Frankfurt: Neue Routen sollen Menschen von Fluglärm entlasten
Durch ein neues Maßnahmenprogramm sollen Menschen in besonders von Fluglärm betroffenen Gegenden im Rhein-Main-Gebiet bald besser schlafen können. Wenn nach Süden fliegende Maschinen etwa in den Abendstunden eine Kurve um Mainz, Offenbach oder Hanau machten, könnte dies die Lärmbelastung in diesen Städten senken.
Von Christian Stang
Reporter Politikredaktion Wiesbaden
Symbolfoto: dpa
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FRANKFURT/KELSTERBACH - Wenn es um den aktiven Schallschutz am Frankfurter Flughafen geht, beschäftigt ein besonders heikles Thema das Forum Flughafen und Region (FFR) seit Jahren: Lärmverlagerungen. Werden Flugrouten über weniger dicht besiedelte Gebiete verlegt, werden zwar dicht besiedelte Gebiete und damit viele Menschen von Fluglärm entlastet. Die Kehrseite der Medaille ist aber, dass Anrainer der neuen Flugrouten stärker belastet werden als früher.
Für solche Fälle setzt das FFR auf eine neue Kommunikationsstrategie. Künftig sollen in solchen Fällen zunächst alle betroffenen Kommunen an einen Tisch, bevor Entscheidungen getroffen werden. Der Dialog zwischen Akteuren und Betroffenen habe sich in den vergangenen Jahren bereits bewährt, sagte FFR-Vorstand Johann-Dietrich Wörner am Freitag in Frankfurt. Mit den lokalen Konsultationen wolle das Forum jetzt aber noch einen Schritt weitergehen, um noch mehr Beteiligung der Gemeinden und mehr Transparenz zu erreichen. Am Ende stünden in solchen Fällen immer schwierige Abwägungsentscheidungen. "Wir wollen künftig sicherstellen, dass vorher wirklich alle Gesichtspunkte auf dem Tisch liegen", sagte Wörner.
Bei drei neuen Schallschutzmaßnahmen, die der FFR-Vorstand am Freitag präsentierte, werden die lokalen Konsultationen in diesem Jahr in die Tat umgesetzt.
Eine veränderte Abflugroute soll Anwohner in Darmstadt-Arheilgen und Kranichstein entlasten. Mehr Lärm bedeutete dies allerdings für die Menschen in Erzhausen und Darmstadt-Wixhausen.
FORUM FLUGHAFEN UND REGION
Das Forum Flughafen und Region (FFR) wurde im Jahr 2008 als Nachfolgeorganisation der Mediation zum Ausbau des Frankfurter Flughafens und des Regionalen Dialogforums (RDF) eingerichtet. Es bildet das Dach, unter dem fünf Gremien mit unterschiedlichen Aufgabenbereichen zusammengefasst sind. Um den aktiven Schallschutz kümmert sich das Expertengremium Aktiver Schallschutz. Die Mitarbeit in dem Gremium ist freiwillig - eine gesetzliche Verpflichtung dazu gibt es nicht. Der hessische Ministerpräsident beruft die Mitglieder. Die jeweiligen Institutionen haben ein Vorschlagsrecht.
FFR werde alle Einwände oder Alternativ-Vorschläge sorgfältig prüfen
Bei Abflügen mit Zielen in Fernost sollen 20 besonders laute Flugzeuge künftig anders geführt werden, womit bereits stark belastete Teile von Frankfurt und Offenbach entlastet würden. Eine höhere Lärmbelastung bedeutete das aber für Heusenstamm und Teile von Neu-Isenburg.
Beim sogenannten Segmented Approach nähern sich Flugzeuge dem Flughafen mit mehreren Kurven, die um stark besiedelte Gebiete herumführen. Diese Anflüge sind bisher nur für verspätete Flüge nach 23 vorgesehen und sollen in Zukunft bereits von 22 Uhr an möglich sein. Davon würde bei Landungen aus Richtung Westen Mainz profitieren, mehr Lärm gäbe es dafür in Bischofsheim und Ginsheim-Gustavsburg. Bei Landungen aus Richtung Osten würden Hanau, Mühlheim und Offenbach deutlich entlastet. Mehr Lärm gäbe es dafür über Neu-Isenburg, Heusenstamm und Obertshausen.
Drei konkrete Beispiele für schwierige Entscheidungen. Im Rahmen der Konsultationen werde das FFR alle Einwände oder Alternativ-Vorschläge sorgfältig prüfen, sagte Wörner. Erst dann werde das Forum eine Empfehlung abgeben. Dies könne bedeuten, dass die vorgeschlagenen Flugrouten in den Probebetrieb gingen, dass sie geändert oder gar nicht umgesetzt würden, erläuterte Wörner.
"Auf Expertenebene hat das FFR seine Arbeit getan"
Als weitere Maßnahme kündigte FFR-Vorstand André Biestmann von der Deutschen Flugsicherung die Erprobung sogenannter Schallschutzassistenten an. Sie sollen die Piloten beim Landeanflug unterstützen, beispielsweise dabei, die Landeklappen im günstigsten Moment zu setzen und damit Lärm bei der Landung zu reduzieren. Noch in diesem Jahr werde Lufthansa mit 85 Maschinen vom Typ Airbus ein Testprogramm starten.
Mit den vom FFR vorgeschlagenen Routenverlegungen stünden für alle Beteiligten schwierige Diskussionen bevor, erklärte Verkehrsminister Tarek Al-Wazir. Er halte es aber für richtig, sich mit möglichen Maßnahmen mit lärmverteilender Wirkung ernsthaft auseinanderzusetzen, sagte der Grünen-Politiker. "Auf Expertenebene hat das FFR seine Arbeit getan. Jetzt brauchen wir die Diskussion vor Ort, um am Ende eine möglichst gute Entscheidungsbasis zu haben", meinte Al-Wazir. Die Arbeit zur Reduzierung des Fluglärms werde weitergehen. Das vom FFR vorgestellte Maßnahmenpaket belege aber schon jetzt eindrucksvoll die Vorreiterrolle Frankfurts beim Fluglärmschutz.