Das Land Hessen schränkt das öffentliche Leben im Kampf gegen das Coronavirus weiter ein. Ministerpräsident Volker Bouffier will jedoch vorerst auf Ausgangssperren verzichten.
WIESBADEN. Die hessische Landesregierung will Ausgangssperren wegen der Coronakrise wenn möglich vermeiden. Dies sei eine der letzten Maßnahmen, auf die man setzen könne, sagte Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) am Freitag in Wiesbaden. Er setze weiter auf die Vernunft der Menschen, sich an die bisher beschlossenen Einschränkungen des öffentlichen Lebens zu halten. „Freiheit ist nie grenzenlos, Freiheit bedeutet immer auch Rücksichtnahme, bedeutet auch, dass ich in solchen Fällen darauf verzichte, mein Freiheitsrecht unbeschränkt auszuüben“, meinte Bouffier.
Die Maßnahmen im Kampf gegen die Ausbreitung des Virus wurden noch einmal deutlich verschärft. Von Samstagmittag, 12 Uhr, an werden Gaststätten und Restaurants im Land bis auf Weiteres geschlossen, die bisherige Obergrenze für Versammlungen wird von 100 auf fünf Personen reduziert. Das gaben Bouffier und Gesundheitsminister Kai Klose (Grüne) nach einer Sondersitzung des Kabinetts bekannt.
Bouffier rief erneut eindringlich dazu auf, alle sozialen Kontakte auf das Nötigste zu reduzieren. Der große Teil der Gesellschaft verhalte sich vernünftig. Aber es gebe „leider auch nicht wenige Menschen, die das nicht tun“. Corona-Partys seien das Unvernünftigste und Unverantwortlichste, was man sich vorstellen könne. Es werde zunehmend Stichproben und Kontrollen geben, kündigte der Regierungschef an. Wer sich nicht an die Regeln halte, zwinge die Politik zu weiteren Maßnahmen. Wenn Appelle an die Vernunft auf Dauer nicht fruchteten, dann bleibe nur der Zwang, sagte Bouffier zu einer möglichen Ausgangssperre. Darüber hätten die Länder am Donnerstag ausführlich mit der Bundeskanzlerin beraten. Für Bayern und das Saarland seien Ausgangssperren wegen der Grenzen zu europäischen Risikoregionen sicher sinnvoll. Hessen wolle aber noch abwarten.
Bußgelder werden verteilt
Der Regierungschef kündigte die konsequente Überwachung der Einschränkungen in Hessen und für den Fall von Verstößen Bußgelder an. Über deren Höhe sei noch nicht abschließend entschieden, sie dürften sich aber in der Größenordnung zwischen 100 und 300 Euro bewegen.
Bouffier erläuterte, dass die Beschränkung von Versammlungen auf fünf Personen nicht für Familien mit Kindern gelte. „Auch wenn im Bus sieben Leute sitzen, müssen nicht zwei aussteigen“, sagte der Regierungschef. Nach Angaben von Klose gibt es in Hessen inzwischen (Stand: Freitagnachmittag) 962 Infizierte Personen, 222 mehr als am Vortag und zwei Todesfälle.
Wissenschaftsministerin Angela Dorn (Grüne) rief Studenten mit Medizin- und Pflegekenntnissen dazu auf, bei der Bekämpfung der Coronapandemie ihre Hilfe zur Verfügung zu stellen. Sie bat die Studenten, den entsprechenden Aufrufen der Universitäten und Universitätskliniken in Frankfurt, Gießen und Marburg zu folgen. Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) kündigte an, dass die kommunalen Investitionsprogramme für Schulen (KIPII) sowie für weitere Investitionen, etwa zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum oder für Spezial- und Notfallkliniken und Kitas (KIP) um ein Jahr verlängert werden. Das Coronavirus werde auch Baustellen zum Stillstand bringen. Das führe dazu, dass die Kommunen die geförderten Baumaßnahmen nicht immer innerhalb der vorgesehenen Fristen der beiden Kommunalinvestitionsprogramme umsetzen könnten, sagte Schäfer. Daher würden das KIP bis zum 31. Dezember 2021 und KIP II bis zum 31. Dezember 2023 verlängert. Mit beiden Programmen stehen Bundes- und Landesmittel von etwa 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung.
Unsere ständig aktualisierte Übersicht zur Lage in Hessen und Rheinland-Pfalz finden Sie hier, darin aktuelle Videos und Hintergründe aus den Städten Wiesbaden, Mainz, Darmstadt, Gießen, Wetzlar, Worms und der gesamten Großregion.
Eine Sammlung ständig aktualisierter Daten, in Karten und Grafiken anschaulich visualisiert mit Unterstützung unserer Partner, den Datenspezialisten von 23Grad.
Auf Fragen unserer Leser haben wir Expertenwissen eingeholt. Die Antworten gibt es hier in einem ersten und hier in einem zweiten Teil.
Und warum wir einige unserer Inhalte nicht kostenlos anbieten, erläutert hier Stefan Schröder.