(em). „Aus vielen Gesprächen wissen wir, dass sich viele Bürgerinnen und Bürger immer wieder wundern, warum sie so viel Steuern zahlen müssen und warum mit diesem Geld...
HOCHHEIM. (em). „Aus vielen Gesprächen wissen wir, dass sich viele Bürgerinnen und Bürger immer wieder wundern, warum sie so viel Steuern zahlen müssen und warum mit diesem Geld nicht die Dinge gemacht werden, die sie für wichtig halten“, sagt Eric Müller, Fraktionsvorsitzender Freie Wähler Hochheim/Massenheim. „Das ist mehr als verständlich. Vor allem auf kommunaler Ebene müssen wir deshalb transparenter werden und klare Antworten auf die zwei wichtigsten Fragen geben: Wohin fließt mein Geld eigentlich genau? Und bringt das, was damit passiert, einen Mehrwert für Hochheim und seine Bürger?“
Der Haushalt der Stadt Hochheim besteht grundsätzlich – wie bei allen Kommunen – aus zwei Töpfen: dem Verwaltungshaushalt und dem Vermögenshaushalt. Ersterer stellt den laufenden Geschäftsbetrieb der Verwaltung sicher. Hier hinein fließen neben den Steuern auch Zuschüsse von Land und Bund. Hinzu kommen Gebühren, die für die Inanspruchnahme von öffentlichen Einrichtungen, zum Beispiel für Kindergarten oder Friedhof, erhoben werden. Oder Beiträge für konkrete Leistungen wie die Erstellung eines Personalausweises. Diese Leistungen müssen immer so hoch sein, dass die Kosten der Verwaltung gedeckt sind, mit Ausnahme der Kindergartenbeiträge.
Anders sieht es mit den Steuern aus. Sie werden unabhängig von einer Leistung erhoben und decken all die Kosten, die nach Abzug von Gebühren und Beiträgen übrig bleiben. Neben den – aber eher geringeren – Steuern für Hunde oder Spielapparate, sind es vor allem die Einkommens-, Gewerbe- und Grundsteuer, die den Hochheimer Haushalt finanzieren.
Während die Einkommenssteuer mit circa 12,5 bis 13 Millionen Euro fest zugewiesen wird, kann die Gemeinde bei der Grund- (3,6 Millionen) und Gewerbesteuer (13) über den sogenannten Hebesatz die Höhe der Steuereinnahmen beeinflussen. In Hochheim betrugen diese Sätze im Jahr 2020 für die Grundsteuer 405 Punkte und 350 Punkte für die Gewerbesteuer und lagen damit weit unter denen der Nachbargemeinden. So betrug zum Beispiel der Grundsteuerhebesatz in Wiesbaden 492, in Flörsheim 550 und in Rüsselsheim oder Bischofsheim sogar 800 Punkte. Eric Müller: „Einerseits ist das ein klarer Standortvorteil, andererseits gibt es hier noch Spielraum nach oben, wenn dringend notwendige Investitionen anstehen.“
Wie werden sich die Gewinne der bereits in Hochheim angesiedelten Firmen entwickeln? Und wie viele Unternehmen werden sich künftig am Standort anmelden – gerade jetzt mitten in der Corona-Krise? Für das Jahr 2020 hatte Hochheim ursprünglich mit 13 Millionen Euro gerechnet, musste aber dann zwischen ein bis zwei Millionen weniger hinnehmen. Entsprechend niedriger ist die Erwartung für 2021. Im Gegensatz dazu steigen die Ausgaben. Circa 95 Prozent der laufenden Kosten des Hochheimer Haushalts ergeben sich aus gesetzlichen Aufgaben. Von den für 2021 dafür geplanten Einnahmen in Höhe von 40 Millionen Euro gehen allein 17 Millionen an den Main-Taunus-Kreis als Kreis- und Schulumlage. Auf circa sieben Millionen Euro summieren sich die Gehälter für die über 100 Mitarbeiter der Stadt Hochheim. Für die Kinderbetreuung verbleiben, nach Abzug der Elternbeiträge und der Kostenerstattungen des Landes, laufende Kosten in Höhe von 5,2 Millionen Euro bei der Stadt Hochheim. Und für den ÖPNV zahlt die Stadt zusätzlich jährlich circa eine halbe Million Euro an den RMV.
Hinzu kommt, dass die Kosten durch allgemeine Preissteigerungen und Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst jedes Jahr steigen. „Bei 40 Millionen Euro macht eine durchschnittliche Preissteigerung von zwei Prozent dann schon 800.000 Euro aus“, sagt Eric Müller. „Das sind keine guten Aussichten für den Vermögenshaushalt der Stadt, der das bekommt, was im Verwaltungshaushalt nach Abzug aller Kosten übrig bleibt.“ Aber genau das ist der Topf, der das finanzieren soll, was die Hochheimer dringend brauchen und das für eine attraktivere Stadt notwendig wäre.
„Eine Stadt ist im Vergleich zum Unternehmen nicht zwingend dazu angehalten, einen Gewinn zu erzielen“, so Müller weiter. „Allerdings sind wir der Meinung, dass wir einen solchen unbedingt haben sollten, um unsere Stadt lebenswerter zu machen und auch den Steuerzahlern mit spürbaren Maßnahmen und Verbesserungen gerecht zu werden.“ Wichtig für viele seien vor allem die Unterstützung der Jugend- und Vereinsarbeit, die Grünpflege in der Stadt und Zuschüsse zu den zahlreichen Festen und Veranstaltungen. Schließlich seien es genau diese, die Hochheim so lebens- und liebenswert machten.
„Die Kunst in der Kommunalpolitik ist es, einen Mix zu finden, der auf der einen Seite die Bürger nicht zu sehr belastet, auf der anderen Seite die Stadt aber dennoch weiterhin attraktiv bleibt. Wir müssen möglichst so wirtschaften, dass der Verwaltungshaushalt einen Überschuss erzielt, mit dem dringend notwendige Investitionen finanziert werden können.“ Das seien zum Beispiel weitere oder erweiterte Kindertagesstätten oder auch der barrierefreie Umbau des Hochheimer Bahnhofs – beides verbunden mit erheblichen Kosten. Schätzungen des Bundes gehen allerdings davon aus, dass insbesondere die Einnahmen aus der Gewerbesteuer frühestens im Jahr 2023 wieder das Niveau wie vor der Corona-Krise erreichen – was für Hochheim erst einmal jährlich circa zwei Millionen Euro weniger in der Kasse bedeutet.
In diesem Sinne formulierte die Hochheimer Stadtverordnetenversammlung auf eine Initiative der FWG bereits 2016 strategische Leitplanken für die Stadtentwicklung und definierte daraus entsprechende Handlungsmaßnahmen, wie die beschränkten finanziellen Mittel eingesetzt werden sollen. „Im Jahr 2021 werden, ebenfalls auf unseren Vorschlag hin, diese Ziele auf ihre Aktualität hin geprüft, um daraus dann konkrete politische Handlungsaufträge an die Verwaltung zu definieren“, sagt Müller abschließend.