„Damals saßen abends etliche Jugendliche vor dem REWE herum. Mein Vater Ahmed sammelte sie 1999 ein und holte sie ins Boxtraining“, erzählt Karim Shatanawi von den ersten...
HOCHHEIM. „Damals saßen abends etliche Jugendliche vor dem REWE herum. Mein Vater Ahmed sammelte sie 1999 ein und holte sie ins Boxtraining“, erzählt Karim Shatanawi von den ersten Anfängen des Hochheimer Boxclubs. Heute trainieren hier bis zu 70 Hobby- und Leistungssportler aller Altersklassen. Der Boxclub hat sein Domizil in der ehemaligen TetraPak gefunden und man ist sehr froh, dass die Stadt ihnen diese Unterbringungsmöglichkeit bietet.
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Kämpfe sind im Ring auszutragen, nicht auf der Straße
Der Anspruch ist nach wie vor, Jugendlichen einen Halt und eine Perspektive zu bieten. „Wenn sie im Boxclub trainieren, verändern sich die Menschen“, freut sich Shatanawi, der als Trainer und Ansprechpartner die rechte Hand seines Vaters ist. Der Verhaltenskodex besagt, dass Kämpfe im Ring ausgetragen werden und nicht auf der Straße. Disziplin, Nächstenliebe und Respekt werden großgeschrieben. Der Verfasser dieses Artikels durfte erleben, dass alle eintreffenden Boxer nicht nur ihre Boxkollegen, sondern auch den völlig unbekannten Reporter mit Handschlag begrüßten und sich mit Namen vorstellten. Der Boxclub übernimmt offensichtlich eine wichtige soziale Aufgabe. Der Trainer freut sich, dass viele Athleten ihr Leben verändert haben, seit sie im Club trainieren.
Die Erfahrung im Training sei auch wichtig für den schulischen Erfolg. Es reiche nicht, einmal etwas verstanden zu haben, sondern man muss üben, üben, üben und wiederholen, damit es sitzt. Die jungen Boxer lernen, dass man dranbleiben muss, strukturiert arbeiten muss und bei Problemen nicht gleich die Flinte ins Korn zu werfen braucht. Die meisten gehen gestärkt aus Rückschlägen hervor, wenn zum Beispiel mal ein Wettkampf nicht so ausgeht, wie erhofft. Die Trainer vermitteln nicht nur physische, sondern auch mentale Stärke. Dazu kommt, dass der Boxsport den Jugendlichen ein gesundes Selbstvertrauen gibt. Sie brauchen sich erst gar nicht auf Provokationen einzulassen, sie müssen sich nicht ständig beweisen und sind entspannter. Dazu kommt, dass die Leistungsträger im Boxclub, wie der junge Sofian Bizzit, eine wichtige Vorbildfunktion ausüben. Auch der Trainer ist eine wichtige Bezugsperson für die Athleten. Karim Shatanawi schildert den nächtlichen Anruf eines Boxers aus dem Krankenhaus, der plötzlich von seiner schweren Krankheit erfahren hatte. „Der junge Mann rief nicht zuerst seine Eltern oder Geschwister an, sondern seinen Boxtrainer.“ Nach dieser Erfahrung sei er sich erst richtig seiner Verantwortung für die Jugendlichen klar geworden.
Der Boxclub Hochheim braucht Sponsoren
Etliche junge Boxer boxen auch in Hessen- und Bundesligavereinen und nehmen so an nationalen und internationalen Wettkämpfen teil. Die vier Trainer arbeiten allesamt ehrenamtlich und sponsern Reisekosten und Ausrüstung teilweise aus ihrer eigenen Tasche.
Der Verein finanziert sich mittels Unterstützung von der Sportjugend Hessen und auch durch die Stadt Hochheim, bei der sie einen Teil der Fahrtkosten abrechnen können und Sponsoren, wie dem Hochheimer Autohaus Heger. Das reicht allerdings bei Weitem nicht aus, sodass der Boxclub dringend auf weitere Spender und insbesondere auf Sponsoren angewiesen ist.
Shatanawi weiß, dass Unterstützer von der Werbung durch die Boxer profitieren, denn sie sind regelmäßig national und international unterwegs, die Partner werden auf der Homepage des Clubs beworben, wo regelmäßig neue Inhalte gepostet werden. Unternehmen und Personen, die sich mit den Zielen des Clubs, wie soziale Arbeit, Integration, Disziplin und gegenseitigem Respekt identifizieren, können sich unter sponsoring-bch@gmx.de beim Boxclub melden.
Auf die Frage, warum boxen nicht nur als Hobby ausgeübt, sondern auch als echter Leistungssport betrieben wird, antwortet Shatanawi: „Die Leistungsträger ziehen, sie werden von den anderen bewundert. Die Raufbolde sehen, mit dem lege ich mich nicht an. Vielleicht gehe ich mal dahin, wo der trainiert und werde auch so. Und dann verändern sie sich. Das ist Tatsache.“
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Von Achim Munck