Ian Paice und Roger Glover von Deep Purple über das neue Album, Wacken und die letzte Show
Von Michael Jacobs
Lokalredakteur Mainz
Keep on rocking: Roger Glover (li.) und Ian Paice in Mainz. Am Freitag erscheint das neue Deep-Purple-Album. Foto: hbz/Stefan Sämmer
( Foto: hbz/Stefan Sämmer)
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MAINZ - Die Hardrock-Herren wollen es noch mal wissen. Am Freitag erscheint mit „Infinite“ das 20. Studioalbum von Deep Purple. Diese Zeitung traf Schlagzeuger Ian Paice (68) und Bassist Roger Glover (71) beim „Meet-and Greet“ im SWR1-Studio.
Mr. Glover, Mr. Paice, was war die Intention für das neue Album, wohl wissend, dass alle Welt Deep Purple mit Songgiganten wie „Smoke on the Water“ oder „Highway Star“ verbindet?
Paice: Die Art, wie wir Platten machen, hat sich in vierzig Jahren nicht verändert. Jemand kommt mit einem simplen Riff, vier, fünf Noten, einer Tempovorgabe. Ein anderer ruft: Der Akkord mus raus. Ein Musikstück entwickelt sich wie ein evolutionärer Prozess durch die Zusammenarbeit aller. Am Anfang weiß keiner, wie das Endprodukt klingt. Das ist das Mysterium und der Grund, warum alle Stücke des Albums so unterschiedlich sind.
Mr. Glover, als Brite leben Sie in der Schweiz. Was halten Sie vom Austritt ihrer Landsleute aus der EU?
Glover: Wenn man in einer Band spielt, geht man auf Tour. Viele Leute kommen aus ihrem eigenen Land gar nicht heraus. Wer viel reist, bekommt ein tieferes Gefühl für die Welt. Ich fühle mich als Europäer, nicht speziell als Brite. Hätte ich mitgestimmt, hätte ich mich gegen den Brexit entschieden.
TOUR
Deep Purple spielen in der Besetzung Ian Gillan, Roger Glover, Ian Paice, Steve Morse und Don Airey unter anderem in Frankfurt (10. Juni, Festhalle), Köln (6. Juni, Lanxess-Arena) und Stuttgart (14. Juni, Schleyer-Halle).
Deep Purple gelten als Ahnherren des Hardrock und Heavy Metal. Fühlen Sie sich als Dinosaurier, wenn Sie auf der Bühne stehen?
Paice: Rückblickend haben wir bestimmt einige Rock-Nummern gemacht, von denen man sagen könnte, sie enthielten den Embryo von Metal-Music. „Hard Lovin’ Man“, „Flight of the Rat“, solche Sachen. Aber das ist nur ein kleiner Teil von dem, was Deep Purple ausmacht. Unsere Bandbreite umfasst viel mehr als diese zwei Stücke. Die nächste Generation hat den Impetus dieser Stücke aufgegriffen und daraus Metal gemacht. Black Sabbath haben viele solcher Songs, auch Led Zeppelin. Das war zwar ein Teil von uns, aber nicht der ganze Horizont. Heavy Metal hat sein Publikum, den Leuten gefällt das auch. Aber es ist nicht wirklich unser Ding.
Glover: Bei Heavy Metal gibt es bloß zwei Gefühle: Wut und Aggression. Unsere Einflüsse reichen viel tiefer, bis in unsere Jugend, und schließen auch Jazz, klassische Musik, Blues oder Folk ein. Eine weite musikalische Palette. Manche haben den Hardrock für tot erklärt. Aber er wird überleben, weil er eine Fülle von Emotionen ausdrücken kann.
Deep Purple haben in Wacken gespielt. Wie haben Sie das Festival erlebt?
Paice: Festivals sind immer mit Kompromissen verbunden. Es ist nicht deine Show, nicht deine Verstärkeranlage, nicht deine Bühne und auch nicht dein eigenes Publikum. Wacken ist definitiv ein Metal-Festival. Der Grund, weshalb wir dort zwischen all den wilden jungen Bands auftreten ist, dass wir einfach sehr gut sind. Ich denke, das Publikum weiß diesen musikalischen Unterschied zu schätzen. Aber das ist kein Wettbewerb. Wir sind Deep Purple. Die anderen Bands machen eben Heavy Metal.
Das Album „Now What?!“(2013) ist dem 2012 verstorbenen Band-Mitbegründer Jon Lord gewidmet. Was hat sein Tod für Sie bedeutet?
Paice: Jon hat zehn Monate gegen den furchtbaren Bauchspeicheldrüsenkrebs gekämpft. Als ich ihn vor einem Flug nach Amerika zum letzten Mal besucht hatte, erkannte ich in seinen Augen, dass ich ihn nicht mehr wiedersehen würde. Der Wille, weiter auf dem Planeten zu leben, hatte ihn verlassen. Als ich den Anruf von seinem Tod erhielt, war es kein Schock, da war nur große Trauer. Ich ging ins Studio und erzählte es den Leuten dort. Erst Stille. Doch dann dauerte es keine 15 Minuten, bis die erste lustige Geschichte über Jon die Runde machte. Sofort war sein Geist im Studio. Wir hatten unseren Freund zurück in unser Leben gebracht.
Die Band geht nun auf ihre „Long Goodbye Tour“. Wann wird sie enden?
Glover: Am 14. September 2049 (lacht).
Paice: Wir nannten die Tour „The Long Goodbye“, weil wir „The Last“ emotional nicht übers Herz brachten. Wenn es noch zwei Jahre sind, wäre das fantastisch, drei Jahre wären noch besser. Wenn man zwei Jahre tourt, braucht man sowieso eine Pause. Ob man jetzt 20 oder 70 Jahre alt ist. Und dann werden wir uns überlegen, was wir dann machen. Vielleicht noch ein Album. Oder wir sagen, es war großartig, aber jetzt ist Schluss und wir veranstalten Kochkurse...
Welche Songs würden sie beim allerletzten Konzert spielen?
Glover: Alle Led Zeppelin-Songs (lacht). Am besten wäre es aber, wenn wir gar nicht wüssten, dass es das letzte Konzert ist, und wir eine ganz normale Show geben.