Gigantische 80.000 Liter-Tanks

Blick in den Weinkeller von St. Urban in Mikulov, der einst von den Piaristen erbaut worden war. Die einzelnen Boxen, insgesamt sind es 250, die meisten hier rechts und links zu sehen, können angemietet werden. Gelagert werden dürfen hier ausschließlich Weine aus Mikulov und den näheren umliegenden Ortschaften. Je nach Boxengröße (leer) zahlt man zwischen 500 und 2.500 Kronen pro Jahr.

Veltliner, Chardonnay, Weiß- und Grauburgunder, Rheinriesling, Welschriesling, Zweigeltrebe, Traminer, Sauvignon, Müller-Thurgau, Pálava, Frankovka – nicht nur der Kopf...

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MIKULOV. Veltliner, Chardonnay, Weiß- und Grauburgunder, Rheinriesling, Welschriesling, Zweigeltrebe, Traminer, Sauvignon, Müller-Thurgau, Pálava, Frankovka – nicht nur der Kopf dreht sich bei den vielen Rebsorten, die in Mikulov hier in Flaschen gefüllt werden.

Blick in den Weinkeller von St. Urban in Mikulov, der einst von den Piaristen erbaut worden war. Die einzelnen Boxen, insgesamt sind es 250, die meisten hier rechts und links zu sehen, können angemietet werden. Gelagert werden dürfen hier ausschließlich Weine aus Mikulov und den näheren umliegenden Ortschaften. Je nach Boxengröße (leer) zahlt man zwischen 500 und 2.500 Kronen pro Jahr.
Zum Abschluss der Besichtigung überraschen die beiden Weinmajestäten Kellermeister Radim Šedivý (links) mit dem Krönungswein der Weinkönigin Viktoria I. und handsignierten Autogrammkarten, die Jarek in Händen hält. Der Kellermeister erhält gerade Tipps, wie er das seiner Frau erklären könne – diese Autogrammkarte mit lächelnden jungen Damen in traditioneller Kleidung, alle mit Geschmeide auf ihren Köpfen. Denn in Mähren ist diese Form kulturellen Weinmarketings unbekannt.
In dem gemütlichen Weinkeller in Mikulov ließen es sich die Hochheimer Gäste gutgehen. Bei kleinen Käsehäppchen und Baguette setzte Radim Šedivý seine Weinprobe vom Morgen fort und präsentierte verschiedene Weißweine von Welschriesling über Rhein-Riesling (Ryzlink rýnský) und Traminer. Überdies konnte man erfahren, dass hier der Burgunder noch Ruländer heißt. Empfehlenswert!
Denken sie einfach groß: Radim Šedivý (links) präsentiert in diesem Hallengang die älteren, größeren Tanks, deren Ummantelung von einem Kölner Unternehmen stammt.
Stählerne „Romantik“ pur. Das ist nicht etwa in Wiesbaden aufgenommen, sondern bei Vino Mikulov. Eine Armada mit 80.000 Liter Stahltanks glänzt den Besucherinnen und Besuchern entgegen und streckt sich bis zur Hallendecke Fotos: Annette Zwaack und Jürgen Kunert

Das Werk Vino Mikulov gehört zur Oetker-Gruppe, es war der erste Besichtigungstermin während des Aufenthalts der Hochheimer Besucherinnen und Besucher – begleitet von Bürgermeister Rostislav Koštial und Jarek Smečka.

Vino Mikulov hat sich nach 1989 aus einem Staatsbetrieb zu einem modernen Abfüllbetrieb entwickelt. 28 Millionen Flaschen Wein und Sekt werden hier jährlich produziert. Neben den tschechischen Weinen, vor allem aus Mähren, importiert Vino Mikulov Weine aus der Slowakei, aus Slowenien und aus Italien. Ausländische Weine werden allerdings nur zur Sektherstellung verwendet.

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Von einer Galerie aus hatten die Besucher einen guten Überblick auf die nahezu vollautomatische Abfüllanlage und Kellermeister Radim Šedivý erklärte die Abläufe im Detail. Die Anlage läuft, ohne menschliches Zutun, 12 Personen sind pro Schicht tätig und überwachen die Prozesse. Pro Schicht werden 53.000 Flaschen gefüllt, mit Schraubverschluss, Korken oder Plastikstoppen verschlossen, anschließend mit Kapseln und Etiketten versehen und dann von Robotern in Kästen gestellt und zu größeren Gebinden auf Paletten gesetzt.

„Ja, der Krieg in der Ukraine bringt auch für uns Probleme“, erklärt der Kellermeister auf Anfrage. Fast alle Materialien seien von fehlenden Lieferungen betroffen, das betrifft die kleinsten Vorprodukte, dreht sich allerdings vor allem um die Flaschen: „Die Glasfabrik bezieht ihren Grundstoff aus der Ukraine!“ Und freilich auch das Gas.

Riesige Tanks, liegend und stehend, aus Beton und Edelstahl ummantelt, die größten fassen 80.000 Liter, sind in großen Hallen aufgereiht.

Im Außenbereich befindet sich eine moderne stählerne Traubenpresse, die rund acht Millionen Kilogramm Trauben zerquetschen kann. Aber auch in diesem riesigen Betrieb gilt: kunterbunt geht gar nicht. Nur aus drei Gebieten rund um Mikulov werden die Trauben direkt geliefert, organisiert immer nach einzelnen Traubensorten. Auch in Mähren werden die Trauben mittlerweile überwiegend maschinell gelesen, zirka 80 Prozent sind es in der Region um Mikulov.

In der Gegend um die neue Partnerstadt Hochheims gedeihen insbesondere weiße Rebsorten – diese nehmen 80 Prozent der hiesigen Weinbergsfläche ein. Der höhere Kalkgehalt der Böden und die sehr warmen Einzellagen verleihen den Weißweinen ein mächtiges und zugleich unverwechselbares Mineralbouquet besonderer Art, erläutert Šedivý. Am meisten verbreitet ist die Sorte Welschriesling, die mit einem spritzigen Geschmack erfreut. Eine bekannte Spätsorte ist der Rheinriesling: Überreife Trauben bringen höchste Qualität. In der Rotweinherstellung wird am häufigsten St. Laurent verwendet, der eine dunkelrote Farbe aufweist, dann noch Blaufränkisch und Blauer Portugieser. Bei der anschließenden kleinen Verkostung erhalten die Hochheimer einen ersten Einblick über die verschiedenen Rebsorten mit ihren unterschiedlichen Geschmacksrichtungen.

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Abends ging es in den Weinkeller

Seit 18 Jahren ist Radim Šedivý Kellermeister, von seiner Begeisterung für den Wein konnte sich die Gruppe auch noch abends überzeugen, beim Besuch im St-Urban-Weinkeller, den er managt. Dort kann man eigenen Wein in Boxen lagern lassen, die man dort anmietet. Es muss sich dabei aber um Wein aus Mikulov oder Orten aus der näheren Umgebung handeln. Weinboxenmieter können sich beispielsweise an zwei besonderen Veranstaltungen mit Weinverkostung und großem Buffet im Jahr erfreuen.

Wichtigstes Fest in der Region für Menschen, die gerne Wein trinken, ist das Pálava-Weinlesefest, das 2022 vom 9. bis 11. September stattfindet. Für die meisten Winzer bildet das Weinfest den Auftakt zum schönsten Teil ihrer Arbeit im Weinberg – der Lese der Trauben. Die Besucher können sich außerdem auf gute Live-Musik zahlreicher Bands, den historischen Umzug, einen Handwerkermarkt und ritterliches Feldlager freuen – sowie auf viele Stände mit Wein und Burčák (Federweißer).