Ein WM-Spiel dauert 95 Minuten. Mindestens. Erst im neunten Turnierspiel entscheidet das bisschen Nachspielzeit über Wohl oder Wehe in der Tabelle. Seferovic trifft für die Schweiz in letzter Sekunde. Schade für Ecuador. Viel schlimmer aber: Manche Profis können konditionell nicht mal 90 Minuten.
Ottmar Hitzfeld mit der Schweiz in letzter Sekunde obenauf. Foto: dpa
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Von Björn-Christian Schüßler
Ein Fußball-Spiel dauert 90 Minuten. Dachte ich bisher. Auch wenn man es natürlich mittlerweile gewohnt ist, dass im Ligaalltag und in anderen Vereinswettbewerben fleißige Offizielle zum Ende der Halbzeit elektronische Täfelchen hochhalten. Dass 90 Minuten doch absolut ausreichen, dachten bisher sicherlich auch die Nationalspieler aus Ecuador. Bis, ja bis der Schweizer Haris Seferovic und Schiedsrichter Ravshan Irmatov das anders sahen und die aufopferungsvoll kämpfenden Südamerikaner mit leeren Händen dastanden.
Man könnte nach dem Sonntagsspieltag natürlich auf die Idee kommen, dass die Schweizer nur deshalb so viel Nachspielzeit, also immerhin dreieinhalb Minuten, bekommen haben, weil sie den Gruppenkopf bilden. Oder weil Hitzfeld ein allseits beliebter weil erfolgreicher Trainer ist, zudem in gesetztem alter bei seinem allerletzten Turnier. Da will man doch auch nochmal jubeln, so schick mit Aufspringen, Hose hochziehen und Gürtel gerade rücken. So richtig schweizerisch eben.
Zeit - ein kostbares Gut
So ist es aber natürlich nicht. Irmatov legt wie seine vorherigen Kollegen die strengen Regeln der Fifa nur eben sehr korrekt aus. Torjubel, Behandlungen auf dem Platz, Gelbe Karten, Elfmeter, auch der Einsatz des neuen Schiri-Spielzeugs aus der Rasierschaumabteilung - das alles kostet Zeit. Zeit, die der Fernsehzuschauer nicht mitbezahlt hat. Die aber die Kicker auf dem Platz nachsitzen sollen.
Schon lange diskutieren so genannte Experten auch über Auszeiten und Nettospielzeit-Uhren wie im Basketball oder beim Eishockey. Für mehr Fairness, gegen Zeitspiel. Eine gute Idee, eigentlich. Und doch sind sicherlich ein paar Spieler froh, dass diese Ideen noch kein Fundament gefunden haben. Schlaucht doch die für die Fußball-Fans durchaus attraktive Mischung aus Laufbereitschaft, Kampfkraft, Leidenschaft, Schussbereitschaft und der feucht-warmen Witterung enorm. Nicht das Zusammenspiel mit den kollegen wird dann zum Krampf, wohl aber das zusammenspiel von Sehnen, Blutbahnen und Muskeln im Körper. Was, oh Wunder, dann auch wieder Spielzeit kostet.
Den Schweizern dürfte das alles ziemlich wurscht sein. Der Trainer der Eidgenossen, Ottmar Hitzfeld, zieht die Hose hoch, rückt den Gürtel gerade und herzt den Fifa-Nachspielzeit-Tafel-Mann.