Gerechtes Handeln – Blick auf Fairtrade

Stadtverordnete und Ortsbeiratsmitglieder waren eingeladen zu einer Fairen Stadtführung mit Stadtführer Achim Munck. Christine Schreiber und vonseiten der Stadtverwaltung Kristina Scheinhardt von der Fairtrade-Steuerungsgruppe hatten zu einem Rundgang und Informationsaustausch eingeladen. Foto: Annette Zwaack

Es war nicht die Uraufführung, aber eine Premiere für die Mitglieder der Stadtverordnetenversammlung und des Ortsbeirats Massenheim: Die Steuerungsgruppe Fairtrade hatte zu...

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HOCHHEIM. Es war nicht die Uraufführung, aber eine Premiere für die Mitglieder der Stadtverordnetenversammlung und des Ortsbeirats Massenheim: Die Steuerungsgruppe Fairtrade hatte zu einer Fairen Stadtführung eingeladen, die Stadtführer Achim Munck zusammengestellt hatte. Vorher trafen sich die Stadtpolitiker im Antoniushaus mit der Steuerungsgruppe Fairtrade, eine gute Möglichkeit zu informieren und auch kritische Punkte und Wünsche anzusprechen. Bei fair gehandeltem Kaffee und Tee gab die Sprecherin der Steuerungsgruppe Christine Schreiber einen Überblick über die Arbeit der Steuerungsgruppe und die Aktionen, die während der Corona-Zeit nicht sehr zahlreich waren. Höhepunkt war im vergangenen Juni allerdings eine kleine Feier, bei der das Anerkennungsschreiben als Fairtrade-Stadt offiziell übergeben und gewürdigt wurde.

Die Kriterien für die Anerkennung sind zwar in Hochheim gegeben, aber die Bürgerinnen und Bürger einzubeziehen und das Thema warm und lebendig zu halten, ist nicht leicht, erklärte Christine Schreiber den anwesenden Stadtpolitikern. Mehr Unterstützung und Ideen, um das Fairtrade-Bewusstsein zu stärken, wären vonnöten. Immerhin haben alle Fraktionen der Stadtverordneten einmütig der Bewerbung als Fairtrade-Stadt zugestimmt. Doch es sollte nicht nur ein kosmetisches Beiwerk in der Darstellung der Stadt nach außen sein.

Achim Munck versammelte zu Beginn der Führung die Interessierten vor dem Daubhäuschen, dem Teehaus der Winzerfamilie Boller, um das Thema Tee zu beleuchten. Rund 4,1 Millionen Tonnen Tee werden jährlich produziert. Wegen der Preis-Schwankungen bei den Versteigerungen auf dem Weltmarkt sind die Arbeiter der Teegärten und die Kleinproduzenten im Nachteil. Durch den Kauf von Fairtrade-Produkten leisten Verbraucherinnen und Verbraucher einen direkten Beitrag, die Lebens-, Arbeits- und Umweltbedingungen der Menschen in den Anbauländern zu verbessern.

Und das gilt nicht nur für Tee, sondern auch für Kaffee und Kakao und andere Produkte, die beispielsweise im Weltladen angeboten werden, der sich im Haus der Vereine befindet. Dort waren Ehrenamtliche des Weltladens, Bernd Jung, Gertrud Fuhrmann und Barbara Mögelin zu Gespräch und natürlich auch Verkauf bereit. Verkaufsschlager an diesem Abend war das Sonnenglas aus Südafrika, es wurde entwickelt als vollwertige Lichtquelle für Menschen in Gebieten ohne Stromversorgung. Achim Munck wusste viele Details aus der Gründungszeit des ersten, damals noch „Dritte-Welt-Ladens“, in der Delkenheimer Straße zu berichten. Gründer-Ehepaar waren Heri und Gerti Schlosser, die den Eine-Welt-Gedanken nach ihrem Einsatz als Entwicklungshelfer in Brasilien in Hochheim etablierten. Heute gehen die Erlöse aus dem Weltladen an die beiden Projekte CEMAR in Brasilien und „Jappo Liguey“ im Senegal.

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Auch in der Tourist-Info und Vinothek im Rathaus werden fair gehandelter Kaffee und regionale Produkte verkauft. Den Begriff „fair“ nutzte Achim Munck bei dieser Führung noch in anderer Hinsicht: In der Übersetzung als gerecht und anständig zu lesen, reicherte er die Informationen beim Stadtrundgang durch Persönlichkeiten an, die „anständig“ und „gerecht im Verhalten gegenüber anderen“ anzusehen sind. Da fehlte auch nicht Prälat Peter-Josef Briefs, der sich für die Bewohner und Schülerinnen des Antoniushauses eingesetzt hat, besonders in der Nazizeit, als die Machthaber Behinderte als lebensunwert ermordeten.

Und vom demokratischen Freiheitskämpfer Georg Hofmann wusste Munck am Haltepunkt Plan zu berichten: Das Schwarz‘sche Haus (heute ein italienisches Speiselokal) wurde 1790 von ihm als Wohnhaus erbaut. Unzählige Geschäfte, die heute nicht mehr existieren, aber bei alteingesessenen Teilnehmern und Teilnehmerinnen mit zustimmendem Kopfnicken bestätigt wurden, gab es noch in den 1960er und 1970er Jahren, in denen regionale Produkte – Brot, Milch, landwirtschaftliche Produkte aller Art – verkauft wurden. Nicht zu vergessen die Winzer und Sektfabrikanten, deren Erzeugnisse ein besonderes Markenzeichen Hochheims sind. Dies als Beweis für Regionalität und Nachhaltigkeit, die auch dem Begriff Fairer Handel zugerechnet werden können.

Diese Veranstaltung war eine gute Auffrischung des Fairtrade-Gedankens und es wurden auf dem Weg bereits einige vielversprechende Ideen diskutiert.