Die politischen Spitzen von Bündnis 90/Die Grünen in Rheinland-Pfalz halten beim Landesparteitag gemeinsam mit dem Vorsitzenden der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Anton Hofreiter (Mitte), ein Plakat mit dem Motto „Artenvielfalt schätzen & schützen“. Foto: dpa
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IDAR-OBERSTEIN - Die rheinland-pfälzischen Grünen sind sich einig – zumindest so lange sie Strittiges ausklammern. Das hat ihr Parteitag in Idar-Oberstein gezeigt. Zur Debattenkultur gab es dort allerdings auch eine bemerkenswert andere Stimme.
Bundesweit haben sich die Grünen den Aufbruch vorgenommen. Ihr neuer Parteivorstand will ein neues Grundsatzprogramm entwickeln. „Im sozialen Bereich kommt auf uns Grüne eine große Aufgabe zu“, sagt denn auch Gastredner Anton Hofreiter in der Idar-Obersteiner Messehalle. Hofreiter ist einer der beiden Vorsitzenden der Bundestagsfraktion. Über Hartz IV sei die Zeit hinweggegangen, mahnt Hofreiter und fordert eine „solidarische Grundsicherung“.
Wie die genau funktioniert? Sie soll laut Hofreiter so gestaltet sein, „dass niemand sich Sorgen machen muss“. Konkreter wird er nicht. „Solidarische Grundsicherung“ klingt wie eine abgewandelte Version des „bedingungslosen Grundeinkommen“.
DREI KERNFORDERUNGEN
Eine „eigenständige Jugendpolitik“ haben die Grünen auf ihrem Parteitag in Idar-Oberstein gefordert. Den Antrag gestellt hatten der Landesvorstand, die Grüne Jugend sowie Vertreter der Landtagsfraktion. Die drei Kernforderungen lauten: Die Jugendlichen „zur Teilhabe in der Gesellschaft“ zu befähigen. „Autonome Gestaltungsspielräume“ zu gewährleisten. Und Jugendliche mitbestimmen zu lassen bei „gesellschaftlichen Gestaltungs- und Entscheidungsprozessen“.
Dessen Idee ist es, dass der Staat ausnahmslos jedem Bürger pauschal so viel zahlt, dass es zum Leben reicht. Was er dann noch dazu verdient, kann er behalten, nachdem es versteuert wurde. Das „bedingungslose Grundeinkommen“ ist allerdings auch von den Grünen schon mehrfach abgelehnt worden. Sodass jetzt mit der „solidarischen Grundsicherung“ ein neues Schlagwort etabliert wird. Und so lange – wie in der Rede Hofreiters – nicht näher bestimmt wird, was das ist, kann auch nur schlecht darüber gestritten werden. Wer hat schon an „solidarisch“ oder „Grundsicherung“ was auszusetzen.
Es könnten Reden wie diese sein, die Katharina Binz zu ihrem Debattenbeitrag motiviert haben. Die Mainzer Landtagsabgeordnete beklagt, dass die Partei ganze Wählergruppen nicht erreiche, obwohl diese ihnen inhaltlich nahe stehen würden. Als Beispiel nennt sie die „Generation Erasmus“. Also Akademiker, die dank staatlichen Zuschüssen Teile ihres Studiums im Ausland absolvieren konnten. Doch es sei eben die grüne Debattenkultur, die diesen jungen Menschen die Grünen verleiden würde. Diese Wissenschaftler störe es, vermutet Binz, dass sie wahrnähmen, wie skeptisch die Partei wissenschaftlichem Fortschritt gegenüber stehe. Und es würde dieser Generation missfallen, dass sich die Grünen offenen Debatten verweigerten. In zu vielen Fragen ließe sich die Partei von vorgegebenen politischen Lösungen leiten, statt auch wissenschaftliche Erkenntnisse einfließen zu lassen.
Das Hauptthema des Parteitags war denn auch der Erhalt der Artenvielfalt: Aktualisiert werden sollen rote Listen, in denen vom Aussterben bedrohte Arten aufgeführt werden. Für den Naturschutz wichtige Flächen sollen in Karteien vermerkt werden. Magerwiesen entwickelt werden. Ein Moorkataster aufgebaut werden. Und es soll über den Artenschutz aufgeklärt und für ihn geworben werden.
Alles keine Forderungen, die bei Grünen zu Streit führen. Als es um einen Ergänzungsantrag geht, verneint ein Redner das von politischen Gegnern aufgeführte Argument, dass Windräder manchen Vögeln den Tod brächten. Ein anderer Redner sagt, das Problem gebe es schon. Aber über Windkraft gestritten wird in Idar-Oberstein nicht.
„Wir haben ein wunderschönes Banner“
Lieber wird Einigkeit zur Artenvielfalt gezeigt. „Wir haben ein wunderschönes Banner – mit diesem wollen wir jetzt ein Bildzeichen setzen“, sagt Parteitagsleiterin Pia Schellhammer. Und dann versammeln sich alle Wichtigen hinter einem Slogan, der auf ein Paar Meter Kunststoff passt. Bilder werden geschossen und auf Facebook eingestellt.
An anderer Stelle des Parteitags mahnen Redner vor der Datenkrake Facebook. Aber streiten müssen die Grünen darüber nicht. Gegen ein amerikanisches Unternehmen zu sein, fällt ihnen nicht all zu schwer. Und etwas zu unternehmen, das solle endlich mal die Bundesregierung tun.