Ein Bundestagsausschuss hatte beschlossen, Gerhard Schröder Teile seiner Sonderrechte zu entziehen. Der Altkanzler bat nun per Anwalt um ein Gespräch - stößt aber auf Ablehnung.
BERLIN. Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Helge Braun (CDU), lehnt ein Gespräch mit Ex-Kanzler Gerhard Schröder (SPD) über die Streichung von dessen Privilegien ab. "Den gesamten Vorgang empfinde ich als würdelos", schrieb Braun am Donnerstagnachmittag in einer Stellungnahme.
Hintergrund ist ein Brief, den Schröders Anwalt an Braun adressiert hatte und in dem sich der Altkanzler gegen die Streichung seiner Privilegien zur Wehr setzt. Darin schlägt Schröders Anwalt auch ein Gespräch mit Braun über die Maßnahmen vor, die der Haushaltsausschuss Mitte Mai gegen den Altkanzler beschlossen hatte.
Nach dem Beschluss soll Schröders Altkanzler-Büro "ruhend gestellt" und alle damit zusammenhängenden Stellen "abgewickelt" werden. Zuvor hatte der Altkanzler wegen seiner Verbindungen zu Russland und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin massiv in der Kritik gestanden.
"Die Beschlüsse des Haushaltsausschusses sind mit breiter Mehrheit gefasst worden und sind nun von der Bundesregierung umzusetzen", bekräftigte Braun. Zu diesen "sachlich gebotenen Maßgaben bedarf es meinerseits keiner Gespräche, schon gar nicht mit Personen, die über Rechtsanwaltsschreiben mit mir kommunizieren", schrieb der ehemalige Chef des Bundeskanzleramts.
Schröder hält Beschluss für rechtswidrig
Schröders Anwalt wirft Braun und den anderen Mitgliedern des Haushaltsausschusses vor, den Beschluss gegen Schröder nicht näher begründet zu haben. Er sei "evident rechts- und verfassungswidrig", heißt es in dem Brief, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Der Ausschuss habe etwa nicht näher ausgeführt, inwieweit Schröder "keine fortwirkenden Verpflichtungen aus dem Amt" des Bundeskanzlers mehr wahrnehme. "Dies mag daran liegen, dass für den Entzug dieser "Privilegien" tatsächlich ein anderer Grund verantwortlich war", heißt es weiter in Anspielung an die Kritik an Schröders Verhältnis zu Russland und einer möglichen Bestrafungsabsicht hinter dem Beschluss.
Der Haushaltsausschuss hatte Mitte Mai für die Abwicklung des Altkanzler-Büros votiert. Für Personalausgaben in Schröders Büro waren im vergangenen Jahr mehr als 400.000 Euro aus der Staatskasse geflossen. Anrecht auf ein Ruhegehalt und auf Personenschutz hat der frühere Kanzler dem Ausschussbeschluss zufolge aber weiterhin.
In dem vom Haushaltsausschuss beschlossenen Antrag waren Schröders Verbindungen zu russischen Konzernen oder Putin nicht genannt worden. Hintergrund war die Befürchtung, dass dies rechtlich angreifbar wäre.
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Schröders Anwalt forderte Braun auf, dem Altkanzler einen "prüffähigen- und damit rechtsmittelfähigen Bescheid" zuzustellen. Das sei bislang nicht erfolgt. Schröder habe von dem Beschluss des Haushaltsausschusses "über die Medien" erfahren. Zu dieser Aufforderung äußerte sich der frühere Kanzleramtschef zunächst nicht.
Experten halten Vorgehen für rechtens
Der rechtspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Günter Krings (CDU), wies die von Schröders Anwalt vorgebrachten rechtlichen Vorbehalte zurück und brachte weitere Maßnahmen gegen Schröder ins Spiel. Die Entscheidung des Haushaltsausschusses sei "konsequent und richtig", sagte Krings dem "Handelsblatt". "Es wird aber jetzt höchste Zeit, dass auch der Bundestag als Gesetzgeber tätig wird, damit zusätzlich auch die Ruhestandsbezüge des Altkanzlers gestrichen werden". Wer sich vom System des russischen Präsidenten Putin aushalten lasse, könne sich nicht zugleich vom deutschen Steuerzahler "alimentieren" lassen.
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Der Göttinger Staatsrechtler Hans Michael Heinig stufte das Vorgehen des Haushaltsausschusses, ebenfalls im Gespräch mit dem "Handelsblatt", als rechtens ein. Er könne "keinen Ansatzpunkt dafür erkennen, dass auf eine nachwirkende Amtsausstattung ein verfassungsrechtlicher Anspruch besteht", sagte Heinig. Die Büroausstattung sei entsprechend bisheriger Staatspraxis für "Repräsentationsaufgaben im Interesse der Bundesrepublik Deutschland" gewährt worden. Daher sollte es Konsequenzen haben, wenn der Altkanzler der weiteren Wahrnehmung solcher Aufgaben durch sein eigenes Verhalten "nachhaltig den Boden entzieht".
Wolfgang Kubicki: Protest des Altkanzlers unbegründet
Auch der Vizepräsident des Deutschen Bundestages, Wolfgang Kubicki, hält den Protest des Altkanzlers für rechtlich unbegründet. "Es ist völlig legitim, dass Gerhard Schröder alle juristischen Mittel prüft, wenn er der Auffassung ist, in seinen Rechten verletzt worden zu sein", sagte der FDP-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Aus meiner Sicht ist die rechtliche Grundlage, auf die sich der Haushaltsausschuss bei der Entscheidung, dem Altkanzler die Büroräume zu versagen, beruft, ausreichend."
Kubicki sprach sich generell dagegen aus, ehemaligen Bundeskanzlern dauerhaft ein Büro zur Verfügung zu stellen. "Wir müssen grundsätzlich prüfen, ob die ehemaligen Amtsträger auf Lebenszeit eine gleichbleibend hohe Büro- und Personalausstattung benötigen, oder ob dies möglicherweise mit dem Lauf der Zeit auf null zurückgeführt werden kann", sagte er.
Von dpa