Meine Woche: Endlich wieder Johannisnacht samt Büchermarkt

Michael Bermeitinger blickt auf die Woche in Mainz zurück. Grafik: vrm/ap
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Die Johannisnacht hat uns arg gefehlt, aber die antiquarischen Schätze der Druckkunst auch. Ein kleiner Streifzug im Gedenken an Meister Gutenberg.

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MAINZ. Es wurde Zeit, allerallerhöchste Zeit, dass die Johannisnacht zurückkehrt. Drei Jahre ist es her, dass wir über die Festmeile flaniert sind, es waren drei lange Jahre ohne Konzerte auf den verschiedenen Bühnen, ohne gemütliches Beisammensitzen auf dem Markt, ohne den Künstlermarkt am Rhein – und ohne den Johannisbüchermarkt. Neben Gautschen und Preisquadräteln ist der Büchermarkt jener Bestandteil der Johannisnacht, der am authentischsten in Erinnerung ruft, warum gefeiert und wem hier vier Frühsommertage lang gehuldigt wird.

Es gibt Gerüchte, dass der Meister höchstselbst sehr früh morgens von seinem Podest am Gutenbergplatz steigt, um an den nächstens abgedeckten Bücherständen zu schauen, was seine Nachfolger so zuwege bringen. In der Tat ist der antiquarische Büchermarkt aber ein Fest für jeden Bücherfreund, ein bisschen wie Weihnachten im Juni. Denn vom jahrhundertealten Druckwerk bis zum Roman jüngerer Zeit, von historischen Zeitschriften bis zu Mainz-Büchern aller Art findet sich hier eine solch breite Palette, dass auch ein altgedienter Altpapiersüchtiger wie der Autor noch jedes Jahr reiche Beute macht.

Büchermarkt ist um die Hälfte geschrumpft

Dabei schmerzt es natürlich, dass der Markt in diesem Jahr auf knapp die Hälfte geschrumpft ist und sich zudem zerrissen präsentiert. Obgleich der offizielle Veranstaltungsflyer noch den Schillerplatz als Fläche für Stände ausweist, wird man dort nichts mehr finden, und auch der Ballplatz am Maria Ward ist wegen einer Baustelle gesperrt. Nun sind noch ein paar Stände seitlich des Osteiner Hofs, dann links und im Durchgang hinter den Lu-Pavillons bis zur Weißliliengasse, bevor man ein paar hundert Meter weiter auf dem Bischofsplatz den zweiten Teil des Marktes findet.

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Die räumliche Zerrissenheit nebst der kleineren Fläche, aber auch Corona und gewisse Veränderungen in der durch die Pandemie arg gebeutelten Szene haben den Markt schrumpfen lassen, und dennoch ist es schön, mal wieder die Nase in altes Papier stecken zu können. Ist doch ausgerechnet die Stadt Gutenbergs mit dem Angebot antiquarischer Bücher nicht mehr allzu reich gesegnet.

Trend geht zur Innenstadt als promillisierter Spaßzone

Von den vielen Antiquariatsgeschäften der Innenstadt ist nur eines geblieben, und den Büchermarkt am Gutenbergmuseum, der 1972 das erste Mal veranstaltet wurde, hat man sich schon vor Jahren quasi weggesoffen. Denn diesen Markt mit seinen Ständen voller geistiger Genüsse hat man zugunsten des hemmungslosen Genusses geistiger Getränke beim ausufernden Marktfrühstück eliminiert. Dieses Event lässt auch das Antiquariat am Fischtor leiden, weil immer weniger Samstagskunden sich durch die trinkenden Menschenmassen quälen wollen... Der Trend geht zur Innenstadt als promillisierter Spaßzone.

Umso schöner, nun zur Johannisnacht Meister Gutenberg und seiner hohen schwarzen Kunst mit einem Gang über den Büchermarkt zu huldigen.

In der Hoffnung, dass die Stadt dafür Sorge trägt, dass der traditionsreiche Markt nächstes Jahr wieder an altbekannter Stätte in bewährter Form über die Bühne gehen kann. Zur Erinnerung: Wir sind die Stadt Gutenbergs, das Buch ist unser Elixier.