Weiter Rätselraten nach Buttersäure-Attacke in Darmstadt
Bislang gibt es nach dem Angriff auf den Osthang keine Spuren, die zu einem Täterkreis führen. Allgemein wird die Säure als politisches Kampfmittel nicht selten eingesetzt.
Von Andre Heuwinkel
Lokalredakteur Darmstadt
Auf dem Gelände am Osthang der Mathildenhöhe ist nach 2018 zum zweiten Mal Buttersäure verteilt worden.
(Archivfoto: Guido Schiek)
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DARMSTADT - Im Internet wird der Osthang an der Mathildenhöhe als „grüne Oase inmitten der Hochkultur“ gepriesen: Das Welterbe vor der Nase, Kunstausstellungen und musikalische Leckerbissen inklusive. Erneut haben sich aber entlang des Osthangs weniger appetitliche Gerüche nach saurer Milch und Erbrochenem breitgemacht, die zudem gesundheitsgefährdend sind: Unbekannte haben in der Nacht zum Samstag vermutlich Buttersäure versprüht – nicht der erste Fall dieser Art. Wie geht die Polizei damit um?
Wie berichtet, haben Unbekannte in der Nacht von Freitag auf Samstag laut Polizei eine übelriechende Flüssigkeit verteilt, so dass am Samstagmorgen der Bereich am Osthang abgesperrt werden musste. Bei der Substanz soll es sich nach Einschätzung der Feuerwehr um Butansäure gehandelt haben. Sie reizt insbesondere Augen und die Atemwege des Menschen und wird allgemein als äußerst unangenehm wahrgenommen. Das Ergebnis einer Laboruntersuchung steht nach Polizeiangaben noch aus.
2018 Konzertabsage wegen Buttersäure
Einen ähnlichen Vorfall gab es vor fast genau vier Jahren: Am 19. Mai 2018 hatten Unbekannte die Säure ebenfalls am Osthang verteilt, was zur Absage eines Konzerts führte. Der oder die Verursacher konnten damals nicht ermittelt werden, das Verfahren wurde eingestellt. Auch an diesem Wochenende hätten eigentlich Veranstaltungen im Rahmen der „OHA Opens“ stattgefunden. Ein Termin für Samstagabend (14. Mai) wurde abgesagt. Das „OHA-Osthang“-Kollektiv hat mit Bestürzung auf die Buttersäure-Attacke reagiert und von einem „Angriff“ gesprochen. Über Facebook haben die Verantwortlichen am Samstagabend eine spontane Kundgebung initiiert, damit Bürgerinnen und Bürger Stellung beziehen können.
Valide Aussagen darüber, wie häufig genau Angriffe mit Buttersäure stattfinden, kann das Polizeipräsidium Südhessen auf Anfrage nicht treffen. „Eine Recherche in diesem Bereich hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit, da es hierfür keinen Filter in der Statistik gibt“, erläutert Polizeisprecherin Katrin Pipping. Vor dem vergangenen Wochenende wurde letztmalig im August 2018 Butansäure verwendet, die durch ein Fenster der Orangerie geworfen wurde. Ohne näher auf den Zeitraum einzugehen, dürfte damit der Buttersäure-Angriff im Vorfeld einer AfD-Veranstaltung mit Alexander Gauland gemeint sein. Damals hatten Unbekannte die Säure im Veranstaltungssaal verbreitet, auch Kreideschmierereien stellte die Polizei fest.
Als illegales Mittel politisch motivierter Übergriffe ist die Verwendung der Säure nicht unüblich. Im Rahmen einer Grünen-Wahlkampfveranstaltung in Schleswig-Holstein kam es Ende April zu einem Zwischenfall.
Juristisch ordnen die Ermittlungsbehörden den neuerlichen Fall am Osthang als versuchte Körperverletzung ein. Zudem werde laut Pipping auch wegen Sachbeschädigung ermittelt, da die Beseitigung der Säure aufwendige Reinigungsarbeiten erfordert.
Inwiefern sich der Vorfall vom Wochenende mit früheren Vorkommnissen in Verbindung bringen lässt, kann die Polizei bislang nicht sagen. Anfang 2021 geriet eine Holzkonstruktion am Osthang in Brand. Vor wenigen Tagen ereilten diese Zeitung auch Leserzuschriften, die von verbotenen Partys und weiteren Lärmbelästigungen berichteten. Auch gab es Äußerungen des Unverständnisses über Kulturveranstaltungen in dem Gebiet.
Die Kripo ist für Hinweise unter Telefon 06151-9690 erreichbar.
Dieser Artikel wurde ursprünglich am 16.05.2022 um 16:34 Uhr publiziert.