Geständnis von Stephan Ernst im Mordfall Lübcke

Absperrband mit der Aufschrift "Polizeiabsperrung" vor dem Haus des verstorbenen Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke. Archivfoto: dpa
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Der Tatverdächtige Stephan Ernst hat im Mordfall Lübcke ein Geständnis abgelegt.

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WIESBADEN / BERLIN. Der tatverdächtige Stephan Ernst hat gestanden, den Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke erschossen zu haben. Das bestätigte Bundesanwalt Thomas Beck am Rande einer Sitzung des Innenausschusses im Wiesbadener Landtag. Er habe demnach angegeben, als Einzeltäter gehandelt zu haben. Das werde jetzt überprüft, sagte Beck. „Die Arbeit fängt jetzt erst richtig an.“ Es werde Durchsuchungen und Überwachungsmaßnahmen auf breitester Front geben.“

Der Tatverdächtige habe am Dienstagnachmittag ausgesagt, er habe die Tat alleine vorbereitet und durchgeführt, berichtete Generalbundesanwalt Peter Frank am Mittwoch nach einer Sondersitzung des Innenausschusses des Bundestages. Doch erst die weiteren Ermittlungen könnten zeigen, ob es mögliche "Helfer" oder "Mittäter" gegeben habe.

Nach Angaben weiterer Teilnehmer gab Generalbundesanwalt Frank zwar keine expliziten Informationen zum Motiv. Er habe aber erklärt, dass die Zuständigkeit seiner Ermittlungsbehörde durch die Einlassungen des Tatverdächtigen nicht entfallen sei. Damit sei klar, dass es sich um ein politisches Motiv handele, denn nur in diesen Fällen ist ein Verbrechen ein Fall für die Bundesanwaltschaft.

Beuth: Combat 18 verbieten

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Nach Medienberichten soll Ernst sich seit längerem mit dem Gedanken getragen haben, Lübcke zu töten. Grund sei, dass er mit der Flüchtlingspolitik Lübckes nicht einverstanden gewesen sei. Der 45-jährige Ernst, der aus Hohenstein (Rheingau-Taunus-Kreis) stammt, ist mehrfach vorbestraft und hatte zumindest in der Vergangenheit Kontakte zur rechtsextremen Szene.

Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) sprach in Wiesbaden von einem „großen Ermittlungserfolg der hessischen Ermittlungsbehörden“. Man habe die Generalbundesanwaltschaft mit 80 Ermittlern unterstützt. „Wir werden den Kampf gegen Rechts weiter entschlossen führen“, sagte Beuth. Dazu gehöre auch die Gründung einer Task Force gegen Hate Speech, also gegen Hasskommentare im Internet, Taskforce in Rheinland-Pfalz nimmt Hetze von rechts in den Blick wie sie von Ministerpräsidentin Malu Dreyer und Innenminister Roger Lewentz für Rheinland-Pfalz am Mittwoch angekündigt wurde. Die Frage sei, so Beuth: „Wie können wir der Hetze im Netz ein Ende setzen?“.

Beuth berichtete auch, dass die Staatsanwaltschaft München gegen zwölf Beschuldigte ermittelt, die der Neonazi-Gruppierung Combat 18 zugeordnet werden. Sie würden die Wiederbelebung des 2000 verbotenen Netzwerkes Blood & Honour anstreben. Beuth will sich beim Bundesinnenministerium dafür einsetzen, dass Combat 18 verboten wird.

Der Chef des Bundeskriminalamtes, Holger Münch, sagte laut Teilnehmern des Innenausschusses in Berlin, er gehe nicht von einer Verschärfung der Sicherheitslage aus. Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Thomas Haldenwang, sagte demnach, die Behörden hätten Stephan Ernst seit 2009 nicht mehr intensiv auf dem Schirm gehabt. Das Bundesamt müsse sich in Sachen Bekämpfung des Rechtsextremismus stärker aufstellen.

Der CDU-Politiker Lübcke war in der Nacht zum 2. Juni mit einer Schussverletzung im Kopf auf der Terrasse seines Wohnhauses in Wolfhagen bei Kassel entdeckt worden. Er starb kurze Zeit später im Krankenhaus. Lübcke war in der Vergangenheit wegen seiner Haltung zu Flüchtlingen bedroht worden. Er hatte sich 2015 auf einer Informationsveranstaltung gegen Schmährufe gewehrt und gesagt, wer gewisse Werte des Zusammenlebens nicht teile, könne Deutschland verlassen.

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Der SPD-Innenpolitiker Burkhard Lischka sagte, der Mordfall zeige, wie weit sich "der braune Terror" ausgebreitet habe. Das Attentat müsse "ein Wendepunkt werden". Der Grünen-Politiker Konstantin von Notz forderte, rechtsterroristische Strukturen müssten stärker durchleuchtet werden. Die Behörden müssten Menschen, die sich bedroht fühlten - etwa weil sie sich als Ehrenamtliche oder Politiker für Flüchtlinge einsetzen - eine Einschätzung über ihre konkrete Gefährdung liefern. Stephan Ernst hat seit 1992 im Bundeszentralregister 37 Einträge. Nancy Faeser, innenpolitische Sprecherin der SPD im Wiesbadener Landtag, nennt es „unerträglich“, dass er 2015 dennoch von den Sicherheitsbehörden aus dem Visier genommen worden war.

Hier die Erklärung des hessischen Innenministers Peter Beuth im O-Ton: