Anwalt: Verdächtiger im Mordfall Lübcke bestreitet...

aus Der Mordfall Walter Lübcke

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Der CDU-Politiker Walter Lübcke war Anfang Juni auf der Terrasse seines Wohnhauses im nordhessischen Wolfhagen bei Kassel mit einem Kopfschuss getötet worden. Der Generalbundesanwalt geht von einem rechtsextremen Hintergrund aus. Foto: dpa

Kassels Regierungspräsident Walter Lübcke wird auf seiner Terrasse erschossen. Der Hauptverdächtige gesteht, widerruft dann aber. Nun erzählt er eine ganz andere Version der...

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KASSEL. Der Hauptverdächtige im Mordfall Lübcke, Stephan Ernst, hat seine Aussage geändert und bestreitet laut seinem Anwalt, den Kasseler Regierungspräsidenten erschossen zu haben. Stattdessen sei sein Bekannter Markus H. bei der Tat zugegen gewesen und habe den CDU-Politiker versehentlich erschossen. Entsprechende Angaben habe Ernst nun vor dem Ermittlungsrichter gemacht, sagte Verteidiger Frank Hannig am Mittwoch in Kassel. Die Bundesanwaltschaft wollte die Aussagen von E. nicht kommentieren. Diese müssen nun von Ermittlern überprüft werden.

Der CDU-Politiker Walter Lübcke war Anfang Juni 2019 auf der Terrasse seines Wohnhauses im Landkreis Kassel mit einem Kopfschuss getötet worden. Stephan Ernst soll nach bisherigen Ermittlungen der Schütze sein. Der Generalbundesanwalt geht von einem rechtsextremen Hintergrund aus.

Die neue Aussage von Stephan Ernst unterscheidet sich deutlich von seinem ersten, inzwischen widerrufenen Geständnis. Damals hatte der 46-Jährige erklärt, allein zu Lübckes Haus gefahren zu sein. Der Verdächtige Markus H. sitzt bisher in Untersuchungshaft, weil er Stephan Ernst beim Kauf der Tatwaffe geholfen haben soll. Doch nach der neuen Darstellung fuhr Markus H. mit zum Tatort und nahm dabei die Waffe entgegen.

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Eine Tötungsabsicht bestreitet Stephan Ernst nun. Die Männer hätten den CDU-Politiker aufgesucht, "um ihm, wie mein Mandant gesagt hat, eine Abreibung zu verpassen", erklärte Hannig. Auf der Terrasse des Politikers sei es zu einem Streitgespräch gekommen. Daraufhin hätte sich aus der Waffe, die H. auf Lübcke gerichtet hätte, ein Schuss gelöst. "So hat es mein Mandant dargestellt, er selber versichert, dass er nicht glaubt, dass dies absichtlich geschehen ist", sagte der Rechtsanwalt.

Nach Angaben von Hannig wollte Ernst mit seinem früheren Geständnis Markus H. schützen - ihm seien dafür Schutz und finanzielle Vorteile für seine Familie versprochen worden. Von wem, sagte der Anwalt auch auf Nachfrage nicht.

Zum Motiv von Stephan Ernst und Markus H. sagte Anwalt Hannig nichts. Das sei nicht so detailliert zur Sprache gekommen. Ursprünglich hatte Ernst ausgesagt, er habe seine Familie durch kriminelle Ausländer bedroht gesehen, dazu hätten ihn islamistische Anschläge stark aufgewühlt. Lübcke, der 2015 die Einrichtung einer Flüchtlingsunterkunft bei Kassel verteidigt hatte, habe er daran eine Mitschuld gegeben.

Stephan Ernst hatte auf eigenen Wunsch erneut ausgesagt. Die fünfstündige Vernehmung fand am Mittwoch in Kassel statt. Dort sitzt der Verdächtige in Untersuchungshaft und will auch weiter mit Ermittlern reden. "Wir haben heute vereinbart, dass es weitere Befragungen geben wird", sagte Hannig.

Der Anwalt von Markus H. erklärte, sich weiterhin nicht zum Sachverhalt äußern zu wollen. "Es kann sich im Übrigen jeder Beobachter selbst die Frage stellen, wie glaubwürdig jemand ist, der im Laufe des Verfahrens ständig mit neuen Versionen eines Geschehens aufwartet, zu dem er ursprünglich ein vollständiges Geständnis abgelegt hat", sagte er.

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Von dpa