Günter Beine ist ein Verfechter der europäischen Idee. Foto: René Vigneron
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LIEDERBACH - „Nie wieder Krieg“ – diese Maxime hat Günter Beine in seinem fast 90-jährigen Leben angetrieben. Bei einer Jugendfahrt der Europa-Union ins unzerstörte Paris steckt ihn 1951 die Aufbruchsstimmung an. Paris erschien ihm „strahlend, paradiesisch“, doch die jungen Deutschen wurden von Franzosen angefeindet.
„Feindschaft der Völker überwinden“
„Wir wollten die Feindschaft der Völker überwinden“, sagt Beine und seine Augen leuchten. Seit 67 Jahren ist er nun Mitglied der Europa-Union, der Bürgerinitiative für die europäische Einigung, rund drei Jahrzehnte führte er die Kasse im Landesverband Hessen. In den fünfziger Jahren haben die jungen Mitglieder an Zollschranken demonstriert, an den Ländergrenzen Fahnen geschwenkt und Flugblätter an Politiker geschickt. „In Brieftaschengröße, damit die Leute den Gedanken der Völkerverständigung jederzeit dabei haben und in die Welt hinaustragen“, erzählt er verschmitzt lächelnd.
„Bewegungsfreiheit für Menschen, Waren und Geld“, so benennt der promovierte Betriebswirtschaftler die Grundfeste der Bürgerinitiative. 1958, als mit den Römischen Verträgen die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft in Kraft trat, hat Beine wohl als einer der Ersten schon an eine gemeinsame europäische Währung gedacht. In einem Artikel der Zeitschrift „Der Föderalist“ befürwortet er diese vor allem als politische Entscheidung. Das waren damals noch ungewöhnliche Gedanken, die seit 2002 mit der Einführung des Euros Realität geworden sind.
Was den gebürtigen Hamburger zu seinem Engagement antrieb? „Ich habe die Flammenhölle in Hamburg in der Nacht zum 28. Juli 1943 erlebt – ein unvorstellbares Inferno.“ Außerdem überlebte er als Soldat die letzten Kämpfe an der Oder und die russische Kriegsgefangenschaft. Aus diesen furchtbaren Erlebnissen zog Beine die Erkenntnis: „Die Menschen sind es nicht, die Staaten bekriegen sich.“ Der Wunsch nach stabilem Frieden wurde sein Motor für die Arbeit bei der Europa-Union. 1953 ging er für das Studium und den Beruf nach Frankfurt und sagt heute: „Hessen ist mein Zuhause.“ Aber seine norddeutsche Herkunft hört man immer noch. „Ich bin eigentlich ein ruhiger Typ als Norddeutscher. Aber wenn man die richtige Frau im Arm hat, kann man ein wilder Tänzer sein“, lacht der Liederbacher. Das glaubt man ihm, wenn er lebhaft gestikulierend von seiner Überzeugung eines gemeinsamen Europas erzählt. Der Vater von zwei Söhnen und Großvater von vier Enkeln feiert am 8. März seinen 90. Geburtstag. Er wirkt zufrieden: „Ich habe im Leben unendlich viel Glück gehabt“, meint e r schmunzelnd.
Der Träger des Bundesverdienstkreuzes agierte auch während seiner beruflichen Laufbahn zukunftsorientiert: Bei der Deutschen Bank führte er das berufsbegleitende Studium ein und kümmerte sich mit der Gründung der Bankakademie in Frankfurt um die Weiterbildung junger Bankkaufleute. Außerdem engagierte er sich als Mitbegründer der Europäischen Akademie in Darmstadt für die politische Jugendbildung. Seit 73 Jahren herrscht nun Frieden in Europa. Was die Mehrheit der Bürger als Normalzustand kennt, ist für ihn keineswegs selbstverständlich, sondern ein „überragender Erfolg“. Für den der deutsche „Europäer der ersten Stunde“, wie er sich selbst nennt, sein Leben lang mitgekämpft hat.