Gastbeitrag von Christian Nürnberger: Nichts als Lügen aus...

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China bleibt sich auch in Corona-Zeiten treu. Der Propaganda muss die EU etwas entgegensetzen – fordert unser Gastautor Christian Nürnberger.

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. In Zeiten von Corona steht die Produktion still, und niemand weiß, wann es wieder Klopapier geben wird. Auf eines jedoch ist auch jetzt Verlass: auf die Lügenproduktion der Diktaturen dieser Welt, allen voran China.

Zuerst hatte Chinas Staatsführung versucht, die Sache mit dem Virus zu vertuschen und Ärzte mundtot zu machen. Als das nicht mehr ging, wurde das Virus mit diktatorischen Maßnahmen bekämpft und in Australien der Markt für Schutzmasken und Desinfektionsmittel leergekauft.

Um jetzt davon abzulenken, beglückt China die Welt mit Schau-Hilfslieferungen von zweifelhafter Qualität und bietet Hilfe an für die Lösung eines Problems, unter dem die Welt in diesem Ausmaß nicht litte, wenn China von Anbeginn das Virus bekämpft hätte und nicht die berichtenden Ärzte. Dafür erwartet China Lob und Dankbarkeit.

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Während das Personal französischer Krankenhäuser um das Leben einer täglich wachsenden Zahl schwerkranker Covid-19-Patienten kämpft, fragt Lu Shaye, Chinas Botschafter in Paris, per Twitter zynisch schadenfroh, warum es „alte Demokratien in Europa und Amerika“ nicht schaffen die Epidemie unter Kontrolle zu bringen? Und rühmt Chinas politisches System mit Hilfe eines Nachrichtendienstes, der im chinesischen Internet blockiert ist.

Serbiens Präsident Aleksandar Vucic küsste die chinesische Flagge aus Dankbarkeit für ein bisschen Hilfe aus China und feierte die „100-jährige Freundschaft“ zu dem Land. Vielleicht sollte der EU-Beitrittskandidat Serbien besser um Aufnahme in das chinesische Imperium bitten.

Und wie reagiert die EU? Hilflos, ratlos, wie gelähmt. Dabei würde es doch schon genügen, jede Twitterattacke eines chinesischen Botschafters nur mit der Nennung einiger Namen zu parieren, zum Beispiel mit dem Namen Li Wenliang. Das ist der Augenarzt, der als einer der Ersten die Gefahr des neuen Coronavirus erkannt und bekannt gemacht hatte. Daraufhin wurde er polizeilich verpflichtet, die öffentliche Ordnung nicht mehr „mit falschen Angaben in ernster Weise“ zu bedrohen. Bald darauf starb Li Wenliang, der sich selbst mit dem Coronavirus angesteckt hatte.

China möchte, dass die Welt das vergisst. Wir können das verhindern. Eine weitere EU-Antwort auf die chinesische Propaganda wäre die Frage: Wo ist eigentlich Li Zehua? Wo ist Fang Bin und wo Chen Qiushi? Alle drei hatten aus Wuhan zu berichten versucht. Dann wurden sie verhaftet.

China will davon nichts hören. Gerade deshalb müssen wir davon erzählen. Zum Beispiel davon, wie der erst 25 Jahre alte Li Zehua sich auf eine Online-Stellenanzeige für Leichenträger beworben hatte, so nach Wuhan kam und dort an der offiziellen Todes-Statistik zu zweifeln begann. Er fotografierte heimlich die Krematorien. Als schon alle 74 Krematorien in Wuhan Tag und Nacht in Betrieb waren, meldeten Chinas Behörden durchschnittlich vierzig Corona-Tote pro Tag. Und Li fragte: Dafür mussten die Leichenträger in 74 Krematorien rund um die Uhr arbeiten?

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Er wurde verhaftet während einer Recherche über ein scharf bewachtes französisch-chinesisches Labor. Auch der Video-Blogger Fang Bin wurde festgenommen, nachdem er mit dem Handy dramatische Szenen vor und in Krankenhäusern in Wuhan gefilmt hatte. Ebenso der Anwalt und Bürgerjournalist Chen Qiushi. Er hatte aus Wuhan berichtet und ist verschwunden.

Die EU, die Medien, die Demokraten dieser Welt können Chinas Dreistigkeit nicht unterbinden, aber effektiv parieren durch ganz einfaches, beharrliches Fragen: Wo ist Li Zehua? Was ist mit Fang Bin? Wie geht es Chen Qiushi? Was ist mit all den anderen Journalisten, die nur deshalb in Chinas Gefängnissen sitzen, weil sie ihren Beruf ausüben wollten? Und: Li Wenliang werden wir nicht vergessen.

Schließlich wäre China noch zu sagen: Gerade in Zeiten wie diesen, in denen es auf Nachrichten ankommt, nach denen man sich als Bürger wirklich richten kann, sind Demokratien mit einer freien Presse jeder Diktatur überlegen.

Von Christian Nürnberger