. Die zweite Aufgabe empfand Marie dank der Abiturnote von 1,7 als nicht so heikel („Das war allgemeines Grundwissen für die College-Reife als Ankreuztest“), aber die Sprachprüfung galt gemeinhin als extrem hart. „Es hieß, bei 80 bis 90 von 120 Punkten habe man eine Chance, dass die Unis eine Bewerbung prüfen“, berichtet Mutter Tanja Sommer, unter ihrem Mädchennamen Schulze langjährige Volleyballerin in besseren Tagen der TG Rüsselsheim.
Entsprechend nahm das Projekt enorm Fahrt auf, als die Tochter 105 Toefl-Punkte erreichte. Sieben Universitäten boten Vollstipendien an, zwei Hockeytrainer kamen extra an den Untermain, um Marie zu beobachten – darunter der Coach der Syracruse-University. „Deren akademisches und sportliches Gesamtprogramm hat mir am meisten zugesagt“, erzählt Marie, warum letztlich die 145 000 Einwohner zählende Stadt das Rennen machte, in der 1962 Schauspieler Tom Cruise geboren wurde. Und wie sieht es mit Heimweh aus? „Ich glaube, in der ersten Zeit ist so viel los und neu, dass sich das gar nicht richtig einstellen kann. Und durch das Hockeyteam kommt man ja auch gleich in Kontakt.“ Unzweifelhaft ist, dass Marie dank ihres sportlichen Talents und des nachgewiesenen Sprachniveaus in den nächsten vier Jahren ein sorgenfreies Studentenleben bis zum Bachelor-Abschluss in Journalistik führen kann. Studiengebühren, Lehrmaterial, Krankenversicherung, Appartement und die gesamte Hockeyausrüstung werden komplett übernommen, was einen stattlichen geldwerten Vorteil bedeutet. „Das ist schon ein bisschen ein komisches Gefühl. Aber natürlich freue ich mich, dass ich das geschafft habe“, sagt Marie.
Neben dem Studium wird sie mehr Hockey spielen, als jemals zuvor. 20 Stunden pro Woche stehen auf dem Programm, inklusive Athletiktraining und Taktikschulung; hinzukommen während der College-Saison Partien am Freitag und Sonntag. „Das Uniteam von Syracruse spielt in der höchsten Liga“, erzählt die Rüsselsheimerin, was den Schluss zulässt, dass die Leistungskurve nach oben gehen sollte.
Im Mai, wenn sie während der studienfreien Phase für sechs Wochen nach Hause kommt und in dieser Zeit auch wieder am RRK-Training teilnehmen möchte, wird man vielleicht noch nicht so viel davon sehen. Wenn die Eltern und der jüngere Bruder Finn im Herbst in Syracruse vorbeischauen und die Collegesaison läuft, vielleicht schon eher. Dem familiären Trennungsschmerz wird auf diese Weise sicher abgeholfen.