
Die hessische Digitalministerin Kristina Sinemus (CDU) über ihre erste Legislaturperiode als Politik-Quereinsteigerin, die Gründung eines neuen Ministeriums und Mobilfunklöcher.
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Frau Sinemus, Sie sind als Quereinsteigerin in die Politik gegangen – wie haben Sie die bisherige Legislaturperiode erlebt?
Mit einer Mischung aus allen möglichen Gefühlen: zwischen Erstaunen, Neugier und Euphorie. Im ersten Jahr habe ich mich gefühlt wie 1998, als ich mein Unternehmen gegründet habe. Zu Beginn sehr euphorisch, dann ankommend in der Realität. Ein Ministerium aufzubauen, ist ein wenig wie ein Start-up zu gründen, dort konnte ich viele meiner langjährigen Erfahrungen einbringen. Für das Umfeld war ich neu, da wurde ich einerseits schon etwas gebremst. Andererseits gab es auch einige, die die Veränderung gut fanden und mich offen empfangen haben. In der Rückschau war es richtig, Erfahrungen anderer einzuholen, nicht zu viel auf andere zu hören, sondern meine Linie zu verfolgen.
Mit welchem Plan sind Sie als Ministerin gestartet?
Als erstes war klar: Ich setze mich für das Budget ein. Ich habe mit dem damaligen Finanzminister verhandelt, dass ich die „Digitalmilliarde“ bei mir steuere und koordiniere. Außerdem galt es zu überlegen, wofür ich operativ zuständig bin. Das war vor allem die digitale Infrastruktur als Basis für alles, aber auch die Schaffung eines eigenen Referats für Künstliche Intelligenz, ein Programm, um Wirtschaft und Start-ups zu unterstützen sowie mit der Geschäftsstelle Smarte Region Hessen den ländlichen Raum zu stärken. Digitalisierung ist ein Querschnittsbereich, der an einer Stelle gesteuert werden muss, um erfolgreich zu sein.
Sie haben ein Querschnittsministerium unter sich – damit sind Sie bei vielen Themen auf die anderen Kabinettsmitglieder angewiesen, die ihre eigene Agenda haben. Wie eng arbeiten Sie mit den anderen Ministerien zusammen?
Wahrscheinlich bin ich diejenige, die am engsten mit allen zusammenarbeitet. Am Anfang waren alle neugierig, teils skeptisch, was ich mache. Bei den Haushaltsberatungen haben sie aber bemerkt, dass sie davon profitieren, wenn sie mit uns reden: Da ist noch ein inhaltlicher Gesprächspartner, der bewertet und für uns mit dem Finanzminister verhandelt. Und zudem können wir Ideengeber und Anschubfinanzierer sein, wie beim neuen Schulfach Digitale Welt oder bei den 10.000 Tablets für Altenheime und Hospize während der Pandemie.
Hat die Corona-Pandemie der Digitalisierung noch mal einen neuen Stellenwert verschafft?
Ja, weil nahezu kein Weg mehr an digitalen Lösungen vorbeiführte. Das hat für das Verständnis und das Annehmen von Digitalisierung sehr geholfen, das Thema ist auch schwer greifbar, das muss man erfahren: Wie viele lachende Gesichter ich in den Altenheimen gesehen habe, wenn die Bewohner sich über das Tablet digital mit dem Enkel unterhalten konnten!
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Trotz eines eigenen Digitalministeriums erlebten die Hessen bei der digitalen Anmeldung für die Corona-Impfung ein Desaster, ein eigenes Videokonferenzsystem für die Schulen wurde erst kurz vor Ende der Pandemie im Sommer 2022 freigeschaltet – haben die Kollegen Sie hier nicht einbezogen?
Zunächst, wir bündeln und koordinieren die Vorhaben, die bei uns über die Digitalmilliarde beantragt werden, die Umsetzung wird jeweils vom zuständigen Ministerium übernommen. Das Videokonferenzsystem finanzieren wir mit, das Verfahren verlief anders als geplant, die Vergabe musste wiederholt werden, das kann durchaus passieren. Bei einigen Projekten, wie bei der Impfterminvergabeplattform, waren wir nicht eingebunden.
Beinahe von Anfang an hieß es, Sie würden vor allem viel Geld ausgeben für den angemieteten Dienstsitz in Wiesbadener Toplage und teure Berater. Jetzt soll es mit dem Doppelhaushalt 2023/24 nochmal einen Stellenzuwachs bei Ihnen geben. Wofür braucht es das Personal?
Zur Kritik an den Räumen: Ich finde immer, das ist relativ. Wir haben Bürofläche in direkter Nähe zur Staatskanzlei benötigt. Woanders hätte ich wiederum andere Kosten gehabt. Wir sind Bestandteil der Staatskanzlei, vieles wird zentral bearbeitet wie Personalverwaltung, IT-Administration, Buchhaltung und Organisation. Im neuen Doppelhaushalt gibt es noch zehn Stellen zusätzlich, die vor allem für die Verwaltungsdigitalisierung benötigt werden.
Eine Ihrer zentralen Aufgaben ist der Ausbau der digitalen Infrastruktur – wo stehen wir jetzt in Hessen?
Mit unserer Gigabitstrategie sind wir auf einem guten Weg. In ihr haben wir Prioritäten festgelegt: erst Gewerbegebiete, Schulen und Krankenhäuser, dann Glasfaser bis in die Wohnung bis 2030. Bei der Versorgung der Gewerbegebiete sind wir in den vergangenen Jahren einen massiven Schritt nach vorne gekommen und belegen Platz zwei der Flächenländer. In Hessen können außerdem nahezu 90 Prozent der privaten Haushalte auf eine Versorgung mit mindestens 100 Mbit/s zugreifen, das sind die Bandbreiten, die vom Kunden am meisten gebucht werden und in der Regel aktuell für den Hausgebrauch ausreichen. Mittlerweile sind 123 der 128 Plan-Krankenhäuser in Hessen gigabitfähig angeschlossen. Dennoch bin ich nicht zufrieden, weil wir noch lange nicht bei 100 Prozent sind. Tatsächlich weiß ich aber nicht, ob wir da überhaupt landen müssen. Bei sehr weit entfernten Höfen und Weilern ist die Verlegung von Glasfaser aufwendig und teuer. Hier sind Alternativen wie beispielsweise Satellitentechnik einsetzbar.
Das neueste Mobilfunkmonitoring der Bundesnetzagentur hat ergeben: Hessen hat in fast einem Drittel der Fläche keine ausreichende Mobilfunk-Abdeckung, der Werra-Meißner-Kreis und der Odenwaldkreis landen bei den grauen Flecken unter den Top 10 der deutschen Landkreise.
Das Thema hat einen Sprung gemacht, seitdem ich im Amt bin, da wir uns darauf fokussieren konnten. Graue Flecken sind Gebiete, in denen nicht alle drei etablierten Netzbetreiber Mobilfunk anbieten. Diese Flecken verringern sich zunehmend, weil alle drei Netze immer weiter ausgebaut werden – auch und vor allem in ländlichen Gebieten. Wir haben 2018 und 2022 mit den beiden Mobilfunkpakten den Grundstein für eine bessere Versorgung gelegt. Der erste Pakt wurde unter anderem mit 5700 neu errichteten oder modernisierten Mobilfunkmasten erfolgreich abgeschlossen, auch wurde die Hessische Bauordnung angepasst, damit schneller gebaut werden kann. Mit dem neuen hessischen Mobilfunkgesetz wird der Ausbau nochmal beschleunigt. Wir haben zudem ein eigenes Förderprogramm aufgelegt, das dort ansetzt, wo die Anbieter nicht investieren wollen, weil beispielsweise aufgrund der Topografie und dünner Besiedelung die Kosten-Nutzen-Rechnungen nicht wirtschaftlich ausfallen. Dafür braucht es aber auch Kommunen, die einem Mobilfunkmast zustimmen. Keiner möchte Funklöcher, aber manchmal auch keinen Mobilfunkmast in der Nähe. Wir fördern, wo es geht und versuchen Probleme durch Beratung vor Ort zu lösen.
Hessen rühmt sich, dass es viel Geld ausgebe und Bundesmittel für die Digitalisierung der Schulen großzügig aufstocke. Aber beispielsweise im Rheingau-Taunus-Kreis gibt es nicht mal ein offenes WLAN, damit Schüler mit eigenen Geräten online gehen können.
Auch bei der gigabitfähigen Anbindung der Schulen hat sich in Hessen viel getan: Mitte 2019 standen wir in diesem Bereich bei 609 Schulen, jetzt sind es 1825 Schulen, das sind 91 Prozent. Wir haben also in dreieinhalb Jahren über 1200 Schulen angeschlossen. Von den 58 Schulen im Rheingau-Taunus-Kreis sind 57 ans schnelle Netz angebunden. Für die WLAN-Anbindung in den Klassenräumen sind die kommunalen Schulträger zuständig, dafür werden aber auch Mittel aus dem Digitalpakt Schule gestellt.
Eines Ihrer Lieblingsthemen ist Künstliche Intelligenz (KI) – welche Chancen und Risiken sehen Sie hier?
Jede neue Anwendung hat Chancen und Risiken – am Ende liegt es daran, wie ich sie nutze. Das Potenzial von KI ist meiner Meinung nach gigantisch, hier wird Undenkbares möglich. Unsere Aufgabe ist es, das Thema so in einen politischen Rahmen zu setzen, dass ich Möglichkeiten für Innovationen schaffe, aber gleichzeitig auch mit dem europäischen Wertesystem harmoniere. Für mich ist der Kern, verantwortungsbewusste KI auf den Weg zu bringen – indem ich Kriterien für Verantwortung benenne, mit der Systematik von KI verbinde und Erprobungsräume anbiete. Diese Kriterien haben wir zum großen Teil im Zentrum für verantwortungsbewusste Digitalisierung an der TU Darmstadt entwickeln lassen. Gesetzliche Beschränkungen sind für mich die letzte Option. Etwas zu verbieten, von dem ich gar nicht weiß, welches Potenzial es hat, halte ich für schwierig.
Ihre erste Legislaturperiode ist bald beendet. Welche Digital-Baustellen sind in Hessen noch offen? Hätten Sie überhaupt noch Lust auf eine weitere Legislaturperiode?
Mir macht das großen Spaß, und wir fangen ja eigentlich gerade erst an! Es gibt noch so viel zu tun: den ländlichen Raum zu Zukunftsorten mit hoher Lebensqualität entwickeln, digitale Teilhabe und Bildung sichern. Wir müssen auch das Thema KI noch weiter in die Umsetzung bringen – insbesondere bei Start-ups und Wirtschaftsunternehmen. Wenn wir ein Gesamtpaket schnüren und KI mit den Stärken unseres Standorts, nämlich Gesundheit, Mobilität und Finanzen verbinden, können wir unser Land wirklich in ein europäisches Silicon Valley entwickeln. Ich bin davon überzeugt, dass wir dieses Potenzial haben.