
Mit zusätzlichen 600 Millionen Euro sollen Kinderkliniken unterstützt werden. Wird das die Probleme lösen? Wie Markus Knuf, Chefarzt der Wormser Kinderklinik, die Lage beurteilt.
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Herr Professor Knuf, vor Weihnachten gab es immer wieder Berichte von Kinderkliniken, die keine Patienten mehr aufnehmen konnten. Mussten auch in Ihrer Klinik Kinder abgewiesen werden?
Ja, wir mussten insofern Kinder abweisen, dass wir alles, was irgendwie planbar war, verschoben oder abgesagt haben. Wir konnten zum Beispiel Epilepsie-Patienten oder Patienten mit anderen chronischen Erkrankungen nicht aufnehmen, weil wir uns vorrangig um die schwer erkrankten Kinder mit Infektionskrankheiten kümmern mussten. Dass wir ein lebensbedrohlich erkranktes Kind weiterverlegen mussten, ist nicht passiert. Aber da war nicht mehr viel Platz, das muss man sagen.
Welche Möglichkeiten bleiben Eltern denn dann? Ein krankes Kind, das nicht aufgenommen wird, ist ja eines der schlimmsten Dinge, die man sich vorstellt.
Wir Kliniken stehen untereinander in Kontakt und versuchen uns gegenseitig zu unterstützen. Es findet immer eine Notfallversorgung statt, die allerdings dann mit Komforteinbußen auf allen Seiten einhergeht – etwa langen Wartezeiten. Es kann auch sein, dass ein Kind dann die Nacht in einem Vorraum oder einem Untersuchungsraum verbringt und kein richtiges Patientenzimmer hat. Die Komforteinbuße für uns ist, dass wir beispielsweise die Patienten nicht an einer zentralen Monitoreinrichtung haben und dann permanent hinlaufen müssen und nicht aus der Ferne sehen, was passiert.
Wie priorisieren Sie?
Wir schauen, wer schwer krank ist und sofort in die erste Reihe muss und was aus unserer medizinischen Sicht eher eine Banalität ist. Ich glaube, ich spreche für alle Kliniken, dass man sich bemüht, Abweisungen eines lebensbedrohlich erkrankten Kindes zu vermeiden, aber auszuschließen ist es nicht. Was dann passiert ist, dass man einen Hubschrauber bestellt und versucht, das Kind irgendwo hinzufliegen.
Kinder- und Jugendmedizin ist wenig lukrativ
Wie konnte es dazu kommen, dass es in der Kindermedizin so große Probleme gibt?
Das hat sich über lange Jahre entwickelt. Ein Faktum ist, dass die Kinder- und Jugendmedizin für Träger – ob gemeinnützig oder privat – unattraktiv ist. Das liegt daran, dass man eine sehr breite Vorhaltung betreibt. In der Kinder- und Jugendmedizin ist ja alles unter einem Dach, wofür es in der Erwachsenenmedizin verschiedene Fachrichtungen gibt. Hinzu kommt, dass wir hier in Worms wie auch in anderen Kliniken der Maximal- oder Schwerpunktversorgung Menschen mit einem Gewicht von 400 Gramm bis 140 Kilogramm versorgen. Das heißt, wir brauchen nicht nur eine Bettgröße, wir brauchen mehrere. Und das geht so weiter für alle Materialien und für alle Ausbildungsnotwendigkeiten. Die Versorgung eines Frühgeborenen bringt ganz andere Anforderungen mit sich als die eines 20-jährigen schwer mehrfach Behinderten, der aber nur 25 Kilo wiegt und deswegen immer noch in der Pädiatrie ist.
Die Pädiatrie ist also wenig lukrativ?
Wir haben knapp 4500 Patienten stationär in Worms und etwa die Hälfte davon verteilt sich auf 20 Fallpauschalen. Das sind die Kinder mit den Atemwegsinfektionen, der Schädelprellung oder mit dem Brechdurchfall. Davon sehen wir ganz viele und da können wir Routine entwickeln. Die andere Hälfte verteilt sich auf bis zu 400 Fallpauschalen. Hinter der Fallpauschale verbergen sich Diagnosen und eine Fachlichkeit. Das heißt, die allermeisten Kinder sehen wir mit dieser Fachlichkeit nur ein- bis zweimal im Jahr. Und da können Sie wenig stringente Prozesse entwickeln.
Welche Probleme spielen noch hinein?
Um einem Zweijährigen Blut abzunehmen, brauchen Sie zum Beispiel mindestens eine Schwester zur Assistenz, mindestens jemanden, der es den Eltern erklärt und dann brauchen Sie noch eine Ärztin oder einen Arzt, der über die Erfahrung verfügt, bei so kleinen Menschen Blut abzunehmen. All das führt dazu, dass die Kinder- und Jugendmedizin ein umständliches Fach ist, was wenig ökonomische Effizienz aufweist. Außerdem hat man an vielen Stellen die Betten zurückgefahren, weil man gesagt hat, für viele Infektionserkrankungen gibt es inzwischen Impfungen. Die Vielzahl der Betten zum Beispiel für an Brechdurchfall erkrankte Kinder, wie ich sie selbst in meiner Ausbildung noch erlebt habe, das braucht man heute auch nicht mehr, das stimmt. Aber wenn Sie ein- bis zweimal im Jahr solche Sondersituationen haben, wie jetzt bei RSV und der Influenza, dann brauchen Sie eben doch irgendwo ein Bett – eine Vorhaltung.
Wie die Versorgung der Kleinsten sichergestellt werden kann
Nun soll es für Kinderkliniken in diesem und im nächsten Jahr jeweils 300 Millionen Euro zusätzlich geben. Wird das denn die Probleme in den Kinderkliniken lösen?
Wir haben circa 300 pädiatrische Einrichtung in Deutschland. Brechen Sie das mal runter, wenn Sie das verteilen wollen. Was machen Sie mit einer Million? Ich begrüße das zwar außerordentlich. Denn die Wahrnehmung ist ja offensichtlich die, dass in der Pädiatrie etwas schiefgelaufen ist, insofern ist das alles gut. Aber diese punktuellen Veräußerungen von Mitteln ohne Strukturreform sind am Ende zweifelhalft, denn das Geld ist schnell ausgegeben. Was es eigentlich braucht, ist eine Strukturreform, die eine gewisse Vorhaltung und eine gesellschaftliche Verabredung beinhaltet: Wir wollen uns das leisten, dass wir eine Kinder- und Jugendmedizin haben, auch wenn die nicht immer hochökonomisch zu betreiben ist. Eine Kinder- und Jugendmedizin ist eben kein Geldautomat.
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Die Abteilungen für Kindermedizin sind immer weniger geworden. Wie kann die Versorgung der Kleinsten unter diesen Umständen sichergestellt werden? Müsste man wiederaufbauen?
Ich glaube, es ist an der realen Wirklichkeit vorbeigedacht, das zu planen. In Rheinland-Pfalz haben wir zum Beispiel Zentren für die Versorgung von Früh- und Neugeborenen, denn die müssen nicht überall sein. Weil sie die erstens gar nicht mit den entsprechenden Patienten füllen können und zweitens brauchen Sie auch immer das Personal dazu, was es gar nicht gibt – im ärztlichen wie im pflegerischen Bereich. Selbst Chefärzte finden Sie nicht mehr überall. Deshalb muss man zentralisieren. Denn man hat auch gesehen, dass komplexe Eingriffe oder das Behandeln von seltenen Diagnosen umso besser gelingt, je häufiger man das macht. Insofern ist da eine Ausweitung nicht unbedingt sinnvoll. Das setzt aber voraus, dass man in manchen Abteilungen bewusst in Kauf nimmt, dass das eine Vorhalteabteilung ist, oder eine Klinik, die wir uns leisten wollen – in einer bestimmten Anzahl, mit bestimmten Fahrtstrecken und Erreichbarkeiten. Das ist, wo wir hinkommen müssen: Weg von diesem alle machen alles und keiner kann es mehr richtig leisten. Andere Länder machen das längst so – etwa in Skandinavien oder in den Niederlanden.
Sie haben das Fachkräfteproblem gerade schon angesprochen. Wie ist denn da die Lage?
Die Verweildauer von Pflegenden in einer Klinik ist dramatisch zurückgegangen. Das waren mal Jahrzehnte und sind jetzt wenige Jahre – auch unter Berücksichtigung von Familienplanung. Die Situation bei den Schwestern und Pflegern, ich schließe die Hebammen und Entbindungspfleger mit ein, ist weiterhin dramatisch – und umso dramatischer, je spezialisierter das Ganze ist. In der Kinderintensivmedizin und Neonatologie ist das ein prekäres Problem.
Wie sieht es beim ärztlichen Nachwuchs aus?
Im ärztlichen Bereich ist es nicht die Anzahl der Ärzte an sich. Aber wir stellen fest, dass ein sehr hoher Anteil nach der Ausbildung irgendetwas anderes macht, als in der Klinik im Schichtdienst zu arbeiten. Die große Herausforderung im ärztlichen Bereich ist es, langjährig erfahrene Ärztinnen und Ärzte mit einer Fachexpertise zum Beispiel im Bereich der Kindergastroenterologie, Kinderneurologie und anderen Disziplinen zu halten.
Kein Fiebersaft in einem Land wie Deutschland
Themenwechsel: Wie kann es sein, dass man in einem Land wie Deutschland keinen Fiebersaft für Kinder mehr bekommt?
Dazu ist es unter dem Diktat der Ökonomie gekommen. Man hat einfach gesagt: Wie kann ich alles billiger machen? Es ist versäumt worden, eine daseinsfürsorgliche gemeinnützige Struktur für solche essenziellen Themen zu entwickeln. Und so hat man ein Klima erzeugt, das pharmazeutische Unternehmen dazu bewogen hat, sich aus budgetierten, unattraktiven Indikationen herauszuziehen und sich in teure Indikationen bei seltenen Erkrankungen mit Jahrestherapiekosten im sechs- und siebenstelligen Bereich zu engagieren. Solche „Pillepalle“-Medikamente wie einen Paracetamol-Fiebersaft und leichte Antibiotika eben nicht mehr in Deutschland und Europa zu fabrizieren.
Nun wurde beschlossen, dass die sogenannten Festbeträge für bestimmte Medikamente für drei Monate ausgesetzt werden. Bringt das was?
Natürlich nicht. Wenn Sie ein Unternehmen haben, dann fangen Sie doch nicht an, wegen drei Monaten eine Produktion aufzuziehen. Was sie brauchen, ist eine strukturelle Veränderung.
Wie ist die aktuelle Lage bei Ihnen in der Kinderklinik?
Wir sind voll belegt. Und wir haben die Verweildauer deutlich abgesenkt. Der einfache, leicht erkrankte Patient ist nicht einmal zwei Tage bei uns. Das ist nach wie vor eine große Herausforderung.
Dass die Zahlen jetzt bei RSV und Influenza runtergehen, merken Sie also noch nicht?
Doch, das merken wir bei RSV jetzt schon. Da haben wir weniger Fälle, aber wir haben welche – tatsächlich auch noch richtig schwer kranke Kinder. Bei Influenza ist es noch immer ein hohes Aufkommen an kranken Kindern. Wir haben dieses Mal eine sehr starke Influenza-Saison.
Spielt Corona noch eine Rolle?
Corona spielt nur bei Neugeborenen und jungen Säuglingen eine Rolle. Die sind zwar nicht schwer lungenkrank, aber sie haben einen schlechten Allgemeinzustand, sodass sie nicht mehr trinken und dann eine Infusion brauchen. Aber in der Fallzahl ist das nicht mit RSV und Influenza vergleichbar.
Und was erwarten Sie für das Jahr?
Es wird weiter ein sehr herausforderndes Jahr bleiben, weil die Personalthemen und auch die finanziellen Themen ja nicht gelöst sind – egal was Minister Lauterbach sagt. Und ich hoffe, dass die Leute an Bord bleiben, denn sonst wird das wirklich sehr, sehr ernst.