12.00 Uhr, die Leute drängeln sich vor dem Riesenrad. Der Fanfarenzug Chorgeist hat bereits Aufstellung genommen, worauf warten wir? „Wir gedulden uns noch einige Minuten,...
HOCHHEIM. 12.00 Uhr, die Leute drängeln sich vor dem Riesenrad. Der Fanfarenzug Chorgeist hat bereits Aufstellung genommen, worauf warten wir? „Wir gedulden uns noch einige Minuten, denke ich, bis die Fahrzeuge anrücken“, meint Bürgermeister Dirk Westedt. Die Sonne scheint, es ist Freitagmittag und vor dem Riesenrad steht dicht gedrängt eine Menschenmenge wie vor der Pandemiezeit.
Die historischen Traktoren und Fahrzeuge haben sich ein wenig verspätet, weil die königlichen Gäste aus dem Rheingau ebenfalls verspätet eintrudeln. Und in welcher beeindruckenden Menge.
Nach zwei Jahren Markt-Pause dehnt sich jede Minute des Wartens wie Gummi. Doch dann kesseln sie heran, es dieselt kraftvoll: die Hanomags der Schaustellerfamilien Sottile, Thoma, Roie, Toni Thoma, Barth. Ein Hanomag-Trecker der Mainzer Firma Raltschick und Söhne hat bereits 100 Jahre auf dem Buckel.
In früheren Zeiten waren diese Boliden wertvolle, notwendige und zuverlässige „Arbeitstiere“. Es tuckert so richtig, wenn die Aggregate im Schritttempo vor dem Riesenrad langsam vorbeirollen.
Angesagt werden die eisernen Schätzchen von Thomas Roie, der mit Stolz die Parade der Fahrzeuge abnimmt. Dank der Pandemie hatten die Besitzer wieder einmal Zeit und Muße, ihre alten Fahrzeuge zu pflegen und instandzusetzen – es ist nicht alles schlecht, doch als Vorsitzender des Schaustellerverbandes verschweigt er nicht die existenziellen Schwierigkeiten, mit denen alle Marktbeschicker zu kämpfen hatten. Doch fast 98 Prozent sind durchgekommen, wie er erfreut feststellt. Sein besonderer Dank geht an Marktmeister „Podolski“, pardon, Thomas Pokoyski, der mit seinem Team 2022 alles bestens organisiert habe.
Bürgermeister Dirk Westedt steht es zu, die positiven Zahlen zu verkünden: 610 angemeldete Beschicker, 360 Marktstände, wenn das Wetter gut bleibe, könne man getrost mit der halben Million Besucher wie vor Corona rechnen.
Mehr als ein halbes Jahrtausend Marktgeschehen in Hochheim, das lasse man sich nicht von Herrn Putin vermiesen.
Sein Dank geht an das Team um den Marktmeister und die Mitarbeiter vom Ordnungsamt.
„Endlich ist er wieder da, der Hochheimer Markt – ein Stück Kultur kehrt zurück nach Hochheim“, erklärt Weinkönigin Viktoria I., begleitet von Weinprinzessin Julia. „Wenn jeder auf der Welt entdeckt, / wie gut der Wein von Hochheim schmeckt, / dann wär`n bald alle Fässer leer, / wir hätten nichts zu trinken mehr. / Wir sage`s trotzdem allen Leut, `/ weil Wein des Menschen Herz erfreut / und weil vom goldnen Überfluss / man andern auch `was gönnen muss.“ Deutschland ist halt nach wie vor ein Paradies und Hochheim im Besonderen.
Nach fünf Böllerschüssen, für jeden Markttag einen, wird es dann wirklich allen bewusst – der Hochheimer Markt ist zurück. Live und in nahezu gewohnter Größendimension und die Freude ist riesengroß.