Mit Pogo und Bengalos: Die Broilers auf dem Hessentag

Update Wilhelm Hauff Schule Eberstadt.
© Sascha Lotz

Die Band aus Düsseldorf sorgt mit ihrem wilden Mix aus Punk und Ska für beste Party-Stimmung in Pfungstadt – und schießt gegen die AfD.

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Pfungstadt. Die Ansage vor dem Konzert sorgte für ziemlich viel Gelächter und Gejohle auf dem Festivalgelände: Verboten seien das Zünden von Bengalos und das Tanzen von „Circle Pits“ sowie „Crowdsurfing“, ermahnte eine freundlich klingende Frauenstimme von Band das Publikum. Im Laufe des zweieinhalbstündigen Konzerts der Broilers in der Sparkassen-Arena auf dem Hessentag in Pfungstadt wurde anschließend jedoch gegen alle Verbote verstoßen: Es brannten mindestens vier Bengalische Feuer, die man mit ihrem rötlichen Schein aus Fankurven in Fußballstadien kennt. Es wurden, vor allem im sogenannten „Wellenbrecherbereich“ direkt vor der Bühne, wilde Pogo-Kreis-Tänze getanzt sowie Besucher auf Händen durch die Menge getragen. Was soll man anderes erwarten, wenn eine Punk-Band vor einer Masse aus gut gestimmten Fans spielt?

Die Hessentagsarena – die 7500 Besucher fasst – war mit rund 6500 Fans gut besucht. Die Broilers aus Düsseldorf gehören inzwischen zu den beliebtesten Rock-Bands in Deutschland. Ihre letzten drei Alben erreichten hierzulande Platz eins der Album-Charts. An den Kennzeichen der Autos auf den Parkplätzen vor der Arena konnte man erkennen, welch weiten Wege einige Fans bereit sind zu nehmen, um „ihre“ Band zu sehen: Sie kamen bis aus Stuttgart und Kiel. Viele trugen verwaschene Fan-T-Shirts von früheren Tourneen der vor 29 Jahren gegründeten Combo.

Update Wilhelm Hauff Schule Eberstadt.
Die 6500 Broilers-Fans in der Hessentagsarena feierten ihre Band rund zweieinhalb Stunden lang auf der Bühne.
© Sascha Lotz

Ausgelassene Partystimmung auf dem Gelände in Pfungstadt

Ähnlich wie die ebenfalls aus Düsseldorf stammenden Toten Hosen, mit denen sie freundschaftlich verbunden sind, beherrschen die Broilers die Kunst, die Rotzigkeit des Punks mit eingängigen Melodien zu verbinden und zu großen Mitsing-Hymnen zu veredeln. Sänger Sammy Amara bewies sich an dem Konzertabend in Pfungstadt als großer, geschickter Entertainer. Ihm gelang es zusammen mit seinen spieltechnisch bestens aufgelegten Begleitmusikern jedem der rund 6500 Zuschauer das Gefühl zu geben, er beziehe sie mit in ihre Show ein. „Die Leute vor und neben mir, das ist meine Familie“, rief er in die Menge und kündigte so den Song „Meine Familie“ an, was die Fans mit überschwänglichem Jubel quittierten.

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Schnell machte sich eine ausgelassene Partylaune auf dem Gelände breit. Die Band genoss sichtlich ihren ersten Open-Air-Auftritt der Saison. Längst vergessen, dass noch am späten Nachmittag ein heftiger Hagel- und Gewitterschauer über Südhessen niedergegangen war. Sobald die Vorband „Kopfecho“ die Besucher schon mal ordentlich mit ebenfalls Punk-Rock made in Düsseldorf anheizte, zeigte sich bereits wieder die Sonne. Selbst als zwischenzeitlich der Regen zurückkehrte, tat dies der guten Stimmung unter den Fans keinen Abbruch.

Mix aus Oi-Punk, Rock, Reggae, Ska und Rockabilly

Die Broilers begannen bereits hinter dem geschlossenen Vorhang. Und sobald dieser fiel, brannten sie ein Feuerwerk aus ihren beliebtesten Songs ab – und gegen Ende selbst ein paar Bengalos auf der Bühne. Die Fans sangen lauthals Favoriten mit wie „Meine Sache“, „Tanzt du noch einmal mit mir?“ und „Ist da jemand?“. In den klassischen Oi-Punk, mit dem die Broilers vor gut drei Jahrzehnten begannen, mischen sich längst auch Elemente von Rock, Reggae und Rockabilly. Bei einigen Songs, in die sich Elemente der schnelleren Reggae-Variante Ska mischten, begleitete sie ein Bläser-Trio, das Jamaika-Sonnen-Feeling ins verregnete Pfungstadt brachte. Schon zu den Anfängen des Punks ließen sich britische Bands immer wieder gerne von der Musik der Einwanderer aus der Karibik inspirieren – etwa The Clash und The Specials, zwei der großen Broilers-Vorbilder.

Die Düsseldorfer können jedoch nicht nur Party: Mit „Ihr da oben“ stimmten sie einen traurigen Song über längst Verstorbene an – mit Blick auf die sich am Pfungstädter Abendhimmel bereits orange und rosa verfärbenden Wolken. Und mit „Alice und Sarah“ einen wütenden Protestsong gegen die AfD der im Titel nicht zufällig die Vornamen der Politikerin Alice Weidel und ihrer Ehefrau Sarah Bossard trägt. Die AfD hat einige hundert Meter entfernt, wie jede im Hessischen Landtag vertretene Fraktion, einen Stand auf dem Hessentagsgelände.

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Irgendwann geht jede Party einmal zu Ende. In Pfungstadt war das – nach zwei Zugabeblöcken – gegen 23 Uhr der Fall. Amara rief in die begeisterte Menge: „Wenn Pfungstadt die Broilers noch einmal einlädt – wir kommen gerne wieder!“