Was erwarten Wählerinnen und Wähler von der nächsten Bundesregierung? Heute spricht Sophie Egert über das Rentensystem und die mögliche Spaltung der Gesellschaft durch 2G.
HATTENHEIM. Als Winzerin in einem Weingut mit vielen Veranstaltungen ist die Corona-Pandemie keine einfache Zeit für Sophie Egert. Zusammen mit ihrem Bruder Max und ihren Eltern betreibt sie das Weingut Egert in Hattenheim, dessen Weinbautradition bis ins 18. Jahrhundert zurückgeht. Trotz des langen Lockdowns und den finanziellen Einbußen hat die 25-Jährige über die Notwendigkeit der Corona-Maßnahmen keine zwei Meinungen: „Na klar, war das für uns beruflich als auch privat eine sehr schwere Zeit. Wir mussten viele Veranstaltungen absagen und haben viele Hemmnisse auferlegt bekommen. Dennoch waren die Maßnahmen angebracht, um andere zu schützen, weswegen wir jetzt nicht nachtragend sind und hoffen, dass künftig alles wieder halbwegs normal läuft und die Impfungen weiter voranschreiten“, so Egert, die an ihrem Beruf trotz der schwierigen Zeit weiterhin große Freude hat.
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2G oder 3G?
Viele Gedanken macht sie sich eher darüber, nach welcher G-Regel sie künftig ihre Gäste empfangen soll. Aktuell haben sich bundesweit bereits einige Gastronomiebetriebe dazu entschlossen, nur noch Geimpfte oder Genesene zu bewirten. Die 2-G-Regel spaltet die Gesellschaft. Diesen Eindruck hat auch Egert. „Wir stellen uns schon länger die Frage, nach welcher Regel wir künftig unsere Veranstaltungen durchführen wollen. Fakt ist, die 2-G-Regel bereitet uns viel weniger Aufwand. Wir sparen eine Person am Eingang und auch der Arbeitsalltag wird ohne diverse Corona-Schutzmaßnahmen deutlich einfacher. Andererseits bewegen wir uns so auf eine Zwei-Klassen-Gesellschaft zu. Es ist noch offen, für was wir uns entscheiden, aber uns bleibt wohl langfristig keine Wahl. Die künftige Bundesregierung muss sich in jedem Fall dafür einsetzen, dass sich die Gesellschaft nicht noch weiter auseinander bewegt und vielleicht sogar in Teilen radikalisiert.“
Alternativlos ist für die studierte Winzerin und Önologin hingegen eine Anpassung des Rentensystems. Besonders der demografische Wandel und die Inflation bereiten ihr dabei langfristig Sorge. „Wenn man sich anschaut, dass die Gesellschaft immer älter wird, ist ja nur logisch, dass bald weniger Leute, Rente für mehr Leute einzahlen müssen. Ich finde es deshalb deutlich gerechter, wenn künftig auch Beamten in die gesetzliche Rente einzahlen müssen. Damit wäre das Defizit ein stückweit gedeckt.“ Insbesondere die großen Unterschiede zwischen Angestellten im öffentlichen Dienst und in normalen Anstellungen sind ihr zu gravierend. „Es geht da auch gar nicht darum, die Leistung von Beamten zu schmälern. Ich bin beispielsweise total dankbar für die Arbeit der Polizei. Dennoch profitieren alle Beamten deutlich mehr vom aktuellen Rentensystem, als jemand der 40 Jahre gearbeitet hat und dann eine kleine Rente bekommt.“
Großer Nachholbedarf bei Digitalisierung
Den größten Nachholbedarf sieht Egert hingegen bei der Digitalisierung. Laut einer Untersuchung des Berliner European Center for Digital Competitiveness (ECDC) liegt Deutschland in Sachen digitale Wettbewerbsfähigkeit im europäischen Vergleich auf dem vorletzten Platz. Schlechter schnitt nur Albanien ab. „Hier ist dringend Eile geboten. Wenn man sich teilweise anschaut, für wie viele Dinge wir noch Papiere ausfüllen und aufheben müssen, fragt man sich wirklich, in welchem Jahr wir leben. Es fängt damit an, dass wir für jede Aushilfe Formulare ausfüllen müssen und dann jahrelang aufheben müssen.
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Auch der Antrag für die AP-Nummer bei unseren Weinen wird immer noch analog eingereicht. Besonders in der Wein-Branche ist der Papierkram noch immens.“ Auch vom neuen Kanzler erwartet sie deshalb, dass er oder sie, sich für einen deutlichen Abbau der Bürokratie und mehr Möglichkeiten im Online-Bereich einsetzt. Ein Vorbild könnte für sie die Bürgerkarte in Estland sein. Sie ist gleichzeitig Führerschein, Steuernummer und Gesundheitskarte in einem. Den Datenschutz regelt die maximale Transparenz für den Nutzer, denn diese können zu jederzeit überprüfen, welche Daten von welcher Behörde abgerufen wurden.