Hessen-Atlas: Wie hoch ist die Grundsteuer in meiner Stadt?

Doppelhäuser einer Neubausiedlung.
© Henning Kaiser/dpa

In kaum einem anderen Bundesland zahlen die Bürger so viel Grundsteuer wie in Hessen. Sehen Sie in unserer interaktiven Karte, wie hoch der Hebesatz in Ihrer Kommune ausfällt.

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Zu welchen Ergebnissen kommt die EY-Studie?

Nach der Analyse der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY (Ernst & Young) ist der durchschnittliche Hebesatz zur Grundsteuer B bundesweit im vergangenen Jahr so stark gestiegen wie zuletzt 2016 – um fast fünf Punkte auf 391 Prozent. Besonders stark war der Trend in hessischen Kommunen mit einem Plus von 12,6 auf durchschnittlich 495 Punkte. Damit liegt Hessen unter den Flächenländern hinter Nordrhein-Westfalen (565, plus 13) auf Platz zwei.

Schaut man auf Einzelwerte, nehmen hessische Kommunen mit Lorch (1050), Nauheim (960), Ringgau (960), Bad Karlshafen (950) und Bad Emstal (950) die ersten fünf Plätze der bundesweiten Rangliste ein; als erste hessische Großstadt folgt Offenbach (895) auf Platz 12. Den niedrigsten Grundsteuersatz in Hessen hat Eschborn mit einem Hebesatz von 150.

Wie hoch ist die Grundsteuer in Ihrer Kommune? Karte anklicken und schauen!

Wie rechnet das hessische Finanzministerium?

Dort weist man die Ergebnisse der EY-Analyse zurück. Tatsächlich liege der mittlere Hebesatz der Grundsteuer B in Hessen nur „leicht über dem Bundesschnitt“, weshalb die Studie die Lage „falsch“ wiedergebe. Anders als EY bezieht das Ministerium die Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen in die Rechnung ein, wodurch Hessen im Bundesvergleich auf den fünften Platz rutscht. Außerdem rechnet man in Wiesbaden mit dem „durchschnittlich gewogenen Hebesatz“. Das bedeutet: In die Gewichtung eines Wertes fließt ein, ob es sich um eine Großstadt oder um eine kleine Gemeinde handelt, wie viele Bürger von dem Hebesatz also betroffen sind. In der EY-Analyse wurde nur ein mathematischer Mittelwert aus allen Hebesätzen gebildet.

Unstrittig ist, dass es in den vergangenen Jahren einen Trend nach oben gab. Was sind die Ursachen?

Die SPD-Opposition im Landtag macht dafür die schwarz-grüne Landesregierung verantwortlich. „Die kommunale Steuerlast ist in den vergangenen Jahren enorm gestiegen, um die Ausgaben, die unter anderem durch die übertragenen Aufgaben von Landesseite verursacht werden, finanzieren zu können. Das ist durch die finanziellen Rahmenbedingungen dieser Landesregierung politisch gewollt“, sagt der finanzpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Marius Weiß.

Auch der Hessische Städte- und Gemeindebund (HSGB) sieht den Grund darin, dass Bund und Land den Kommunen immer wieder zusätzliche Aufgaben zuwiesen, ohne diese voll zu finanzieren. Als Beispiel nennt HSGB-Geschäftsführer David Rauber den Kita-Ausbau: „Die Bestellungen aus Berlin und Wiesbaden werden nicht komplett bezahlt; Ergebnis ist, dass die Kommunen sich an ihre Bevölkerung und Wirtschaft halten müssen“, um wie vorgeschrieben den Haushalt auszugleichen. Aktuell kämen noch die relativ hohe Inflation und der teure Tarifabschluss im öffentlichen Dienst hinzu.

Der Bund der Steuerzahler Hessen rechnet vor, dass der durchschnittliche Hebesatz der hessischen Kommunen seit 2012 um mehr als drei Viertel gestiegen sei – „eine dramatische Belastungsverschärfung“ der Steuerzahler. Dass die Kommunen in ihrer Not häufig auf Steuererhöhungen setzten, dafür trage auch das Land die Verantwortung. Es habe „auf unterschiedliche Weise entsprechenden Druck auf die Kommunen ausgeübt“, so der Sprecher des Steuerzahlerbunds, Moritz Venner.

Als Beispiel nennt Venner das Entschuldungsprogramm Anfang der 2010er-Jahre. Das Schlüpfen unter den „Kommunalen Rettungsschirm“ sei damals an konkrete Konsolidierungspläne geknüpft gewesen. Bei diesen Vereinbarungen hätten Steuererhöhungen, insbesondere der Grundsteuer B, „eine zentrale Rolle gespielt“. So habe der richtige Paradigmenwechsel im Umgang mit den Kommunalfinanzen Erhöhungen auf breiter Front ausgelöst. Eine ähnliche Nebenwirkung sei von der Reform des Kommunalen Finanzausgleichs 2016 ausgegangen. Beides zusammen habe „eine wahre Steuererhöhungsspirale“ ausgelöst.

Wird sich die Erhöhungsspirale weiter drehen?

In den letzten drei Jahren sei kein Trend nach oben zu erkennen, beteuert das Ministerium – obwohl die Zahlen der EY-Analyse etwas anderes sagen. „Die weit überwiegende Mehrzahl der Kommunen habe die Hebesätze nicht verändert“, argumentiert das Finanzministerium. Weitere Erhöhungen seien aber zum gesetzlich vorgeschriebenen Ausgleich der Kommunalhaushalte „im Einzelfall“ nicht vermeidbar. Auch der Steuerzahlerbund vermerkt, dass der Trend abgeebbt sei. „Doch das hohe Belastungsniveau bleibt.“

Welche Rolle spielt die Grundsteuerreform?

Sie ist die große Unbekannte. Derzeit wird bundesweit die Bemessungsgrundlage für Grundstücke und Immobilien neu festgesetzt, in Hessen sind das 2,8 Millionen Bescheide. Ab Mitte 2024 sollen die Kommunen dann ihre Hebesätze neu justieren, die ab 2025 greifen. Dabei setzt das hessische Finanzministerium auf „die von der kommunalen Familie politisch zugesagte Aufkommensneutralität der Reform jeweils vor Ort“. Die Einnahmen aus der Steuer sollen also durch die Reform unterm Strich nicht steigen. Um dieses Versprechen zu halten, will das Land für jede Kommune einen aufkommensneutralen Hebesatz empfehlen. 

Es könnte aber bereits vorher zu einer neuen Erhöhungsrunde kommen. Die Haushaltslage vieler Kommunen verschlechtert sich gerade. Wie viel Grundsteuer erhoben wird, müsse jede Gemeinde jährlich aufs Neue kalkulieren, betont HSGB-Geschäftsführer Rauber. Und er warnt: „Schwächeln die anderen Einnahmen (etwa die Gewerbesteuer), dann werden viele Kommunen die Grundsteuer B erhöhen müssen.“ Heinrich Fleischer, Autor der EY-Analyse, kommt zu dem Schluss: „Angesichts der Kostensteigerungen, die die Kommunen zu stemmen haben, ist es wenig wahrscheinlich, dass die angestrebte Aufkommensneutralität der Grundsteuerreform tatsächlich erreicht wird.“