Ein Zeugnis jüdischen Lebens in Hofheim

Auf dem Foto von 1931 ist auf der Spitze des Büttelturms – damals eine Synagoge – ein Davidstern zu sehen. Foto: Stadtarchiv Hofheim

Ein neues Online-Projekt namens „Spotlights – Fundstücke aus dem Stadtarchiv“ präsentiert und erläutert Interessantes aus dem Magazin.

Anzeige

HOFHEIM/TS. „Spotlights – Fundstücke aus dem Stadtarchiv“ heißt ein neues Projekt auf der Webseite des Hofheimer Stadtarchivs unter www.hofheim.de. In regelmäßigen Abständen werden dort die unterschiedlichsten Fotos, Schriftstücke, Plakate und was das Archivmagazin sonst noch hergibt, präsentiert und erläutert. Mal informativ, mal kurios, die Mischung macht’s.

Anlässlich des deutschlandweiten Festjahres „2021JLID – Jüdisches Leben in Deutschland“ macht den Auftakt ein Foto aus dem Nachlass von Josef Nix. Es wurde am 12. August 1931 aufgenommen und zeigt einen Blick durch das Burggrabengässchen von der Burgstraße aus. Ganz hinten im Bild erkennt man eines der markantesten Gebäude der Hofheimer Altstadt: den Büttelturm, liebevoll auch Türmchen genannt.

Ehemals Teil der nach der Verleihung des Stadtrechts ab 1352 erbauten Stadtbefestigung, diente der obere Teil des Turms bis zirka 1780 als Wohnung für den Gerichtsdiener, damals Büttel genannt. 1787 versteigerte die Stadt den für sie inzwischen entbehrlichen Turm an einen Privatmann. Wie lange der Turm in Privatbesitz blieb, ist nicht bekannt.

Fest steht aber, dass irgendwann zwischen 1795 und dem Anfang des 19. Jahrhunderts die jüdische Cultusgemeinde Hofheim den Turm erwarb und dort ihre Synagoge einrichtete. Und eben an dieser Stelle kommt dem Foto aus dem Nachlass von Josef Nix eine ganz besondere Bedeutung zu. Wenn man genau hinsieht, erkennt man auf der Spitze des Turms einen sechszackigen Davidstern. Auf keinem anderen Foto im Stadtarchiv ist dieses Symbol zu sehen und der Turm somit auch äußerlich eindeutig als Synagoge zu erkennen. Wahrscheinlich wurde der Stern erst recht spät auf dem Gebäude angebracht, vielleicht bei der großen Renovierung der Synagoge 1925. Damals entstanden in dem zweistöckigen Gebäude 20 Sitzplätze für männliche und zehn für weibliche Gemeindemitglieder.

Anzeige

Der nun erstmals dokumentierte Davidstern spielt eine zentrale Rolle in einem Zeitzeugenbericht zur Reichspogromnacht am 9. November 1938, in der auch die Hofheimer Synagoge verwüstet und die Inneneinrichtung zerstört wurde. Nach den Schilderungen des Hofheimers Joseph Rufa wurde ein ansässiger Handwerker – vermutlich ein Schmied oder ein Schlosser – gezwungen, den Stern vom Dach zu holen und in seiner Werkstatt ein Hakenkreuz anzufertigen, das an dessen Stelle angebracht wurde. Ende des Jahres 1938 musste die Cultusgemeinde das Gebäude der Stadt unentgeltlich übertragen.

Nach 1945 wurde das Türmchen für die unterschiedlichsten Zwecke genutzt, bis 1982 der Umbau zu einem Restaurant begann.