Am Donnerstag ist es zwei Monate her, dass ein Tankstellen-Kassierer erschossen wurde. Die Ermittlungen sind inzwischen auf der Zielgeraden. Ein Überblick über die Ereignisse.
IDAR-OBERSTEIN. Der tödliche Schuss auf einen Idar-Obersteiner Tankstellen-Mitarbeiter im Zusammenhang mit einem Streit um die Maskenpflicht sorgt bundesweit für Bestürzung und Entsetzen. Derweil befördern die Ermittlungen neue Erkenntnisse zu Tage. Alles Wissenswerte im Überblick.
16. November: Anklage nach Tankstellen-Mord noch dieses Jahr
Im Fall des vor zwei Monaten erschossenen Tankstellen-Kassierers in Idar-Oberstein will die Staatsanwaltschaft Bad Kreuznach noch vor Jahresende Anklage erheben. Man sei zuversichtlich, dass die Ermittlungen bis dahin abgeschlossen sein könnten, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Gerd Deutschler in Bad Kreuznach der Deutschen Presse-Agentur.
Am 18. September war ein Schüler (20), der als Aushilfe in der Tankstelle jobbte, von einem Kunden mit einem Kopfschuss getötet worden. Zuvor hatte er ihn mehrfach auf die coronabedingte Maskenpflicht hingewiesen, da der Kunde ohne Maske Bier kaufen wollte.
Als mutmaßlicher Täter sitzt ein 49-Jähriger wegen Mordverdachts in Untersuchungshaft. Nach seiner Festnahme sagte der Mann, dass er die Corona-Maßnahmen ablehne und ihm die Pandemie zugesetzt habe. Die Tat löste bundesweit Entsetzen und Anteilnahme aus. Der zuvor nicht polizeibekannte Deutsche hatte den Todesschuss gestanden.
Bei der bisherigen Auswertung der sichergestellten Datenträger des Beschuldigten habe sich gezeigt, "dass er der Mehrheitsgesellschaft und dem Staat ablehnend distanziert gegenüber" gestanden habe, sagte Deutschler. Und dies gelte nicht nur für das Thema Corona. Der 49-Jährige habe gesagt, er informiere sich "nicht in etablierten, sondern nur in den freien Medien" - und habe damit unter anderem Gruppen des Messengers Telegram gemeint.
Mit den Theorien der Corona-Leugner habe sich der Beschuldigte "relativ verstärkt befasst". Er sei aber nicht in einer Gruppe oder Organisation aktiv gewesen, sagte der Oberstaatsanwalt. "Das war eher passiv." Auch als Demonstrationsteilnehmer sei er nie in Erscheinung getreten. "Er war völlig unauffällig." Zudem habe er "relativ zurückgezogen" gelebt: "Er war zwar in einer Beziehung, hat aber selbst größere Außenkontakte nur wenige gepflegt."
Die Auswertung der elektronischen Medien dauere an, sagte Deutschler. "Da ist relativ viel." Das liege auch daran, dass der 49-Jährige selbstständiger freiberuflicher Softwareentwickler war - und daher über viele Speichermedien, Festplatten und gemieteten "Webspace bei Dritten" verfüge. Viele Inhalte seien beruflicher Art, man müsse aber alles auswerten.
Insgesamt haben die Ermittler laut Deutschler rund 20 Zeugen vernommen. Darunter seien auch drei Augenzeugen gewesen, die bei der Tat vor Ort in der Tankstelle waren. Ein Mann sei ein Kollege des Getöteten gewesen, hinzu kamen zwei junge Frauen. Wann der Prozess gegen den 49-Jährige in 2022 vor dem Landgericht Bad Kreuznach beginnen wird, sei noch offen.
4. November: Ermittlungen dauern an
Eine Anklageerhebung nach dem tödlichen Angriff auf einen Tankstellen-Kassierer in Idar-Oberstein ist noch nicht in Sicht. Die Auswertung des "in erheblichem Umfang" sichergestellten Datenvolumens bei dem Täter werde voraussichtlich noch einige Zeit in Anspruch nehmen, sagte der rheinland-pfälzische Justizminister Herbert Mertin (FDP) am Donnerstag im Rechtsausschuss des Landtags. Der Beschuldigte sitzt seit 20. September wegen Mordverdachts in Untersuchungshaft.
Der zuvor nicht polizeibekannte Deutsche habe die Tat sowohl bei seiner polizeilichen Vernehmung als auch vor dem Haftrichter gestanden, sagte Mertin. Dies sei auch audiovisuell festgehalten worden. Derzeit mache er von seinem Schweigerecht Gebrauch. Sein Motiv sei noch nicht eindeutig geklärt.
Das psychiatrische Gutachten über den 49-Jährigen liege noch nicht vor, sagte Mertin. Zeugen würden auch noch vernommen, vor allem aus dem Umfeld des Todesschützen, und die kriminaltechnischen Untersuchungen seien noch nicht abgeschlossen.
Der Mann hatte einen Studenten, der in einer Tankstelle an der Kasse als Aushilfe jobbte, im Streit um das Tragen einer Corona-Maske erschossen. Der 20-Jährige hatte den Kunden mehrfach auf die Maskenpflicht hingewiesen. Nach seiner Festnahme sagte der Täter, dass er die Corona-Maßnahmen ablehne und ihm die Pandemie zugesetzt habe.
DONNERSTAG, 7. Oktober
"Hass bringt uns nicht weiter": Emotionaler Abschied bei Gedenkfeier
Knapp drei Wochen nach dem tödlichen Schuss auf einen 20-Jährigen in einer Tankstelle in Idar-Oberstein hat die Mutter in ergreifenden Worten an ihren Sohn erinnert. "Mein Engel, ich werde dich immer lieben und dein Name wird nie in Vergessenheit geraten", sagte sie am Donnerstag bei einer öffentlichen Trauerfeier in Idar-Oberstein. "Sein Name war Alex und wir sind stolz auf ihn". Der Schüler (20), der als Aushilfe in der Tankstelle jobbte, war am 18. September von einem Kunden erschossen worden, nachdem er ihn mehrfach auf die coronabedingte Maskenpflicht aufmerksam gemacht hatte.
Rund 400 Menschen waren zum "Gedenken an Alex" gekommen, darunter Angehörige der Familie und viele Freunde. Schweigend und meist in Schwarz gekleidet saßen sie schon eine ganze Weile vor Beginn der Gedenkfeier in dem Saal. Vor einer Bühne, die mit weißen und roten Rosen geschmückt war. Und auf der - umrahmt von Kerzen - ein großes Bild von Alex stand. Wie er früher lachte.
Immer wieder kämpfte die Mutter mit den Tränen. Ihr Sohn sei "sehr viel mehr" gewesen als der Junge, der an der Tankstelle starb. "Alex war ein lebenslustiger, hilfsbereiter, intelligenter, charmanter, charismatischer sowie chaotischer und verrückter, aber vor allem ein liebevoller und lustiger junger Mann", sagte sie.
Er hätte nie gewollt, dass alle wegen ihm traurig seien, sagte sie weiter. "Es wäre auch nicht in seinem Sinne gewesen, dass unschuldige Menschen angefeindet werden." Wie zum Beispiel die Familie des Täters. "Denn auch sie sind nur Opfer. Diese Menschen haben nicht den Abzug gedrückt. Hass bringt uns nicht weiter im Leben. Hass verbittert nur. Die Liebe ist so viel mehr wert."
Gedenkfeier für erschossenen Tankstellen-Kassierer
Idar-Oberstein trauert: Für den Tankstellen-Kassierer, der im Streit um das Tragen einer Corona-Maske von einem Kunden erschossen wurde, gibt es am Donnerstag (17 Uhr) eine öffentliche Gedenkfeier. Angehörige und Freunde wollen von dem 20-Jährigen Abschied nehmen, der am 18. September getötet wurde, wie die Stadt mitteilte. Die Gedenkfeier der Freunde und Familie des Opfers werde von der Stadt unterstützt. Rund 400 Teilnehmer haben sich laut Stadt zum "Gedenken an Alex" in der Messe in Idar-Oberstein angemeldet.
Der junge Student, der in der Tankstelle als Aushilfe arbeitete, war von einem Kunden mit einem Schuss in den Kopf getötet worden. Zuvor hatte er diesen mehrfach auf die Maskenpflicht hingewiesen, da der Mann ohne Maske Bier kaufen wollte. Nach seiner Festnahme sagte der Täter, dass er die Corona-Maßnahmen ablehne. Der 49-jährige Deutsche sitzt wegen Mordverdachts in Untersuchungshaft. Die Tat löste bundesweit großes Entsetzen und Anteilnahme aus.
Bei der Gedenkfeier werden nach Angaben der Stadt unter anderem Oberbürgermeister Frank Frühauf (CDU) und Angehörige das Wort ergreifen. Für die rheinland-pfälzische Landesregierung nimmt Innenminister Roger Lewentz (SPD) teil. Für die Bundesregierung sei Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) vor Ort, bestätigte eine Sprecherin des Ministeriums in Berlin.
Die Veranstaltung wird von der Messe Idar-Oberstein live im Internet gestreamt. Dort soll es auch ein virtuelles Kondolenzbuch geben. Die Beisetzung ist zu einem späteren Zeitpunkt im engsten Familienkreis geplant. Die Ermittlungen dauern an.
Ausschuss befasst sich mit Todesschüssen von Idar-Oberstein
Mitte September ist ein 20-jähriger Tankstellenkassierer in Idar-Oberstein niedergeschossen worden. Nun befasst sich die rheinland-pfälzische Landespolitik mit dem Fall. Mehr dazu lesen Sie HIER.
MITTWOCH, 29. September
Familie kündigt öffentliche Gedenkfeier an
Die Familie des Opfers hat in einer Traueranzeige eine öffentliche Gedenkfeier angekündigt. Nach Informationen der Bild-Zeitung soll sie am Donnerstag, 7. Oktober, in der Messe Idar-Oberstein stattfinden. Die Beisetzung erfolgt zu einem späteren Zeitpunkt im engsten Familienkreis.
SONNTAG, 26. SEPTEMBER
Seehofer warnt vor Radikalisierung des Querdenker-Milieus
Nach dem Mord an einem Studenten in Idar-Oberstein hat Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) vor einer Radikalisierung der Querdenker-Bewegung in Deutschland gewarnt. "Die politisch motivierte Gewalt in Deutschland durch Querdenker ist gefährlich für unser Land", sagte Seehofer der "Bild am Sonntag". Die Gruppe der Querdenker werde zwar immer kleiner, aber leider auch immer radikaler und brutaler. "Sie können unser Land zersetzen, wenn der Rechtsstaat sie nicht mit allen Mitteln bekämpft."
Kriminologin zu Idar-Oberstein: "Als Gesellschaft sensibler werden"
Der tödliche Angriff auf einen Tankstellen-Kassierer in Idar-Oberstein ist nach Einschätzung der Kriminologin Britta Bannenberg keine überraschende Tat. "Wir haben seit Jahren einen Anstieg von Aggressionspotenzial, von Extremismen und Gewaltbereitschaft", sagte die Professorin von der Universität Gießen der Deutschen Presse-Agentur. Dies habe sich zunächst in der Gewaltbereitschaft gegenüber Amtsträgern aller Art wie Polizisten, Einsatzkräften, Mitarbeitern von Jobcentern und Bürgermeistern geäußert.
"Das Klima ist insgesamt rauer geworden und das spüren viele", sagte Bannenberg, die seit Jahren auch zur Kriminalprävention forscht. "Es ist ein Groll gegen die Gesellschaft spürbar, und an den Corona-Maßnahmen entzündet sich vieles. Aber sie sind nicht die Ursache." Sich jetzt nur auf Corona-Leugner zu fokussieren, sei zu einseitig. "Es ist breiter."
Sachlichkeit und eine konsequente Strafverfolgung seien wichtig, sagte Bannenberg. Das gelte auch für die Äußerungen im Internet, in denen Taten wie die von Idar-Oberstein gelobt oder zur Nachahmung aufgerufen werde. Das Strafgesetzbuch sehe dafür die Möglichkeit der Strafverfolgung vor. "Da reicht oft schon die Einleitung eines Strafverfahrens, mit der die Schreihälse nicht gerechnet haben, auch wenn dieses gegen eine Geldbuße wieder eingestellt wird", sagte Bannenberg. Es sei auch gut, dass die Polizei durchgreife, "bei denen, die als Nachahmer auf der Welle reiten".
Aber auch die Bürger selbst hätten eine gewisse Verantwortung: "Wie kommt die Information, dass ein Mensch bedrohlich ist oder sich so äußert, zur Polizei?", fragte die Rechtswissenschaftlerin. "In der Bevölkerung ist viel mehr Wissen vorhanden, wer wirklich schräg wird", berichtete sie aus ihrer Erfahrung und Gesprächen mit beunruhigten Menschen im Beratungsnetzwerk "Amok-Prävention".
Dies habe nichts mit Denunziantentum zu tun. Wenn man mit solchen besorgten Menschen spreche, könne man auch Konzepte überlegen. Seit 2016 habe es keine Amoktat eines jungen Täters mehr in Deutschland gegeben. "Aber mehr Taten durch Erwachsene."
FREITAG, 24. SEPTEMBER
Ermittlungen kommen voran
Die Ermittlungen nach dem tödlichen Angriff auf einen Tankstellen-Kassierer in Idar-Oberstein kommen voran. Bei der Auswertung der persönlichen Datenträger des Täters würden die Ermittler "ständig neue Erkenntnisse" gewinnen, sagte Oberstaatsanwalt Kai Fuhrmann am Freitag der Deutschen Presse-Agentur in Bad Kreuznach. "Wir schreiten voran, aber es ist mühsam, weil das wirklich sehr viele Daten sind." Und: "Wir kommen auch in der Sache voran." Details konnte er nicht nennen. Ein abschließendes Ergebnis sei noch nicht möglich. "Das dauert noch", sagte er.
Bei den Waffen, die der 49 Jahre alte Todesschütze nicht legal besessen hat, gebe es "natürlich Hinweise" auf deren Herkunft. Sie seien aber noch nicht zu veröffentlichen. "Wir müssen erst zu einem abschließenden Ergebnis kommen", sagte Fuhrmann.
Am vergangenen Samstag war in Idar-Oberstein ein 20 Jahre alter Kassierer an einer Tankstelle von einem 49-Jährigen erschossen worden. Das Opfer hatte den Täter zuvor auf die Maskenpflicht hingewiesen. Nach seiner Festnahme sagte der Täter den Ermittlern zufolge, dass er die Corona-Maßnahmen ablehne. Der zuvor nicht polizeibekannte Mann sitzt wegen Mordverdachts in Untersuchungshaft.
Beileidsbekundungen aus ganz Deutschland erreichen Idar-Oberstein
Nach dem Mord an einer Tankstelle in Idar-Oberstein gehen bei der Stadt viele Beileidsbekundungen aus ganz Deutschland ein. "Ich kann sehr gut verstehen, dass diese unfassbare, brutale Tat eine so große Betroffenheit auslöst", sagte Oberbürgermeister Frank Frühauf (CDU) am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. "Vor allem die Tatsache, aus welchem nichtigen Grund ein junger Mann sein Leben verloren hat, wühlt die Menschen auf."
Manche Verfasser würden die Stadt bitten, ihre Beileidsschreiben an die Familie des Opfers weiterzuleiten. "Das werden wir natürlich auch zu gegebener Zeit tun", sagte der Sprecher der Stadt. Es handele sich vor allem um Privatpersonen, die ihr Mitgefühl ausdrücken wollten.
DONNERSTAG, 23. SEPTEMBER
Polizei betont "keine Toleranz bei Nachahmungstaten"
Nach dem tödlichen Schuss auf einen Kassierer in einer Tankstelle in Idar-Oberstein hat die Polizei in Rheinland-Pfalz betont, "keine Toleranz bei Nachahmungstaten" walten zu lassen. Wie die Polizei in Trier am Donnerstag mitteilte, hatte ein Mann in Schweich - rund 50 Kilometer westlich von Idar-Oberstein - am Mittwoch eine Angestellte eines Supermarktes bedroht. Nachdem die Kassiererin den Mann auf das korrekte Tragen der Mund-Nasen-Maske hingewiesen habe, habe dieser gesagt, er könne sie auch erschießen und habe den Markt verlassen.
Die Polizei ermittelte als Verdächtigen einen 56-Jährigen aus Trier. Das Amtsgericht der Stadt erließ einen Durchsuchungsbeschluss für die Wohnräume des Beschuldigten. "Zum einen wird wegen Bedrohung ermittelt, und auch Ankündigung von Straftaten steht im Raum", sagte ein Polizeisprecher.
"Wir gehen mit aller Entschiedenheit gegen solche Bedrohungen und Ankündigungen von Nachahmungstaten des schrecklichen Tötungsdeliktes in Idar-Oberstein vor", betonte der Trierer Polizeipräsident Friedel Durben. "Solche Straftaten verunsichern die Bevölkerung und sind nicht zu tolerieren." Die Polizeipräsenz in Idar-Oberstein bleibe erhöht.
Für Tankstellen-Mord gab es Augenzeugen
Der tödliche Schuss in einer Tankstelle in Idar-Oberstein ist von Augenzeugen beobachtet worden. Das teilte die Staatsanwaltschaft in Bad Kreuznach am Donnerstag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. Die Ermittlungen zu der Tat vom Samstagabend dauern an. Zuvor hatte der SWR über die Tatzeugen berichtet.
Einem 49-jährigen Deutschen wird vorgeworfen, dem 20 Jahre alten Kassierer in der Tankstelle in den Kopf geschossen zu haben. Der junge Mann hatte ihn zuvor auf die Maskenpflicht hingewiesen. Nach seiner Festnahme sagte der Täter den Ermittlern zufolge, dass er die Corona-Maßnahmen ablehne. Der zuvor nicht polizeibekannte Deutsche sitzt wegen Mordverdachts in Untersuchungshaft. Die Tat löste bundesweit großes Entsetzen und Anteilnahme aus.
Innenpolitiker: AfD trägt Mitschuld an Radikalisierung
Nach dem Mord an einem 20-jährigen Tankstellen-Mitarbeiter in Idar-Oberstein geben Innenpolitikerinnen und -politiker mehrerer Parteien der AfD eine Mitverantwortung für die Radikalisierung der sogenannten "Querdenker"-Szene. Die AfD sei "der oberste Agent der politischen Radikalisierung in Deutschland", sagte der innenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Konstantin Kuhle, dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland" (Donnerstag). Auch die innenpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Ute Vogt, und ihr Kollege der Unionsfraktion, Mathias Middelberg, erhoben Vorwürfe gegen die AfD.
Kuhle sagte, schon der Mörder des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke habe für die AfD Plakate aufgehängt und der Partei Geld gespendet. Der Täter aus Idar-Oberstein habe die AfD in sozialen Medien unterstützt. "Indem Rechtsextremisten während der Corona-Pandemie ihre wirren Diktatur-Vorwürfe verbreiteten, tragen sie eine Mitverantwortung für die Radikalisierung bestimmter Bevölkerungsgruppen, zu denen auch der Täter aus Idar-Oberstein gehört", betonte er.
Vogt sagte den Zeitungen, die AfD habe seit ihrem Einzug in den Bundestag erheblich dazu beigetragen, dass Hass und Hetze auf den Straßen und in sozialen Medien enorm angestiegen seien. Die Partei habe schnell das Potenzial erkannt und die "Querdenker"-Szene für sich genutzt. Middelberg erklärte, die Gründe für die "entsetzliche Tat" von Idar-Oberstein allein bei der AfD zu suchen, sei zu einfach. Aber die Partei trage natürlich "mit ihren gezielten Provokationen zu einer immer stärkeren Polarisierung unserer Gesellschaft bei". Das führe auch zu sinkenden Hemmschwellen.
Es müsse jetzt genau untersucht werden, was den Täter zu der Tat getrieben habe, sagte Middelberg. Sollten sich Verbindungen zur "Querdenker"-Szene ergeben, müsse gegebenenfalls die Beobachtung der Bewegung verschärft werden. Jedem müsse klar sein: "Dem Kern der sogenannten Querdenker geht es längst nicht mehr um die Corona-Maßnahmen, sondern um die Bekämpfung unseres demokratischen Rechtsstaats. Damit wird eine rote Linie deutlich überschritten", sagte er.
In Idar-Oberstein war am Wochenende ein 20-jähriger Tankstellen-Mitarbeiter mutmaßlich von einem Maskenverweigerer mit einem Revolver getötet worden. Der 49 Jahre alte mutmaßliche Täter wollte ohne den in der Pandemie vorgeschriebenen Mund-Nasen-Schutz Bier kaufen. Darüber gab es laut Polizei zwischen dem Kunden und dem späteren Opfer "eine kurze Diskussion". Demnach verließ der 49-Jährige die Tankstelle, kam aber etwa eineinhalb Stunden später zurück und erschoss den 20-jährigen Studenten. In seiner Vernehmung gab er laut Polizei an, er lehne die Anti-Corona-Maßnahmen ab. Die Tat löste bundesweit Entsetzen aus.
MITTWOCH, 22. SEPTEMBER
17.30 Uhr: Täter von Idar-Oberstein auf Twitter: "Gnade wäre Unrecht"
Mario N. hat einen Tankstellenkassierer erschossen, um ein „Zeichen zu setzen“. Posts in den sozialen Medien belegen seine Gesinnung und seine Radikalisierung - schon vor Corona. Mehr dazu lesen Sie hier.
17.10 Uhr: Idar-Oberstein, die Politik und die „roten Linien“
Viele tun sich schwer, für das unfassbare Verbrechen die richtigen Worte zu finden. Ein Wahlkampfvideo von Armin Laschet wird vor dem Hintergrund der Tat plötzlich zum Streitthema. Mehr dazu lesen Sie hier.
16.40 Uhr: Medienbericht: Zeugen haben Tat beobachtet
Wie der SWR auf Verweis auf die Staatsanwaltschaft berichtet, sollen Zeugen gesehen haben, wie der Tankstellen-Mitarbeiter niedergeschossen wurde. Darüber hinaus soll der Schütze weder für die Tatwaffe - einen großkablibrigen Revolver der Marke Smith & Wesson - noch für die anderen in seiner Wohnung gefundenen Waffen eine Erlaubnis besitzen.
15.05 Uhr: Bundesregierung entsetzt über Tat von Idar-Oberstein
Nach dem Tod eines 20-Jährigen, der mutmaßlich von einem Maskenverweigerer erschossen wurde, äußern Spitzenpolitiker Entsetzen und fordern zu einer verbalen Abrüstung im Streit um Corona-Maßnahmen auf. Die stellvertretende Sprecherin der Bundesregierung, Ulrike Demmer, sagte am Mittwoch in Berlin, "die Enthemmung von Gewalt macht sprachlos". "Es war ein kaltblütiger Mord", erklärte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und sprach sein Beileid für Angehörige und Freunde aus. Dabei zeigte sich die Bundesregierung besorgt über Hass und Hetze, die in sozialen Netzwerken im Zusammenhang mit der Diskussion um die Corona-Politik verbreitet werden. Man müsse entschieden Nein sagen zu dieser Form von "Pandemie-Extremismus", sagte Spahn.
Demmer erklärte im Namen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), es sei "verstörend", dass die Tat in sozialen Netzwerken und Messenger-Diensten zum Anlass genommen werde, noch einmal mehr den Versuch zu unternehmen, die Gesellschaft zu spalten und noch mehr Hass zu schüren und Hetze zu verbreiten. Die Tat werde missbraucht, um öffentlich zur Gewalt aufzurufen. "Das muss aufhören", appellierte sie.
Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte, die Tat zeige ein dramatisches Ausmaß von Verrohung in der Gesellschaft. Nach allen bisherigen Erkenntnissen handele es sich um einen "extremen Einzelfall", aus dem keine generalisierenden Rückschlüsse gezogen werden könnten. Es gebe derzeit keine Erkenntnisse über Mittäter oder weitere Beteiligte im strafrechtlichen Sinne.
Eine mögliche Einbindung des Todesschützen in die Querdenkerszene sei Gegenstand der laufenden Ermittlungen. Zur Querdenkerszene im Allgemeinen sagte er, den Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden zufolge verkleinere sie sich. Es gebe aber einen kleinen Kern, der sich zunehmend radikalisiere.
15 Uhr: NRW-Minister will nach Tankstellen-Mord gegen Hetze im Netz vorgehen
Nach der Tötung eines Tankstellenmitarbeiters in Idar-Oberstein will NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) gegen Menschen vorgehen, die die Tat im Internet verherrlichen. "Solche Leute dürfen sich in den unzähligen Verästelungen des Netzes nicht sicher fühlen. Deshalb werden wir das Netz noch intensiver durchleuchten, um das Identitätspuzzle zusammenzusetzen und die Hetzer aus der Anonymität herausholen", sagte Reul am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur.
14.45 Uhr: Dreyer zum tödlichen Schuss in Idar-Oberstein: "Hass tötet"
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) hat nach der Tötung eines Tankstellen-Mitarbeiters in Idar-Oberstein zu gesellschaftlichem Zusammenhalt aufgerufen. Es bleibe wichtig, "dass sich die Gesellschaft insgesamt gegen Hass und Hetze stellt und das auch deutlich zeigt", sagte sie am Mittwoch in Mainz.
"Wir sehen bereits jetzt, dass dieser schreckliche Mord instrumentalisiert wird", sagte Dreyer mit Blick auf Äußerungen von Corona-Leugnern und Querdenkern. Die Gewalttat werde dort gerechtfertigt und sogar begrüßt. "Wir sehen, dass sich Angehörige dieser Szene zunehmend radikalisieren und auch vor Gewalttaten nicht zurückschrecken." Dreyer betonte: "Wer einen Mord rechtfertigt oder sogar begrüßt, bereitet den Boden für neue Gewalt." Das Internet sei kein rechtsfreier Raum. "Hass tötet."
Die Äußerungen des Täters, dass "die staatlichen Einschränkungen im Zusammenhang mit der Pandemiebewältigung mit zu der Tat beigetragen haben könnten" nannte Dreyer "unfassbar zynisch und unfassbar schrecklich". Der 49 Jahre alte Deutsche sitzt wegen Mordverdachts in Untersuchungshaft. Ihm wird vorgeworfen, dem 20 Jahre alten Kassierer am Samstagabend in den Kopf geschossen zu haben. Der Kassierer hatte ihn auf die Maskenpflicht hingewiesen, daraufhin war es zum Streit gekommen.
Dreyer drückte auch ihr Mitgefühl für Busfahrer, Verkäufer, Ordnungskräfte und Beschäftigte im öffentlichen Dienstes aus, die nach der Tat verunsichert seien. Es sei wichtig, die Menschen auf Regeln wie die Einhaltung der Maskenpflicht hinzuweisen. "Im Zweifel ist es aber besser, die Polizei zu rufen und sich nicht anzulegen", sagte sie unabhängig von dem, was in der Tankstelle in Idar-Oberstein passiert ist.
12.30 Uhr: Ermittler finden weitere Waffen/War Tatverdächtige schon vorher auffällig?
Im Zusammenhang mit dem tödlichen Schuss auf einen Tankstellen-Mitarbeiter im Streit um die Maskenpflicht prüft die Polizei die Aktivität des Verdächtigen in den sozialen Medien. Es seien sehr viele Hinweise dazu eingegangen, sagte ein Sprecher des Polizeipräsidiums Trier am Mittwochmorgen der Deutschen Presse-Agentur. Zudem teilte die Staatsanwaltschaft Bad Kreuznach am Mittwochmittag mit, dass weitere Waffen und Munition in der Wohnung des mutmaßlichen Täters gefunden wurden.
Der 49-jährige Deutsche soll am Samstagabend im rheinland-pfälzischen Idar-Oberstein einen Revolver aus der Hosentasche gezogen und mit diesem einem 20 Jahre alten Verkäufer in den Kopf geschossen haben. Anschließend flüchtete er zu Fuß. Nachdem eine Fahndung zunächst erfolglos geblieben war, stellte sich der Tatverdächtige am folgenden Morgen in Begleitung einer Frau vor der Dienststelle der Polizeiinspektion Idar-Oberstein, wo er von Spezialkräften festgenommen wurde. Laut dpa sagte er den Ermittlern, dass er die Corona-Maßnahmen ablehne, die Situation der Pandemie habe ihn stark belastet, er habe ein Zeichen setzen wollen.
Der zuvor nicht polizeibekannte Deutsche sitzt wegen dringenden Mordverdachts in Untersuchungshaft. Die Tat löste bundesweit großes Entsetzen und Anteilnahme aus. Die Staatsanwaltschaft geht von langwierigen Ermittlungen zu den Hintergründen aus.
Bei der Durchsuchung seiner Wohnung in einem Stadtteil von Idar-Oberstein fanden die Ermittler die Tatwaffe sowie weitere Schusswaffen und Munition. Die Herkunft der Waffen müsse noch geklärt werden, teilte die Staatsanwaltschaft Bad Kreuznach am Mittwoch mit.
Am Dienstagabend twitterte die Polizei in Tier: "Es gibt Hinweise auf das Twitterprofil des Tatverdächtigen. Wir gehen diesen Hinweisen nach." Die Ermittler seien von sehr vielen Nutzern auf das Twitter-Profil des mutmaßlichen Täters hingewiesen worden, sagte der Sprecher. Mit dem Tweet habe man den Bürgern signalisieren wollen: "Wir sind da dran, wir haben das im Blick."
Nach gemeinsamen Recherchen des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" und des auf Verschwörungsideologien spezialisierten Thinktanks CeMAS fiel der mutmaßliche Schütze bereits vor zwei Jahren auf einem Twitter-Profil mit nebulösen Gewaltfantasien auf.
Nach Einschätzung des Bundesinnenministeriums stellt die Tötung des Tankstellenmitarbeiters einen Einzelfall dar. Die Tat zeige "ein dramatisches Ausmaß an Verrohung in der Gesellschaft", sagte ein Sprecher am Mittwoch in Berlin. "Nach allen Erkenntnissen, die wir bisher haben, handelt es sich um einen Einzelfall" - wenngleich es ein extremer Einzelfall gewesen sei. Daraus ließen sich aber keine "generalisierenden Rückschlüsse" ziehen. Es gebe derzeit keine Erkenntnisse über weitere Beteiligte "im strafrechtlichen Sinne".
10.20 Uhr: Corona-Leugner feiern Idar-Obersteiner Todesschützen
Nach dem tödlichen Schuss auf einen Tankstellen-Mitarbeiter durch einen Maskengegner wächst die Furcht vor einer weiteren Radikalisierung der Querdenker-Szene. Mehr zum Thema lesen Sie hier.
10 Uhr: Tankstellen-Mord: Opfer "war als ruhiger und besonnener Mann bekannt"
Wer war der junge Mann, der an der Tankstelle in Idar-Oberstein jobbte und sein Leben verlor, offenbar, weil er einen Kunden auf die Maskenpflicht hinwies? Mehr zum Thema lesen Sie hier.
3.30 Uhr: Kommentar zu Idar-Oberstein: Mörderisch
"Zwar war der Mord von Idar-Oberstein wohl das Verbrechen eines Einzelnen", meint Jens Kleindienst, "das Blut des Opfers klebt aber auch an den Tastaturen all jener, die in ihre Posts den Mord gerechtfertigt oder gar bejubelt haben." Mehr dazu lesen Sie hier.
DIENSTAG, 21. SEPTEMBER
18.30 Uhr: Mord in Idar-Oberstein: Was bewegte den Schützen?
Der Tod des 20-jährigen Tankstellenmitarbeiters hat bundesweit Entsetzen ausgelöst. Welchen Anteil trägt die Pandemie? Eine Einordnung geben Psychologen und weitere Experten. Mehr dazu lesen Sie hier.
14.15 Uhr: Idar-Oberstein: Expertin befürchtet mehr Gewalt wegen 2G
Die Expertin für Verschwörungsideologien Pia Lamberty warnt nach der Bluttat an der Tankstelle: Die 2G-Regeln könnten zu Reaktionen aus der Szene führen - „bis hin zur Gewalt“. Mehr dazu lesen Sie hier.
13.10 Uhr: Todesschuss wegen Maskenpflicht: Schütze zuvor unauffällig
Nach einem Streit über das Tragen einer Corona-Maske hat ein 49-Jähriger einen Tankstellen-Kassierer in Idar-Oberstein getötet. Der Tatverdächtige war bisher nicht polizeibekannt. Mehr dazu lesen Sie hier.
MONTAG, 20. SEPTEMBER
10.15 Uhr: Tankstellen-Kassierer getötet: Tatmotiv bislang unklar
Ein Mann soll einen 20-jährigen Tankstellen-Kassierer am Samstagabend in Idar-Oberstein erschossen haben. Die Polizei hat am Sonntagmorgen einen Tatverdächtigen festgenommen. Mehr dazu lesen Sie hier.
Von dpa, epd und unseren Reportern