Staatsanwaltschaft hat Klärungsbedarf bei Ahr-Polizeivideos

Polizeihubschrauber, hier eine Maschine der Polizei Hessen, sind in der Regel mit außen montierten Kamerasystemen ausgestattet, mit denen Luftaufnahmen gemacht werden können.  Foto: Lukas Görlach
© Lukas Görlach

Nach dem Auftauchen der Videos aus einem Polizeihelikopter aus der Ahr-Flutnacht sieht die Staatsanwaltschaft Klärungsbedarf. Als Folge könnten die Ermittlungen ausgeweitet werden.

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KOBLENZ/MAINZ. Nach dem überraschenden zwei Videos aus einem Polizeihubschrauber aus der Ahr-Flutnacht aufgetaucht sind, sieht die Staatsanwaltschaft in Koblenz diesbezüglich einen dringenden Klärungsbedarf. Dem Vernehmen nach sind auf den bedrückenden Videos Menschen zu erkennen, die im Juli 2021 in den Wassermassen der Ahr um ihr Leben kämpften. Auch ein abtreibendes Auto mit eingeschalteten Scheibenwischern und Menschen, die mit Taschenlampen um Hilfe morsen, soll zu sehen sein.

Inwiefern die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen der Videos womöglich ausgeweitet werden müssten, werde geprüft, sagte Oberstaatsanwalt Dietmar Moll am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. "Das ist für uns auch dringend klärungsbedürftig, wie das abgelaufen ist", ergänzte er mit Blick auf die Polizeivideos.

Die Videos werfen neue Fragen auf

Die Staatsanwaltschaft Koblenz ermittelt bereits seit mehr als einem Jahr gegen den früheren Ahrweiler-Landrat Jürgen Pföhler (CDU) und einen weiteren Verdächtigen wegen womöglich zu später Warnungen und Evakuierungen. Pföhler wies die Vorwürfe zurück. Die Kritik steht im Raum, dass sich Behörden deutlich zu spät um die Rettung von Menschen gekümmert haben könnten. In der Flutnacht im Juli 2021 gab es mindestens 134 Todesopfer im Ahrtal.

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Oberstaatsanwalt Moll geht davon aus, dass die Staatsanwaltschaft die Videos wohl noch im Laufe des Dienstags oder am Mittwoch erhalten werde. Die Filme müssten analysiert und mit den bisherigen Ermittlungsergebnissen abgeglichen werden, sagte er. Zudem seien die näheren Umstände von Auftrag, Entstehung, Kenntnisnahmen, Auswertung und Verbleib der Polizeivideos zu klären, die kürzlich erst mehr als ein Jahr nach der Flut bekanntgeworden waren. "Wir müssen vielleicht auch die Helikopterpiloten vernehmen", sagte der Jurist der dpa. Doch das sei vorerst noch Spekulation.

Ermittlungen werden komplexer und aufwändiger

Die Ermittlungen seien jedenfalls komplexer geworden. Es sei im Bereich der Spekulation nicht auszuschließen, dass sie noch in das Jahr 2023 reichten und sich womöglich auch die Zahl der Beschuldigten erhöhe.

Der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) hatte die Polizeivideos nach eigenen Angaben erstmals bei seiner Befragung im Untersuchungsausschuss des Mainzer Landtags am vergangenen Freitag unter Ausschluss der Öffentlichkeit gesehen. Laut seinem Ministerium ordnete er sogleich eine Aufklärung an, wann sie wo vorlagen.

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Innenministerium: Polizei hielt Videos nicht für entscheidend

Das Polizeipräsidium Koblenz hielt die Hubschrauber-Videos aus der Flutnacht nach Angaben des Innenministeriums wohl nicht für entscheidend zur Einschätzung der Lage. Man habe sich auf die weitere Lagebewältigung konzentriert, heißt es in einer Mitteilung des Ministeriums vom Dienstag in Mainz. "Nach aktuellem Stand geht insbesondere das Polizeipräsidium Koblenz davon aus, dass im Polizeipräsidium Koblenz entschieden wurde, dass die Videodaten am Morgen keinen entscheidenden Beitrag mehr zur Lagebewältigung/-einschätzung leisten konnten."

Eine sonst übliche Live-Übertragung an die Polizeidienststelle habe in der Nacht aufgrund der Wetterlage nicht funktioniert. Der USB-Stick mit den Videos sei nicht abgeholt worden, dies aber bei der Hubschrauberstaffel nicht in den Akten vermerkt worden.

Von dpa