Auch in Apotheken wird eifrig auf das Virus geprüft. Und: Der für Bürger kostenlose Service hilft, Umsatzeinbußen durch die Pandemie abzufedern – so auch in Michelstadt.
MICHELSTADT. „Das alles wirbelt unseren Arbeitstag ganz schön durcheinander. Doch so tragen auch wir mit dazu bei, diese Pandemie einzudämmen – und es hilft auch, Arbeitsplätze zu sichern.“ So umreißt Jutta Sommer, Apothekerin in Michelstadt, ihre Erfahrungen und Einschätzungen nach mehr als zwei Monaten Einsatzzeit als offiziell bevollmächtigte, stationäre Anlaufstelle für die kostenlosen Bürgertests auf das Coronavirus.
Seit 10. März ist die gemeinsam mit ihrem Mann Ralf geführte Rats-Apotheke in Michelstadt bevollmächtigt, den mit mehreren Auflagen verbundenen Service mit der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) abzurechnen. Grundlage ist die Testverordnung des Bundes. Schon etwas früher, ab Ende Februar, hatten Sommers Schnelltests bereits für Selbstzahler angeboten.
Die Michelstädter Rats-Apotheke war somit kreisweit das erste mit den Bürgertests beauftragte stationäre Testcenter. Dieser Anlaufstelle folgten die Sozialstation Höchst, die Stern-Apotheke und etwa zwei Wochen später die Hirsch-Apotheke in Michelstadt. „Erst nachdem diese Teststationen erfolgreich liefen“, so Ralf Sommer, folgte mit deutlichem zeitlichen Abstand das DRK-Testzentrum in Erbach. Später kamen (wie berichtet) in Beerfelden und kürzlich in Reichelsheim zwei weitere Testzentren des Roten Kreuzes hinzu. Bei all diesen Anlaufstellen werden die Corona-Schnelltests kostenlos und gemäß der gesetzlichen Auflagen durchgeführt.
„Die Nachfrage ist weiterhin hoch, die meisten melden sich vorher über unser Buchungsportal an. Doch anders als in den ersten Wochen kommen nun viele Kunden auch spontan zum Testen“, berichtet Jutta Sommer. Ganz am Anfang habe sich das Angebot erst mal herumsprechen müssen, „dann waren die Schnelltests vor allem für Verwandtenbesuche gefragt – von Menschen, die ihre Angehörigen nicht gefährden wollten“. Mit den entsprechenden Lockerungen und veränderten Auflagen im Zuge der Pandemie-Bekämpfung stieg und steigt die Nachfrage weiter, etwa wenn es sich um die Vorlage zertifizierter Negativ-Nachweise für den Friseurbesuch, den Einkauf in bestimmten Geschäften, um die Teilnahme an einer Prüfung oder den Schulbesuch dreht.
Das Testen über die Michelstädter Apotheke geht übrigens auch mobil: „Um es den Leuten leichter zu machen, haben wir unseren privaten VW-Campingbus etwas umgerüstet und fahren damit etwa zu Kindergärten oder Behinderteneinrichtungen“, erklärt Jutta Sommer. Ein Angebot, das auch Firmen gern annehmen: Etwa zwei Drittel ihrer Schnelltests, so schätzt die 62-Jährige, erfolgen „mobil“.
Um die Abläufe sowohl für die Kunden als auch für die Mitarbeiter zu erleichtern, haben Sommers ein extra Buchungsportal für die Corona-Bürgertests eingerichtet. Die Voranmeldung über dieses Internet-Portal mitsamt der gesetzlich vorgeschriebenen Datenerfassung spart Zeit, sodass vor Ort dann meist nur die eins, zwei Minuten für den Abstrich nötig sind. Eine Viertel bis halbe Stunde später liegt das Ergebnis vor, die hoffentlich negativen Ergebnis-Zertifikate werden dann über die mit dem Buchungsportal verbundene Software per E-Mail verschickt oder noch in der Apotheke ausgedruckt.
„Viele kommen jede Woche, da hat sich teilweise eine gewisse Routine eingestellt“, weiß die Apothekerin. Allgemein seien ihre Schnelltest-Kunden relativ gleichmäßig auf alle Altersgruppen verteilt, „das reicht von fünf bis etwa 85 Jahren“. Eins bis zwei Personen pro Woche würden bei ihnen derzeit positiv getestet. „Das steht und fällt mit den Inzidenz-Werten, und wir dürfen ja auch nur symptomfreie Kunden testen. Personen mit Anzeichen auf eine SARS-CoV-2-Infektion müssen sich an ihren Hausarzt oder ans Gesundheitsamt wenden“, erläutert die Fachfrau die aktuell wenigen Positiv-Tests.
Reich würden Apotheken mit den Bürgertests zwar nicht, betonen die Michelstädter. Doch vielen helfe es, die erheblichen Umsatzeinbußen infolge der Corona-Pandemie abzufedern: „Etwa 15 Prozent des rezeptfreien Umsatzes ist den Apotheken weggebrochen, weil es dank Maske-Tragens et cetera viel weniger Erkältungen, Magen-Darm-Infekte oder solche mit dem Norovirus gegeben hat und gibt.“ 18 Euro können die Anbieter – also auch das DRK und weitere bevollmächtigte Anbieter – pro Schnelltest mit der KV abrechnen. Zwölf Euro davon werden für die Testung selbst erstattet, pauschal jeweils maximal sechs Euro Erstattung gibt es fürs Material, wozu neben den Testkits (in der Rats-Apotheke welche der Firma Roche) auch die Schutzkleidung gezählt wird.
„So können wir Arbeitsplätze erhalten“, freut sich Jutta Sommer. Um den Andrang meistern zu können, wurden sogar Aushilfen eingestellt. Dass da viel normale Büroarbeit liegen bleibt, die Inhaber auch am Wochenende arbeiten müssen – geschenkt: „Von den Kunden gibt es viel Anerkennung, und Spaß macht es trotz allem.“