FSV Mainz 05: Elf Gründe für die Minus-Kulisse gegen den FC Augsburg
So wenige Zuschauer wie noch nie sind am vergangenen Freitag zu einem Bundesliga-Spiel in die Opel Arena gekommen. Gegen den FC Augsburg kam es zu einer ungewöhnlichen Häufung von Negativ-Faktoren. Einige Gründe wirken aber auch langfristig.
Von Bardo Rudolf
Sportredakteur Mainz
Minus-Kulisse in der Opel Arena beim Spiel des FSV Mainz 05 gegen den FC Augsburg. Foto: Hübner
( Foto: Hübner)
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MAINZ - Zum 95. Mal trat der FSV Mainz 05 am vergangenen Freitag in der Arena am Europakreisel zu einem Bundesliga-Heimspiel an. In allen vorherigen Spielen kamen mehr Zuschauer als 23.371 wie beim 2:0-Sieg gegen den FC Augsburg. Für diese Minus-Kulisse kamen ungewöhnlich viele Negativ-Faktoren zusammen. Wir nennen elf Gründe und zeigen, welche die 05er auch langfristig beschäftigen werden.
Spielspezifische Gründe
Fassenacht: Der Freitagabend gut zwei Wochen vor Rosenmontag ist traditionell einer der Termine, an denen während einer Kampagne die meisten Fassenachtssitzungen in und um Mainz herum stattfinden. Viele 05-Anhänger konnten folglich nicht in die Opel Arena kommen, weil sie in Vereinen aktiv sind, als Redner, mit Musikgruppen oder Garden durch die Hallen reisen oder schlicht Sitzungsbesucher waren.
Kälte: Pünktlich zum Spieltag waren die Temperaturen wieder auf den Gefrierpunkt gesunken. Dazu wehte ein eisiger Wind. Bei diesem Wetter halten sich nur wenige Menschen gerne mehr als zwei Stunden im Freien ohne Aufwärmmöglichkeiten auf.
TRAINING
05-Coach Martin Schmidt hat in dieser Woche für Dienstag, 10 Uhr, und Donnerstag, 15 Uhr, öffentliche Trainingseinheiten angesetzt.
Termin: Weil es freitags spät wird, gehen deutlich weniger Familien mit kleineren Kindern ins Stadion. Und vielen Arbeitnehmern, insbesondere von den Gästeteams, ist eine rechtzeitige Anreise freitags nicht möglich.
Heimspielhäufung: Am Samstag gegen Bremen bestreitet Mainz 05 sein viertes Heimspiel in fünf Wochen. Wer nur vereinzelt zu Spielen geht, verteilt diese über das Jahr und geht in dieser geballten Heimspielzeit nur ein oder zweimal in die Arena.
Geringe Attraktivität des Gegners: Auch wenn der FC Augsburg inzwischen seine sechste Saison in der Bundesliga spielt und sich 2015 für die Europa League qualifiziert hatte, zählt er zu den bundesweit wenig beachteten Mannschaften. Bei Sky hat der FCA in den Einzelspielen mit die geringsten Einschaltquoten. So lockte der Gegner alleine aufgrund seines Namens kaum einen Zuschauer in die Arena. Der größte Augsburger Star ist nach wie vor kein Fußballer, sondern Jim Knopf aus der Puppenkiste.
Fehlende Gästefans: Der FC Augsburg gehört zu den Bundesligisten mit den wenigsten mitreisenden Fans. Am Freitagabend war der Gästeblock denn auch nur spärlich gefüllt. Alleine dadurch fehlten mehr als 3000 Zuschauer im Vergleich zu Spielen gegen Frankfurt, Dortmund oder Mönchengladbach.
Sportliche Gründe: Der kleine Euphorieschub aus dem 1:1 im Heimspiel gegen Dortmund erlosch eine Woche vor der Begegnung gegen Augsburg mit der ernüchternden 0:4-Niederlage gegen Hoffenheim. Dazu lockt das Tabellenmittelfeld, in dem die 05er stehen, nicht so viele Zuschauer an wie entscheidende Partien im Kampf um die Europapokal-Teilnahme oder gegen den Abstieg.
Grundsätzliche Gründe
Komfort/Anreise: Vor allem ältere und gehbehinderte Fans kritisieren die weiten Fußwege zum Stadion. Die Bushaltestellen sind ein gutes Stück entfernt. Der Neubau der Mainzelbahn hat hier nicht die von manchen Anhängern erbrachte Verbesserung gebracht, weil die nahe gelegenen Haltestellen nach Spielschluss aus Sicherheitsgründen nicht angefahren werden. Parkplätze gibt es in unmittelbarer Nähe nur für VIPs und Personen, die während des Spiels im Stadion arbeiten. Diese Problematik wird bleiben. Allerdings hat der Verein bei anderen in diese Richtung gehenden Kritikpunkten inzwischen gehandelt. Die vorher dunklen Feldwege sind nun beleuchtet. Die Wege zu den Bushaltestellen, die sich als zu schmal erwiesen haben, sollen verbreitert werden. Dazu treibt der Verein den Neubau eines Fan-Hauses voran, damit die Anhänger auch nach Spielschluss gerne noch gemütlich an der Opel Arena verweilen.
Allgemeine Übersättigung mit Fußball: Alle Bundesliga-Spiele gibt es im Bezahlfernsehen live. Dazu laufen im Free-TV WM, EM, Länderspiele, Confed Cup, Klub-WM, Champions League, Europa League, Zweite Liga, Dritte Liga, sogar Regionalliga live. Für immer mehr Menschen verlieren bei diesem Überschuss einzelne Fußball-Spiele den Reiz, den sie einmal hatten. Und die Leute gehen deshalb seltener ins Stadion.
Entfernung des Profi-Fußballs von der Basis: Ablösesummen bei Transfers nähern sich dreistelligen Millionenbeträgen, Spitzenfußballer verdienen mehr als 100 000 Euro pro Woche, einige sogar pro Tag. Für viele Anhänger sind dies unvorstellbare Summen. Die Vereine trainieren oft nur noch unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Der Profi-Fußball lebt immer mehr in einer eigenen Welt. Und das verstört viele langjährige Anhänger.
Fehlende Neugier: Vieles am Bundesliga-Geschehen ist für die 05-Anhänger Routine geworden. Selbst Heimspiele gegen Rekordmeister FC Bayern München lösen beim elften Bundesliga-Duell in Mainz nicht mehr die Emotionen wie noch in der Anfangszeit aus. Auch die vor sechs Jahren eröffnete Arena kennt inzwischen jeder Interessierte.