Ab Mitternacht wird wegen der Ausbreitung des Coronavirus nur noch der Verkauf von Speisen für das tägliche Leben möglich sein. Mehr als fünf Personen dürfen sich nicht...
MAINZ. In Eiscafés zusammensitzende Menschen oder fröhlich feiernde junge Leute an den Ufern von Rhein und Mosel – Szenen wie diese soll es ab sofort nicht mehr geben. Denn die sind beim Bemühen, die Ausbreitung des Coronavirus zu bremsen, „absolut kontraproduktiv“, wie Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) am Freitag feststellte. Um die Unvernünftigen im Land zu disziplinieren und die drohende Ausgangssperre doch noch abzuwenden, hat die Landesregierung eine ganze Reihe von Beschlüssen gefasst. Am Freitagabend erläuterte sie die Maßnahme auch in einer Fernsehansprache im SWR. Eine davon: Öffentliche Versammlungen von mehr als fünf Personen sind ab Samstag verboten. Wer dieses Verbot ignoriert, muss mit einem Bußgeld rechnen. Denn die Einhaltung der Entscheidung des Ministerrats wird von Ordnungsämtern und Polizei kontrolliert.
Ebenfalls ab Samstag müssen alle Restaurants und Cafés schließen. Lediglich der Straßenverkauf, das Abholen von Speisen im Lokal und der Lieferservice sind auch weiterhin möglich.
„Ich weiß, dass das harte Einschnitte sind, aber ich weiß auch, dass Bürger, die sich an die bereits beschlossenen Empfehlungen gehalten haben, nicht länger bereit sind, zu akzeptieren, dass andere dies nicht tun“, stellte Malu Dreyer mit Blick auf die Menschenansammlungen im öffentlichen Raum fest. Familienbesuche seien zwar weiterhin möglich, aber die Ministerpräsidentin rät, diese auf das Nötigste zu beschränken, da auch hier Ansteckungsgefahr bestehe.
Dreyer: „Wochenende wird entscheidend“
Einschnitte wird es indes auch im Grenzverkehr zur französischen Nachbarregion Grand Est geben. 4300 Pendler aus Elsass und Lothringen passieren täglich die Grenze, um zu ihrer Arbeitsstätte in Rheinland-Pfalz zu kommen. Das sollen sie auch weiterhin dürfen. Aber: „Wir können nicht länger akzeptieren, dass Berufspendler ihren Aufenthalt nutzen, um hier auch einkaufen zu gehen“, sagte Dreyer. Die Fahrt zum Arbeitsort und nachhause bleiben unangetastet, Zwischenstopps sind verboten.
Die Ministerpräsidentin unterstrich den Ernst der Lage: „Corona hält uns in Atem wie keine Krise zuvor.“ Ohne das Wort Ausgangssperre in den Mund zu nehmen, kündigte Malu Dreyer an: „Das kommende Wochenende wird entscheidend.“ Am Sonntag wird im Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) entschieden, ob die nun gefassten Beschlüsse ausreichen.
Coronavirus: Die Lage in Hessen und Rheinland-Pfalz
Umfangreiche finanzielle Hilfen für die Unternehmen im Land kündigte Wirtschaftsminister Volker Wissing (FDP) an. Davon profitieren sollen auch kleine Betriebe und Selbstständige über ein spezielles Zuschussprogramm. Das soll schnell umgesetzt werden. Mit den Banken seien die Details besprochen worden. Wissing rät den Unternehmen, sich an ihre Hausbanken zu wenden, um möglichst rasch in den Genuss der Liquiditätsprogramme zu kommen. „Wir wollen dafür sorgen, dass allen Unternehmen ein Angebot gemacht werden kann.“
Während die Politik sich um Lösungen zur Bewältigung der Coronakrise bemüht, reift auf den Feldern der Spargel. Was fehlt, sind Erntehelfer. Rund 40.000 Helfer, vor allem Osteuropäer, sind hier in Rheinland-Pfalz jährlich im Einsatz. Bislang stehen den Bauern laut Wissing weniger als die Hälfte zur Verfügung, weshalb sich der Minister bei der Bundesregierung für eine Ausnahmeregelung stark machen will, damit Erntehelfer weiter einreisen können. Bei den Bauernverbänden und im Ministerium haben sich auch viele Deutsche gemeldet, die der Ernte helfen wollen. Das Landwirtschaftsministerium richtet auf seiner Homepage eine Plattform ein, um Arbeitskräfte an die Landwirtschaft zu vermitteln.
Ernährungsministerin Ulrike Höfken (Grüne) blickte auf die Bestimmungen für den Einzelhandel. Die reichen von Plexiglasschutz an den Kassen und dem Einhalten von Abständen bis zum regelmäßigen Desinfizieren von Kühlregalen und Einkaufswagen. Bei offenen Lebensmitteln wie Obst sollen Einmalhandschuhe bereitgestellt werden.
Von Thomas Ehlke