Überblick: Wie und wo Rückenschmerzen entstehen

Viele Menschen leiden unter Rückenschmerzen.
© Christin Klose/dpa-tmn

Von Nacken bis Gesäß: Wie entstehen welche Rückenschmerzen? Was ist die Ursache und was kann man tun? Antworten zur Volkskrankheit Nummer 1.

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Region. Stechende Schmerzen, Verspannungen, Druckempfindlichkeit - Rückenschmerzen können sich unterschiedlich bemerkbar machen. Etwa zwei Drittel der Deutschen leiden laut einer Studie des Robert Koch-Instituts (RKI) an Rückenschmerzen. Welche Arten von Rückenschmerzen gibt es? Was sind mögliche Auslöser? Und wie bekommen Betroffene die Beschwerden in den Griff?

Rückenschmerzen: Vor allem der untere Rücken ist betroffen

Welche Arten von Rückenschmerzen gibt es?

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Definition: Ganz allgemein handelt es sich bei Rückenschmerzen um akute, wiederkehrende oder chronische Schmerzzustände. Die Schmerzen treten an verschiedenen Bereichen des Rückens auf. Bei vielen schmerzen Nacken- und Schulterpartie. Bei anderen tritt der Schmerz eher im unteren Rücken auf - oft ist dann auch von „Kreuzschmerzen” die Rede. Fachleute unterscheiden zwischen:

  • Spezifischen Rückenschmerzen: Es liegt eine eindeutig diagnostizierbare Ursache zugrunde. Das kann beispielsweise ein Bandscheibenvorfall sein oder eine Skoliose, also eine seitliche Verbiegung der Wirbelsäule.

  • Nichtspezifischen Rückenschmerzen: Es gibt nicht direkt eine körperliche Ursache für die Beschwerden. Der Schmerz beruht eher auf Stress oder psychischen Problemen.

„Schätzungen besagen, dass es sich bei 80 bis 90 Prozent der Rückenschmerzen um eine nichtspezifische Gesundheitsstörung handelt”, erklärt Sportpädagoge Ulrich Kuhnt vom Bundesverband der deutschen Rückenschulen (BdR).

Wie viele Menschen in Deutschland leiden unter Rückenschmerzen?

Rückenschmerzen sind in Deutschland weit verbreitet. Nach Analysen der Bertelsmann Stiftung begibt sich nahezu jeder Fünfte der gesetzlich Versicherten hierzulande mindestens einmal im Jahr wegen Rückenschmerzen in ärztliche Behandlung. Die Burdenstudie im Auftrag des Robert Koch-Instituts (RKI) zeigt zudem, dass 61,3 % der im Rahmen der Studie bei Telefoninterviews Befragten in den letzten zwölf Monaten von Rückenschmerzen berichten. Schmerzen des unteren Rückens sind dabei etwa doppelt so häufig wie Schmerzen des oberen Rückens. 15,5 % der Befragten berichten sogar von chronischen Rückenschmerzen. 

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Rückenschmerzen: Das sind die häufigsten Auslöser:

Welche Ursachen können Rückenschmerzen haben?

Rückenschmerzen können verschiedene Ursachen haben. Bereits bei Jugendlichen sind Verkrümmungen oder Schiefstellungen des Rückens - die sogenannte Skoliose, oder Morbus Scheuermann, eine Wachstumsstörung der jugendlichen Wirbelsäule, mögliche Auslöser. In vielen Fällen findet der Orthopäde bei erwachsenen Patienten zudem strukturelle Probleme wie Bandscheibenvorfälle, Wirbelgleiten bis hin zu Wirbelkörperbrüchen. „Diese Strukturschäden verursachen aber nur bei einem Teil der Patienten echte Schmerzen”, sagt David-Christopher Kubosch, Orthopäde und Wirbelsäulenchirurg an der Gelenk-Klinik Gundelfingen. Wahrscheinlicher sind laut Kubosch diese Gründe:

  • Übermäßige Belastung: Diese entsteht bei schwerer körperlicher Arbeit oder bei einseitigen Bewegungsabläufen - zum Beispiel bei Fliesenlegern oder Fließbandarbeitern.

  • Bewegungsmangel: Der entsteht durch stundenlanges Sitzen im Job und in der Freizeit. „Dadurch werden verschiedene Muskelgruppen der Rücken- und Bauchregion nicht ausreichend bewegt”, erläutert Kubosch. Sie verspannen sich oder verkümmern auf Dauer. Die Folgen sind ein Ungleichgewicht der Muskeln und Fehlstellungen am Rücken.

  • Sorgen: Leistungsdruck, Stress, Ängste, Depressionen oder Konflikte können zu Rückenschmerzen führen. Dabei verspannen sich Muskeln und können verhärten.

Wer häufiger Rückenschmerzen hat, sollte eine Ärztin aufsuchen.
Wer häufiger Rückenschmerzen hat, sollte eine Ärztin aufsuchen.
© Christin Klose/dpa-tmn

Welche körperlichen Auslöser gibt es bei Rückenschmerzen?

Es gibt viele Gründe warum Rückenschmerzen auftreten können - auch körperliche Ursachen: „Treten die Schmerzen etwa beim Atmen auf, so kann dies unter anderem auf eine Rippenfellentzündung hinweisen”, sagt Kubosch. In Verbindung mit Bauchschmerzen steckt dahinter möglicherweise eine Bauchspeicheldrüsenentzündung. Kommt es während der Periode zu Rückenschmerzen, liegt es meist an Muskelverspannungen durch das Zusammenziehen der Gebärmutter. Weitere Ursachen nennt die Stiftung Gesundheitswissen:

  • Hexenschuss: Meistens tritt nach einer abrupten oder ungewohnten Bewegung ein bohrender, mitunter stechender Schmerz im unteren Rücken zwischen Gesäß und Rippenbogen auf. Gewohnte Bewegungen sind mitunter nicht möglich, weil der Rücken sich „blockiert” anfühlt.

  • Bandscheibenvorfall: Oft treten starke Rückenschmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule auf, die sich durch Bewegungen wie Bücken oder Heben verstärken. Auch beim Husten und Niesen können die Schmerzen zunehmen. Teils strahlen sie bis ins Gesäß oder Bein aus.

  • Rheuma-Erkrankung: Nächtliche Rückenschmerzen und ein steifer Rücken nach dem Aufstehen können erste Anzeichen sein. Auch die Beobachtung, dass die Schmerzen durch Bewegung nachlassen - und nicht etwa durch Ruhe, können Indizien für eine Rheuma-Erkrankung sein.

„All dies zeigt, wie wichtig eine gründliche und ganzheitliche Diagnostik ist”, so Kubosch. Die Schmerztherapie muss auf die vielfältigen, individuellen Ursachen eingehen und darauf aufbauen.

Wo am Rücken können Schmerzen auftreten?

Rückenschmerzen können in verschiedenen Bereichen auftreten:

  • Im untersten Abschnitt der Wirbelsäule: Die Lendenwirbelsäule (LWS) bildet die Basis für den Rumpf. „Durch den aufrechten Gang des Menschen ist sie der am meisten belastete Teil der Wirbelsäule”, erklärt Kubosch. Nach seinen Angaben treten bei etwa 80 Prozent aller Menschen mindestens einmal in ihrem Leben Schmerzen im unteren Rücken auf. Oft sind die Schmerzen unspezifisch und werden als LWS-Syndrom bezeichnet. Häufige Ursache sind Schäden an der Bandscheibe, die als Puffer und Federung zwischen den Wirbelkörpern dienen. Sie verlieren jeden Tag einen Teil ihrer Flüssigkeit und schrumpfen dauerhaft. Weil sich die Federung verringert, kommt es dazu, dass die generelle Muskelspannung nachlässt. Die Lendenwirbelsäule wölbt sich nach vorne. Es entsteht ein zunehmender Hohlrücken, der zusätzlich die Druckbelastung erhöht. „Die Folge sind tiefliegende Rückenschmerzen, die gürtelförmig ausstrahlen können”, so Kubosch.

  • Im mittleren Rückenbereich: Schmerzen im Bereich der Brustwirbelsäule (BWS-Syndrom), haben vielfältige Ursachen. Sie reichen von Wirbelgelenkblockaden und -frakturen, über Bandscheibenvorfälle bis hin zu Osteoporose.

  • Im oberen Rückenbereich: Oftmals sind diese „Folge einer falschen Körperhaltung und strahlen nicht selten in Arme und Schultern aus”, erklärt Kubosch. In selteneren Fällen ist die Halswirbelsäule (HWS) betroffen, häufig strahlen die Schmerzen dann in die Schultern oder in den Kopf aus. „Patienten berichten dann oft über Schwindel.” Tipp: In solchen Fällen sollten Sie frühzeitig zum Arzt gehen. Aber auch Verspannungen oder Fehlstellungen des Kiefers können Schmerzen im oberen Rücken auslösen.

Mehr zur Funktionsweise der Wirbelsäure erklärt die Stiftung Gesundheitswissen in diesem Video.

Ins Bett legen und den Rücken ausruhen, selten eine gute Lösung.
Ins Bett legen und den Rücken ausruhen, selten eine gute Lösung.
© Monique Wüstenhagen/dpa-tmn

Was hilft bei Rückenschmerzen: Schonen oder lieber nicht?

Bei Rückenschmerzen, die einen hohen Leidensdruck verursachen und den Alltag massiv einschränken, sollten Sie die Ursache von ärztlicher Seite abklären lassen. Bei der Frage „Schonen oder nicht schonen?” kommt es dabei auf die jeweilige Diagnose an:

  • Schonen: Wer eine Verletzung an der Wirbelsäule hat, sollte sich zunächst schonen und die Anweisungen des Arztes oder der Ärztin befolgen.

  • Nicht schonen: Bei unspezifischen Rückenschmerzen habe sich Schonung jedoch als kontraproduktiv herausgestellt, so der Mediziner Ralf Suhr, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Gesundheitswissen. „Natürlich ist es möglich, dass der akute Schmerz in bestimmten Situationen nachlässt, wenn man sich hinlegt”, räumt der Arzt ein. Wer sich indes zu viel schont, schwächt seine Muskelgruppen - weil er oder sie die Muskulatur nicht beansprucht. Diese reagiert dann bei Belastung vorschnell mit Schmerz. In der Folge können sich Beschwerden schleichend verstärken. Die gute Nachricht ist, Sie können selbst viel tun, um Rückenschmerzen und dauerhaften Erkrankungen vorzubeugen.

Wann sollte man bei Rückenschmerzen Schmerzmittel nehmen?

Tipps für den Alltag - was können Sie vorbeugend tun?

Unbedingt mehrere kleine Bewegungseinheiten über den Tag verteilt einplanen, sobald die ersten heftigen Rückenschmerzen abgeklungen sind. „Oft reicht schon ein kleiner Spaziergang von etwa einer Viertelstunde”, so Suhr. Bei starken Rückenschmerzen können Sie kurzzeitig Schmerzmedikamente nehmen. Wenn Sie überwiegend am Tag sitzen, sollten Sie darauf achten, nicht zu lange in derselben Position zu verharren. Denn dabei bewegen Sie ihren Rücken nicht. Wechseln Sie regelmäßig die Sitzposition: Rutschen Sie nach vorne, nach hinten auf dem Sitz - und stehen Sie immer mal wieder zwischendurch auf und gehen ein paar Schritte.

Vorbeugen in dem Sinne, dass man niemals mehr unter Rückenschmerzen leidet, kann man vermutlich nicht, sagt Suhr. Aber man könne etwas dafür tun, dass Schmerzen im Kreuz nicht so stark auftreten und den Alltag dauerhaft beeinträchtigen. „Körperliche Aktivität und Bewegung sind nach wissenschaftlichen Erkenntnissen die wirksamsten Maßnahmen zur Vorbeugung von Kreuzschmerzen”, so Suhr.