Er kommt viel zu spät - und ist schnell wieder weg: Pete Doherty provoziert bei Konzert in Batschkapp in Frankfurt
Von Torben Schröder
Klar, wer zu einem Pete-Doherty-Konzert geht muss wissen, dass er ein Risiko eingeht. Jetzt in Frankfurt hat der Engländer sein eigenes Skandal-Klischee jedoch übererfüllt. Foto: Rudolf Uhrig
( Foto: Rudolf Uhrig)
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FRANKFURT - Es gibt sie noch, die echten Rockstars. Mit allen Risiken und Nebenwirkungen. Es ist 21 Uhr, angekündigte Startzeit für Peter Doherty. Stattdessen: Gitarren-Soundchecks. Die halb gefüllte Frankfurter Batschkapp steht bereit – und wartet.
Klar, der 37-jährige Engländer – bekannt als Frontmann der Bands Babyshambles und The Libertines sowie als Kate Moss’ Lebensabschnittspartner, berüchtigt für seine Drogenexzesse – steht nicht unbedingt für penible Pünktlichkeit.
Um 21.30 Uhr kommt Jack Jones, Dohertys Gitarrist, nuschelt ein paar Verse zu gelangweilten Gitarrenakkorden ins Mikro, rezitiert ein Gedicht. „Wir wollen Pete“, schallt es aus dem Publikum, „das ist Kunst!“ ebenso. Jones war für 20 Uhr als Support angekündigt. Er zückt das Handy, ruft Doherty an. Ein Lebenszeichen, auch wenn man außer „guten Abend“ wenig versteht. Der nächste Song hat irgend etwas mit Alkohol zu tun, dann geht Jones nach rund 30 Minuten ab.
22.10 Uhr. Nach dem Soundcheck derselben Gitarren steht die Bühne leer. 20 Minuten später dudelt wieder Musik vom Band. Eine Strafe für die Werktätigen? Ein Becher fliegt auf die Bühne. Eine Durchsage würde helfen. Info am Merchandising-Stand: Das Auto ist verreckt. Neben Jones war auch Sion Hill für das Vorprogramm da. Andere wären für so viel Zeit dankbar.
22.45 Uhr. Soundcheck Bass. Das ist neu. David Bowie singt „There’s a starman waiting in the sky“, Becher fliegen, Buh-Rufe und „Pete“-Sprechchöre halten sich die Waage. Am Merchandising-Stand wird aus Verzweiflung Wodka gekippt.
23.10 Uhr. Ein Becher trifft einen Verstärker. Ein lauter Knall, Applaus – und neuer Soundcheck. Um 23.20 Uhr ist er da. Die Hälfte des Saals ist leer, mehr Ablehnung als Applaus. Doherty schmeißt den Mikrofonständer ins Publikum, rotzrockt mit „Fuck Forever“ drauflos. Laut Zeitplan ist er nun seit 35 Minuten fertig. So sieht er auch aus. Der Sound: druckvoll, aber schief und übersteuert. Ein Soundcheck hätte geholfen.
Alles Strategie, um für gallige Stimmung zu sorgen?
T-Shirts will fast keiner kaufen, die entgangenen Einnahmen könnte Doherty mit Pfand reinholen. Manche Becher kickt er zurück ins Publikum, mit dem entsprechenden Echo. Alles nur eine Strategie, um für gallige Stimmung zu sorgen? Das klappt jedenfalls. Ein Moshpit bildet sich, nicht ganz typisch für diesen mal melancholischen, mal punkig angehauchten, mal völlig verstrahlten Indie Rock. „Danke schön Stuttgart. Frankfurt“, nuschelt Doherty ins Mikro. Auf düsteres Psycho-Gebrabbel zu Synthie-Klängen folgt eine schrille Lärmeruption. Doherty wankt über die Bühne, wirft eine zerrupfte Rose ins Publikum, die Töne trifft er allenfalls näherungsweise.
0.30 Uhr Abgang mit Verbeugung, es gibt Applaus. Ein Roadie klebt das Mikrofon zusammen, nochmals ein Drittel des Publikums verlässt die Halle. Fünf Minuten später Zugabe. Doherty kommt mit, sagen wir mal, einem Zigarillo zurück und spielt noch einen Song. Einer geht noch, oder zwei, oder drei. So ist er halt.
Um 0.50 Uhr ist alles aus. Neue Fans hat er sicher nicht gewonnen.