Auf den ersten Blick ist es ein unscheinbarer, grauer Aktenschrank. Doch wer die Türen öffnet, dem springen sofort leuchtende Farben von Früchten, Kürbissen, Paprika,...
HOCHHEIM. Auf den ersten Blick ist es ein unscheinbarer, grauer Aktenschrank. Doch wer die Türen öffnet, dem springen sofort leuchtende Farben von Früchten, Kürbissen, Paprika, Tomaten, frischen Äpfeln und Trauben, sowie einer Vielfalt verpackter Lebensmittel ins Auge, die darauf warten, abgeholt zu werden. Links neben dem Eingang zum Gemeindezentrum St. Bonifatius in der Kolpingstraße 2 präsentiert sich der sogenannte Fair-Teiler Schrank der Organisation foodsharing. Der Pfarrgemeinderat der katholischen Gemeinde St. Peter und Paul und St. Bonifatius unterstützt die Aktion.
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Tägliche Reinigung und Qualitätskontrolle
Menschen können gute Lebensmittel bringen, und Menschen können gute Lebensmittel holen. Und zwar alle Menschen. Um die Qualität der angebotenen Lebensmittel sicherzustellen, gibt es einen ehrenamtlichen Putzdienst, der jeden Tag die Inhalte der Schränke überprüft, verdorbene Lebensmittel entfernt und den Schrank hygienisch sauber hält. Auf der Plattform foodsharing.de wird der Pflegeplan geführt und von den Regionalverantwortlichen täglich überprüft. Die Putzlisten müssen aufgehoben und dem Veterinäramt in Hofheim auf Anforderung vorgelegt werden. Außen am Fair-Teiler stehen klare Hinweise, was gebracht werden darf. Die Foodsaver, also die Lebensmittelretter, bekommen außerdem von 35 Kooperationspartnern im Main-Taunus-Kreis Informationen, wenn Lebensmittel abzugeben sind. Die Partner sind Lebensmittelmärkte, Verteillager oder Geschäfte wie zum Beispiel Bäckereien und auch Caterer, die übrig gebliebene Waren nicht einfach wegwerfen, sondern einer kostenlosen weiteren Nutzung zuführen wollen. Die Fair-Teiler Schränke sind rund um die Uhr sowohl für die Anlieferung, wie auch für die Abholung von Lebensmitteln geöffnet. Es gibt exakte Vorgaben. Alles muss frisch und sauber sein. Das sind zum Beispiel Obst, Gemüse, Backwaren sowie verpackte Lebensmittel. Aber keine schnell verderblichen Waren sowie Lebensmittel, die gekühlt werden müssen und insbesondere keine Alkoholika oder gar Medikamente. Die „Kunden“ des Fair-Teilers sind nicht unbedingt nur bedürftige Menschen. „Es können auch Leute sein, die mobil eingeschränkt sind und den Weg zum nächsten Supermarkt nicht schaffen,“ wie Pia Würzburger erklärt, die in Flörsheim in unmittelbarer Nähe des dortigen Fair-Teiler Schrankes wohnt.
Die Nutzer vernetzen sich im Internet
Den aktuellen Bestand können die Interessenten aus den sozialen Medien wie Facebook entnehmen. Es gibt auch lokale WhatsApp Gruppen, die sich gegenseitig über die aktuellen Angebote informieren. Damit ist sichergestellt, dass die Menschen finden, was sie suchen und dass die Inhalte der Schränke auch zeitnah abgeholt werden. Es geht oft sehr schnell. „Das Schöne ist auf jeden Fall, dass es anonym ist. Auch wenn sich vielleicht jemand nicht traut, zur Tafel zu gehen, dann kann sie oder er sich problemlos aus dem Fair-Teiler bedienen“, betonte die Lebensmittelretterin Sandra Hahn. Es gibt auch Menschen, die zufällig vorbeikommen und sich etwas mitnehmen. Wichtig ist, dass die Ware im Schrank nicht verdirbt. Die Foodsaver trennen bereits in den Märkten der Kooperationspartner die Spreu vom Weizen und nehmen nur Lebensmittel mit, die sich sicher zur Weiterverteilung eignen. Foodsharing nimmt immer Rücksicht auf die Wünsche ihrer Partner. Manche werben damit, dass sie nachhaltig arbeiten. Andere Betriebe möchten ihre Lebensmittel lieber diskret verteilen. Die Foodsharing-Botschafterin Pia Würzburger betonte, dass sie auch nicht im Wettbewerb mit den Tafeln stehen. Diese holen nämlich bei den Partnern zuerst ab, was übrig ist oder gespendet wurde und dann kommt foodsharing. Sie arbeiten sogar mit den Tafeln zusammen und übernehmen, was dort eventuell nicht verteilt werden konnte.
foodsharing ist professionell und ehrenamtlich
Das ganze System ist hochprofessionell organisiert. Es gibt schriftliche Verträge mit den Kooperationspartnern und die foodsaver tragen sogar die Verantwortung für die Qualität der Ware. Sie müssen sicherstellen, dass die Lebensmittel tatsächlich noch genießbar sind. Dazu gibt es eine zwingend vorgeschriebene Ausbildung und ein Regelwerk innerhalb der foodsharing Organisation, der sich die Mitarbeiter unterwerfen müssen. Alle foodsaver arbeiten komplett ehrenamtlich. Sie steuern sogar eigene Ressourcen bei. Wenn sie zum Beispiel die Ware mit dem eigenen Auto abholen, zahlen Sie ihr Benzin selbst. „Natürlich dürfen wir manches, was wir retten, auch selbst verzehren. Ein wenig profitieren wir auch davon. Wichtig ist, dass nichts weggeworfen wird.“, freut sich foodsaverin Sandra Hahn. Der Hochheimer Fair-Teiler hat rund um die Uhr geöffnet. Zum Holen und zum Bringen.
Von Achim Munck