Die Frankfurter Eintracht ist weiter auf Champions-League-Kurs und schafft ein spektakuläres 4:3 gegen Wolfsburg.
Von Peppi Schmitt
Geht er oder bleibt er? Von den ständigen Fragen nach seiner Zukunft, ist Eintracht-Trainer Hütter zunehmend genervt.
(Foto: dpa)
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FRANKFURT - Das 2:1 gegen Bayern München war klasse, das 1:1 in Leipzig war mehr als respektabel, das 5:2 gegen Union Berlin war spektakulär, das 2:1 bei Borussia Dortmund war historisch. Das 4:3 (2:1) gegen den VfL Wolfsburg war für die Frankfurter Eintracht nun der nächste Höhepunkt einer höhepunktreichen Saison, sozusagen die Kirsche auf der Sahnetorte. Von Woche zu Woche begeistert die Frankfurter Mannschaft ihre Fans, dummerweise nur an den Fernsehgeräten. Was alle ein wenig tröstet: Die Champions-League-Teilnahme rückt immer näher und auch die Hoffnung, dass dann im September wenigstens wieder ein Teil der Fans in die Stadien zurückkehren kann. „Es war eine unfassbare Intensität über 90 Minuten, ich habe schon nach 25 Minuten gedacht, dass beide Mannschaften bei diesem Tempo irgendwann umfallen müssen“, sagte Sportvorstand Fredi Bobic, „ich mag mir nicht ausmalen, was hier los gewesen wäre, wenn das Stadion voll gewesen wäre. Das war Werbung für den Fußball.“
Vorsprung auf Borussia Dortmund weiter sieben Punkte
Sechs Spiele vor Schluss beträgt der Vorsprung der Eintracht auf Borussia Dortmund weiter sieben Punkte und die Wolfsburger sind nur noch einen Zähler voraus. „Es war ein echter Husarenritt, ein absolutes Topspiel“, sagte Trainer Adi Hütter, „wenn wir so auftreten, sind wir nur schwer aufzuhalten.“ Ein paar Fans hatten es schon am Samstag nicht mehr zu Hause auf der Couch ausgehalten, sie feuerten die Mannschaft zunächst mit Sprechchören an, coronakonform mit Masken und Abstand, und feierten sie nach dem Abpfiff mit einem Hupkonzert auf der Otto-Fleck-Schneise, direkt hinter der Gegentribüne. „Die Fans draußen konnte man nicht überhören, das hat dem Team noch mal einen Push gegeben“, sagte der Trainer.
Es fällt inzwischen schwer, immer neue Superlative zu finden für eine Mannschaft, die Spiel für Spiel über sich hinauswächst, die in ihrer Gesamtheit am oberen Limit spielt und in ihrer Individualität manchmal sogar darüber hinauskommt. Dazu ein Trainer, der zwar jedes Bekenntnis zum Klub seine Zukunft betreffend verweigert, dafür aber maximales Einfühlungsvermögen und taktisches Geschick aufbringt, um die schweren Aufgaben zu meistern. Hütter hatte schon wieder einmal taktisch wie personell alles richtig gemacht, um einem bärenstarken Gegner erfolgreich begegnen zu können. Auf Daichi Kamada zu setzen und Amin Younes zunächst auf der Bank zu lassen, war ein ebenso gelungener Schachzug wie weiterhin mit zwei Spitzen, André Silva und Luka Jovic, ins Rennen zu gehen. „Manchmal greift man als Trainer auch mal in die richtige Tasche“, sagte er später.
Längst hat sich bei der Eintracht eine Gruppe von 15 bis 18 Spielern zusammengefunden, die mit aller Macht ihr großes Ziel anpeilt, um sich den großen Traum von der „Königsklasse“ zu erfüllen. Ein Rädchen greift ins andere. Gegen Wolfsburg war es wieder einmal die Offensive, die die Glanzlichter gesetzt hatte. Die vier Tore waren allesamt schön herausgespielt und mit viel Leidenschaft herausgearbeitet. Erik Durms Vorbereitung beim 1:1 durch Kamada, Silvas fantastische Einzelleistung vor Jovis 2:1, Kamadas Einsatzwille vor Silvas 3:1 (23.Saisontor) und die Kombination über Kostic und Silva, der den Pfosten traf, und Durms Nachsetzen zum 4:2 waren Ausdruck einer in sich geschlossenen Gruppe, die gemeinsame Ziele verfolgt. „Es zählt immer die Mannschaft. Das sieht man bei uns, deswegen sind wir so erfolgreich“, sagte Erik Durm. Nach seinem ersten Saisontor wurde er von den Kollegen beim Jubeln fast erdrückt. Es sei eines der „intensivsten Spiele gewesen“, die er je bestritten habe, sagte der ehemalige Nationalspieler später, „mir tut jetzt alles weh.“
Die Eintracht ist bereit zu leiden für den Erfolg. Sie hat das 0:1 durch Ridle Baku weggesteckt, sie hat nach dem einzigen echten Patzer, als Sow einen unpräzisen Pass spielte und Ilsanker und Ndicka nicht schnell genug reagierten, das 2:2 durch Wout Weghorst hingenommen ohne ihre Linie zu verlieren. Und sie hat nach dem unglücklichen Eigentor von Tuta die letzten Minuten ohne Schaden über die Bühne gebracht. „Es war ein absolut spektakuläres Spiel, das auch 4:4 hätte ausgehen können“, sagte der Trainer, „insgesamt sieben Tore wären für mich nicht vorstellbar gewesen, weil Wolfsburg zuvor in elf Spielen ja nur drei Gegentreffer zugelassen hat.“ Das macht deutlich, wie viel Offensivkraft in dieser Frankfurter Mannschaft steckt. Jeder einzelne Spieler habe einen „überragenden Job“ gemacht, lobte Noch-Sportboss Bobic, „es war wieder eine tolle Leistung der gesamten Mannschaft.“
„Jeder in der Mannschaft ist heiß“
Der wahrscheinliche Abschied des Trainers Richtung Mönchengladbach hatte einmal mehr bei der Leistung der Mannschaft keine Rolle gespielt. „Wir sind in einem Flow und konzentrieren uns nur auf das, was wir auch selbst beeinflussen könne: Im Training und im Spiel Gas zu geben“, sagte Mittelfeldmotor Seppl Rode, „jeder in der Mannschaft ist heiß.“ Und noch haben sie die Hoffnung auf einen Verbleib Hütters ja nicht aufgegeben Nicht im Vorstand, der keine offiziellen Signale für einen Abschied erhalten haben will. Und nicht bei den Spielern. Rode: „Ich wüsste nicht, was ihn momentan nicht in Frankfurt halten sollte.“