Stadt im Detail: Warum die Galluskirche viel mehr als ein Sakralbau ist.
FLÖRSHEIM. Rein formal ist es die Kirche der katholischen Pfarrei St. Gallus, die im kommenden Jahr in der neuen Pfarrei St. Teresa aufgehen wird. Die Galluskirche ist aber viel mehr. Sie „gehört“ schon längst nicht mehr nur der katholischen Gemeinde. Sie ist für viele Flörsheimer Identifikationspunkt und Heimatsymbol zugleich, unabhängig von ihrer religiösen Bindung. Wer über die Opelbrücke fährt und St. Gallus sieht, weiß, dass er bald zu Hause ist. Zu Füßen der Kirche wird Markt gehalten, in ihrem Schatten werden Sommerfest und Weihnachtsmarkt gefeiert. Auf dem Gallusplatz versammeln sich die Menschen, wenn es ernst wird für die Stadt. Hier verfolgten sie, wie Ministerpräsident Roland Koch die Nordwestvariante der neuen Landebahn des Frankfurter Flughafens als die „verträglichste“ verkündete und damit Flörsheim dem Fluglärm preisgab, unter dem Turm von St. Gallus trafen sich die Bürger sich zum Stillen Protest gegen Fluglärm und hier treffen sich alle, die keinen Platz mehr in der Kirche gefunden haben, um am Verlobten Tag an der Prozession teilzunehmen.
Die Galluskirche ist Ort hochkarätiger Musikdarbietungen im Rahmen der Gallus-Konzerte. In der Kirche wurden die Weihnachtskonzerte des Stauffenberg-Gymnasiums veranstaltet, hier treffen sich Narren aus der ganzen Region, um Fastnachtsgottesdienst zu feiern. Die Kirchenglocken von St. Gallus läuteten auch im Juli 2006, als Deutschland im kleinen Finale der Fußball-WM Portugal schlug – was zu einer Posse darüber führte, zu welchem Anlass Kirchenglocken überhaupt läuten dürfen.
Man sieht – in dem spätbarocken Kirchenbau fokussieren sich viele Aspekte des Lebens in der Stadt, die weit über die bloß religiöse Betätigung hinausgehen. Dem will auch der neu gegründete Förderverein Rechnung tragen, der die finanzielle Unterstützung für den Erhalt des Baus damit auch Menschen ermöglichen will, die der katholischen Kirche nicht angehören, sich der Galluskirche aber dennoch verbunden fühlen.
Und Geld für den Erhalt kann es eigentlich nie genug geben. Die 1766 erbaute Kirche bedarf einiger Pflege und es ist umfangreichen Aktivitäten zu ihrem Erhalt zu verdanken, dass sie im heutigen Zustand ist. Auch der Kirchenschatz bedarf regelmäßiger Zuwendung. Viele Stücke warten auf eine Restaurierung, für deren Finanzierung Küster Wilhelm Bachmann seit Jahren mit Spendenaktionen sammelt. Auch die mehr als 300 Jahre alte Dahm-Orgel, das musikalische Prunkstück der Kirche, muss instand gehalten werden. 1809, genau hundert Jahre nach ihrem Bau durch den Mainzer Orgelbaumeister Jakob Dahm, wurde sie aus dem Frankfurter Karmeliterkloster nach Flörsheim gebracht. Die Säkularisierung machte es möglich: Das Kloster wurde „ausverkauft“, 750 Gulden zahlten die Flörsheimer für das Schmuckstück, das die Karmeliter einst 1800 Gulden gekostet hatte. Der Erhalt der Orgel ist ungleich teurer. Mehr als 100 000 Euro kostete 2013 die jüngste Restaurierung des prachtvollen Instruments.
Doch nicht nur das Interieur der Kirche, auch der Bau selbst ist erhaltenswert. Im Denkmalverzeichnis des Landes wird die Galluskirche als aus geschichtlichen, künstlerischen und städtebaulichen Gründen erhaltenswertes Kulturdenkmal beschrieben. Interessant dabei ist, dass in der Beschreibung erwähnt wird, die charakteristische Bruchsteinfassade sei ursprünglich zum Verputz bestimmt gewesen.