Baden im Rhein-Main-Gebiet: Wenn der Spaß zur Gefahr wird
Sonne und steigende Temperaturen locken wieder viele Menschen ins Wasser. Damit häufen sich auch die Schwimmunfälle in Hessen und Rheinland-Pfalz. Wie können sie verhindert werden?
Mainz/Wiesbaden. Die Muskeln krampfen, die Strömung reißt einen mit und niemand in Sicht, der helfen kann. Ein Unfall beim Schwimmen ist schnell geschehen. Vergangenes Jahr gab es laut Deutscher Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) insgesamt 355 Todesfälle in Deutschland – davon 19 in Hessen und zehn in Rheinland-Pfalz. Auch in diesem Jahr gab es bereits einige Badeunfälle.
Besonders oft werden die Rettungskräfte momentan zur Personensuche an den Rhein gerufen, sagt Michael Hohmann, Präsident des hessischen Landesverbands der DLRG. Immer wieder gingen die Menschen in großen Flüssen schwimmen, obwohl dies viel zu gefährlich und eigentlich auch verboten sei.
Warum ist es so gefährlich, in Flüssen und anderen offenen Gewässern zu schwimmen?
Flüsse wie der Rhein oder auch der Main sind sogenannte Bundeswasserstraßen. Sie seien für die Schifffahrt wie Autobahnen, erläutert Hohmann, und somit nicht zum Schwimmen geeignet. Auch aufgrund der teilweise starken Strömung, die einen mitreißen oder hinunterziehen kann.
Hinzukomme, dass viele Stellen, an denen die Leute baden gehen, nicht bewacht seien, sagt der Pressesprecher des rheinland-pfälzischen Landesverbands der DLRG, Marco Vogt. Er rät stark davon ab, in nicht-bewachten Gewässern schwimmen zu gehen. Nicht immer könne jemand von den ehrenamtlichen Rettungskräften der DLRG schnell vor Ort sein. Zu den unbewachten Orten zählten auch einige Seen im Süden des Bundeslandes. Wenn diese nicht bewirtschaftet sind, könne man nicht davon ausgehen, dass sie bewacht werden. Und Seen bergen noch weitere Gefahren.
Was gilt es zu beachten, wenn man in Seen baden möchte?
Gerade zu dieser Zeit, Anfang Juni, seien viele Seen noch nicht warm genug zum Schwimmen, erklärt Hohmann. Der Edersee in Hessen habe momentan gerade mal 15 bis 16 Grad. Auch in Rheinland-Pfalz hielten die Wassertemperaturen noch einige vom Schwimmen in Seen ab, sagt Vogt. Wen es doch schon hinzieht, der sollte Acht geben. Der Grund, laut Hohmann: Das Wasser in Seen ist geschichtet. Ist es an der Wasseroberfläche noch angenehm warm, kann es wenige Meter tiefer plötzlich sehr kalt werden. Der Sprung ins Wasser kann dann dazu führen, dass die Muskeln verkrampfen oder der Kreislauf versagt.
DLRG rettete 2022 so viele Ertrinkende wie lange nicht. Sehen Sie sich jetzt das Video an.
Da das Wasser sich außerdem bewegt, ist es schwieriger, beim Schwimmen voranzukommen. So erschöpft man schneller. Hohmann betont deshalb, dass man als ungeübter Schwimmer erst einmal im Freibad trainieren sollte, bevor man sich in den See wagt. Besonders junge Männer neigten dazu, sich selbst zu überschätzen, höhere Risiken im Wasser einzugehen und dann zu ertrinken, berichtet Vogt. Bei den Älteren versage häufig die Kraft. Gänzlich ungefährlich ist das Schwimmen aber auch in Freibädern oder privaten Pools nicht.
Worauf sollte man auch im Schwimmbad oder in privaten Pools achten?
Egal, ob Privatpool oder Badesee – ertrinken kann man überall. Auch wenn es in Freibädern oder privaten Pools seltener zu tödlichen Badeunfällen kommt, sind diese nicht vollkommen auszuschließen, wie der Fachmann vom hessischen DLRG weiß. Besonders kleine Kinder stürzten leichter als Erwachsene, da ihr Gewicht anders verlagert ist und ihr Kopf sie nach unten zieht. Für Kinder, die noch nicht schwimmen können, reiche dann bereits zehn Zentimeter tiefes Wasser, um zu ertrinken, erläutert Hohmann. Und das oft lautlos. Daher sei es sehr wichtig, immer ein Auge auf die Kleinen, vor allem die Nichtschwimmer, zu haben.
Auch wenn das Kind Schwimmflügel trägt, sollte man sich nicht zu sicher fühlen, denn die könnten beim Sturz oder Sprung ins Wasser sehr leicht verloren gehen. Für Schwimm-Anfänger empfiehlt Vogt einen Schwimmgürtel als Alternative. Grundsätzlich sollte man immer gemeinsam mit seinem Kind ins Wasser gehen, solange es noch kein sicherer Schwimmer ist.
Ab wann kann das Kind ohne Begleitung ins Wasser?
Die Experten sind sich einig: Erst wenn das Kind das Bronze-Abzeichen, früher Freischwimmer genannt, hat, sollte es allein schwimmen gehen dürfen. Ein sogenanntes Seepferdchen, die Vorstufe zum Freischwimmer, reiche nicht aus, sagt Vogt. Er empfiehlt einen Schwimmkurs für die Kleinen.
Allerdings seien diese oft schon sehr früh ausgebucht. Teilweise müsse man zwei Jahre auf einen Platz warten – denn: Zwei ganze Schuljahrgänge konnten laut Hohmann aufgrund der Corona-Pandemie nicht schwimmen lernen. Das muss nun erst einmal aufgeholt werden. Dass immer mehr Schwimmbäder schließen müssen, mache dies nicht einfacher, sagt Vogt.
Dennoch halten beide daran fest: Als Eltern den Kindern das Schwimmen auf eigene Faust beizubringen, ist nicht die beste Lösung. Zwar sollte man sie frühzeitig an das Wasser gewöhnen und ihnen die Angst davor nehmen. Doch gewisse Techniken erlernten die Kinder am besten in einem professionellen Kurs mit Gleichaltrigen.
Was ist zu tun, wenn man Zeuge eines Badeunfalls wird?
Wenn man sieht, wie jemand ertrinkt, sei es laut Hohmann – wie in jedem Notfall – wichtig, durch Rufe auf die Situation aufmerksam zu machen und die Notrufnummer 112 zu wählen. Wenn man ein sicherer Schwimmer ist, kann man auch selbst helfen. Für die helfende Person sei wichtig, dem oder der Ertrinkenden etwas in die Hand zu geben, woran er oder sie sich festhalten kann – beispielsweise einen Ast. Um es gar nicht erst so weit kommen zu lassen, solle man grundsätzlich nie allein schwimmen gehen und immer aufeinander Acht geben. Auf der Webseite der DLRG gibt es noch weitere Baderegeln in verschiedenen Sprachen: www.dlrg.de/informieren/freizeit-im-wasser/baderegeln.