Der Chatuchak-Markt in Bangkok gilt als der größte der Welt
Von Marc Vorsatz
An den Ständen ist Handeln durchaus erwünscht. Als Faustregel gilt: Bei der Hälfte des Preises ansetzen und sich in der Mitte einigen. Foto: Marc Vorsatz
( Foto: Marc Vorsatz)
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Patrick Both gehört nicht zu der Sorte Mann, die man schnell beeindrucken kann. Schließlich lebt und arbeitet der gebürtige Mainzer schon seit zwei Jahrzehnten an den aufregendsten Plätzen dieser Welt. Und als General Manager des traditionsreichen Anantara Siam Hotels in Bangkok ist er so einiges an Superlativen gewöhnt: Big Biz, Showbiz, Sport und Politik. Barack Obama war da, Angelina Jolie, John Travolta. Steven Seagal ist Stammgast, Topmodels geben sich die Klinke in die Hand. Große Namen, glamouröse Auftritte, rauschende Galaabende.
Doch als Patrick zum ersten Mal den Chatuchak Markt betritt, verschlägt es selbst dem eloquenten 40-Jährigen schlichtweg die Sprache. „Dieser Markt ist so riesig, dass wir uns anfangs sogar verlaufen haben. Meine Frau Ola suchte ein paar schöne hölzerne Stullenbretter, unsere Tochter Charlotte hippe T-Shirts und ich Flip-Flops, Größe 46.“
Eine Herkulesaufgabe bei mehr als 15 000 Shops und Buden auf 110 000 Quadratmetern in 27 Sektionen, durch die sich an einem durchschnittlichen Tag 200 000 Besucher schieben. Damit gilt Chatuchak als der größte Markt der Welt.
An den Ständen ist Handeln durchaus erwünscht. Als Faustregel gilt: Bei der Hälfte des Preises ansetzen und sich in der Mitte einigen. Foto: Marc Vorsatz Foto: Marc Vorsatz
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Es gibt dort eigentlich nichts, was es nicht gibt. Vielleicht ein Weltmeister-Akkordeon aus Klingenthal? Oder doch lieber eine sechs Meter lange Netzpython? Oder nur ein Portemonnaie aus geschmeidigem Schlangenleder, welches richtig teuer werden könnte? Nicht auf dem Markt in Bangkok, nein, eher am Zoll in Frankfurt. Oder vielleicht ein unverfänglicher Zitronengrastee, feinstes Aroma? Oder, oder, oder.
Schier unvorstellbare Warenvielfalt
Wer das erste Mal auf den Markt kommt, sollte sich an einem der drei Haupteingänge einen kostenlosen Plan greifen. Der erleichtert die Orientierung ungemein und man wird schnell erkennen, dass das vermeintliche Chaos durchaus System und Struktur hat.
INFORMATIONEN
Anreise: Thai Airways bedient die Strecke Frankfurt - Bangkok zweimal täglich nonstop, Specials ab ca. 490 Euro retour, www.thaiairways.com.
Übernachtung: In bester Lage liegt das legendäre Anantara Siam. Hier geben sich Hollywoodstars und Politprominenz die Klinke in die Hand, DZ ab 150 Euro, www.anantara.com. Unschlagbares Preis-Leistungsverhältnis und super zentral: DZ im 5-Sterne Mövenpick-Hotel-Sukhumvit kostet ab 99 Euro inkl. reichhaltigem Frühstücksbuffet, movenpick.com.
Pauschal: Der viertägige Reisebaustein „Bangkok intensiv erleben“ mit Klong-Tour, Märkten, Tempelbesichtigungen, Mönchsgesängen, Thai-Massage, Transfers, Verpflegung, Hotel ab 490 Euro bei Geoplan, www.geoplan.net. Bei der Privatreise „Von Bangkok nach Yangon“ taucht man tief in das Alltagsleben der beiden Metropolen ein. 15 Tage inklusive Flug, Unterkunft, Programm, Verpflegung ab 3110 Euro bei Lernidee Erlebnisreisen, www.lernidee.de.
Stürzt man sich ins Konsumgetümmel, wird man von einer schier unvorstellbaren Warenvielfalt erschlagen, die jegliche Vorstellungskraft sprengt. Wer schon weiß, was er mit nach Hause nehmen möchte, findet auf dem Lageplan all die Sektionen, die das jeweilige Warensortiment führen. Die wiederum sind von nummerierten engen Seitenstraßen, den Sois, durchzogen, und die meisten Shops tragen sogar Namen und eine „Hausnummer“.
Beispiel Antiquitäten: Sektion 7 bis 9 und 22 bis 26. Chatuchak ist eine einzige Herausforderung unter stickig heißen Wellblechdächern. Eine gewollte, die den Entdecker- und Jagdtrieb in uns Menschen wachküsst. In acht Abteilungen, jede für sich in der Dimension eines eigenen großen Marktes, werden Antiquitäten angeboten. Alle Mühe lohnt, die Preise sind im Vergleich zu Europa wahre Schnäppchen. Und was machen, wenn man einen chinesischen Schrank aus dem 19. Jahrhundert entdeckt? Kein Problem, im Ostteil warten DHL, UPS und Co. auf Kundschaft. Die Speditionen verpacken und verschiffen einfach alles, egal wie groß.
Nach einer halben Stunde wird auch Patrick fündig und freut sich wie ein Schneekönig im Backofen von Chatuchak. Flip-Flops Größe 46 findet man selbst in den Mega-Department-Stores in Downtown nicht so leicht. Stellt sich nur die Frage, jetzt kaufen und die Badelatschen dann den ganzen Tag über den Markt schleppen oder später zurückkommen. Da schallen Patrick die Worte seines Anantara-Kollegen Mathias Gerds in den Ohren. Der Rostocker ist Hotelmanager im südchinesischen Yunnan, ziemlich oft in seiner zweiten Heimat Bangkok unterwegs und so etwas wie ein Chatuchak-Guru. Sein Rat: „Falls du etwas siehst, was dir gefällt, schlage sofort zu. Die Chance, den Stand wiederzufinden ist gleich Null.“
Obwohl Chatuchak mit Sicherheit keinen Schönheitswettbewerb gewinnen würde, kommen etliche einfach nur zum Schlendern. Doch daraus wird meistens nix. „Das ist das Schöne. Selbst wenn du gar nichts kaufen möchtest, wirst du früher oder später etwas finden, was du dann unbedingt sofort haben musst“, weiß Patrick. An guten Wochenenden besuchen eine halbe Million Menschen den Markt. Und trotzdem wird es nie zu eng in den unzähligen Gassen.
Die Grande Dame von Chatuchak
„Um sich auch nur annähernd einen Überblick zu verschaffen, bräuchte man ein ganzes Wochenende. Mindestens“, da ist sich Mangpor Janthong ganz sicher. Die 87-jährige kleine Frau ist die Grande Dame des Marktes. Seit der Eröffnung im Jahr 1982 betreibt sie nun schon ihren Stand. „Chatuchak ist mein Leben geworden“, strahlt die braun gebrannte Händlerin mit schlohweißem Haar und krummem Buckel. Mit einem Lächeln im Gesicht wuchtet sie einen schweren Reissack auf die Sackkarre. „Vor 20 Jahren war ich noch ein ganzes Stück schneller. Und in 20 Jahren wird mein Urenkel hier stehen. Denn niemand verkauft einen Stand auf dem Markt der Märkte. Entweder führen Angehörige den Laden weiter oder man verpachtet ihn an Freunde.“ Kein Wunder, jedes Wochenende werden Millionen umgesetzt und die Atmosphäre ist äußerst angenehm und entspannt. Selbst beim Handeln geht es absolut freundlich und respektvoll zu. Als Faustregel gilt: Bei der Hälfte ansetze n und sich dann schrittweise irgendwo in der Mitte einigen. Mit einem Lächeln wird der Handel dann besiegelt.
Dazu ist es bei Ola Both erst einmal nicht gekommen. Warum? Sie hatte so viele schöne Küchenaccessoires aus edelstem Holz gesehen, dass sie sich einfach nicht entscheiden konnte. Tochter Charlotte ging es ähnlich mit ihren T-Shirts. Bei einer knallgelben Sonnenbrille war die Entscheidung jedoch klar. Liebe auf den ersten Blick.
Die Sektion 7 liegt etwas abseits und gilt bei vielen Besuchern als die schönste, interessanteste und kreativste Ecke. Hinter einer Reihe offener Garküchen und einer Reggae-Kneipe mit Livemusik biegt man einfach nach rechts ab und ist mitten im Künstlerviertel von Chatuchak. Maler und Bildhauer sitzen in kleinen Gruppen vor ihren Verkaufsateliers und lassen es sich bei einem Schwätzchen und einem Singha-Bier gut gehen.
Aran Chankasem ist einer von ihnen. Der etwas schüchterne Maler hat sich auf großflächige Porträts asiatischer und westlicher Schönheiten spezialisiert, verfremdet diese mit verschiedenen Techniken. Seine Bilder sind beeindruckend und machen neugierig. Grade 200 Euro kostet so ein Original. Startpreis. In eines haben sich Ola und Patrick Both auf Anhieb verguckt. Und wie lautete noch mal der kollegiale Rat? Wenn du etwas wirklich schönes siehst, sofort zuschlagen.