Über den Dächern von Dubrovnik: Ein Rundgang über die Stadtmauer
Von Christine Bausch
Reporterin Rheinhessen
Noch spektakulärer als von der Stadtmauer ist die Aussicht auf Dubrovnik nur vom ihrem Hausberg Srd. Foto: Christine Bausch
( Foto: Christine Bausch)
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Ein Turm. Ein Berg. Über der Stadt, über dem Meer, egal wo. Hauptsache, es geht hoch hinaus: Ein paar Treppen müssen es sein, gerne auch ein paar mehr – denn von oben lockt meist ein herrlicher Panoramablick. Aussichtspunkte gehören zu jeder Reise. In Dubrovnik ist dieser „Aussichtspunkt“ 1940 Meter lang: Ein Rundgang auf der Mauer um die historische Altstadt kostet zwar inzwischen umgerechnet 20 Euro, bietet dafür aber unbezahlbare Ausblicke auf Stadt und Meer. Nach einem früheren Besuch im Regen und einigen grauen Tagen zuvor ist es jetzt endlich so weit. Die Sonne strahlt über der vielgerühmten Perle der Adria. Zeit für eine ganz besondere Erkundungstour.
Gleich hinter dem mächtigen Pile-Tor, dem westlichen Zugang zur Altstadt, geht’s los. Die Eintrittskarte ist gelöst, das Kontrollgerät piepst, und schon folgt ein vertikaler Gänsemarsch von Touristen aus aller Welt. Oben die erste Verschnaufpause, gleich darauf klickt der Auslöser. Hundertfach wird er das tun in den nächsten zwei Stunden. Treppauf, treppab führt der Rausch aus intensiven Farben, dem Glitzern des Meeres und der flirrenden Hitze über den Dächern. Weil die Laufrichtung gegen den Uhrzeigersinn vorgeschrieben ist, fällt der Blick zunächst auf den markanten Onofriobrunnen. Schnurgerade zieht sich dahinter die Hauptstraße, Placa oder Stradun genannt, durch die Altstadt. Weiter geht’s Richtung Meer, zur südwestlichen Festung Boka. Tief unten durchpflügen Jetski-Fahrer das Blau, paddeln Kajak-Teams durch die Bucht. Wer’s gemütlicher mag, schippert mit einem Ausflugsboot um die Felsen. Auf der Landseite flattert hier Wäsche an der Leine, dort lüften Pantoffeln auf einem Stuhl in der Sonne. Mauerreste zeugen von den vielen Veränderungen, welche Dubrovnik im Laufe der Jahrhunderte erfahren hat – manche erfolgreich, manche schmerzlich.
Wer hat nicht alles versucht, die mächtige Befestigungsanlage anzugreifen: Im 9. Jahrhundert belagerten Sarazenen 15 Monate lang die Stadt, die damals noch Ragusa hieß – erfolglos. 948 waren es Venezianer, 1185 Serben. Mit dem vierten Kreuzzug und der Ritterarmee kam 1205 erneut Venedig – der Konflikt endete mit einer 250-jährigen Abhängigkeit von den Venezianern. 1451 folgte der bosnische Herrscher, 1806 wurde Dubrovnik von russischen und montenegrinischen Truppen belagert, 1814 von Österreich-Ungarn. Und zuletzt, gerade 25 Jahre ist das her, beschoss die jugoslawische Volksarmee, namentlich vor allem Serbien, die Mauern. Die Fernsehbilder gingen 1991 und 1992 um die Welt. Abgesehen von ein paar Einschusslöchern und einem kleinen Gedenkraum mit Fotos gefallener Soldaten im Uhrturm erinnert in der längst wieder vom Tourismus beherrschten Altstadt nichts mehr an den Kroatienkrieg. Die traumatischen Erinnerungen der Menschen bleiben im Verborgenen.
Noch spektakulärer als von der Stadtmauer ist die Aussicht auf Dubrovnik nur vom ihrem Hausberg Srd. Foto: Christine Bausch Foto: Christine Bausch
Auf der Stadtmauer dürfen Besucher nur gegen den Uhrzeiger laufen – sie führt einmal um das Stadtzentrum und hat drei Aufgänge. Foto: Christine Bausch Foto: Christine Bausch
Dubrovniks Altstadt ist von der Mauer eingeschlossen. Foto: Christine Bausch Foto: Christine Bausch
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Der Bau einer einheitlichen Stadtbefestigung begann im 11. Jahrhundert, nachdem die Meeresrinne zwischen der Siedlung auf dem Festland und der vorgelagerten Insel zugeschüttet worden und die Placa entstanden war. Im 13. Jahrhundert war die Stadt komplett von Mauern umgeben – nur das Dominikanerkloster im Nordosten wurde erst seit dem 14. Jahrhundert von den Befestigungswällen geschützt. Mit dem 13. Jahrhundert endete die Abhängigkeit von den Venezianern, die Gefahr von Angriffen wuchs. Spätestens durch die Einnahme Konstantinopels 1453 wurde die Bedrohung durch türkische Armeen real. Dank enormer Anstrengungen schafften es die Einwohner, die Verteidigungsanlage in knapp drei Jahren entscheidend zu verstärken, noch im 16. Jahrhundert folgten weitere Modernisierungen. Es war die Blütezeit Dubrovniks, die mit einem verheerenden Erdbeben am 6. April 1667 endete. Heute sind die Mauern bis zu 25 Meter hoch und zur Landseite hin eineinhalb, auf der Meerseite bis zu sechs Meter dick. Vier mächtige Forts, zwei runde und zwölf viereckige Türme, fünf Bastionen und zwei Eckbefestigungen prägen das Bild.
INFORMATIONEN
Anreise: Lufthansa und Croatia Airlines fliegen mehrmals täglich den Flughafen von Dubrovnik (20 Kilometer südlich der Stadt) an.
Eintritt: Der Eintrittspreis steigt stetig – seit 1. Januar 2017 liegt er bei 150 Kuna (20 Euro) für Erwachsene und 50 Kuna (knapp 7 Euro) für Schüler und Studenten.
Auskunft: Weitere Infomationen auf der kroatischen Tourismusseite, www.croatia.hr/de, & bei der Tourismuszentrale Dubrovnik, www.tzdubrovnik.hr.
Vorbei am Pustijerna-Viertel, das vom Erdbeben von 1979 weitgehend verschont wurde, geht es weiter zur Festung Sveti Ivan im Südosten. Wieder piepst es – die Eintrittskarte wird an allen drei Aufgängen kontrolliert. Der dritte befindet sich nördlich des Ploče-Tores, das nach Blicken auf die Kuppel der Kathedrale Velika Gospa und den Turm der Kirche Sveti Vlaho zur Linken, dann auf den alten Hafen zur Rechten erreicht ist. Jetzt geht es am Fuß der Berge und somit auf der Landseite weiter – das tiefe Blau der Adria glitzert nun im Hintergrund. Kurz vor dem Abstieg lockt mit der Festung Minceta und deren mächtigem Rundturm der höchste Punkt der Stadtbefestigung.
Man kann sich einfach nicht satt sehen. Auf dem Rückweg zum Flughafen ein letzter Stopp an einem der Aussichtspunkte entlang der Adria-Magistrale, jener atemberaubenden Küstenstraße, die dem einen als schönste, dem anderen als gefährlichste in Europa gilt. Ein letzter Blick auf Dubrovnik zeigt, wie sehr der mächtige Befestigungsring das Bild der Stadt prägt.