Stute Satira steht mit einer wärmenden Decke im kühlen Stall.
(Foto:Vollformat/Frank Möllenberg)
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RÜSSELSHEIM - Strömender Regen, kalte sechs Grad plus und ein eisiger Wind. Und trotzdem stehen die Türen zum Pferdestall beim Reitsportverein Rüsselsheim an der Darmstädter Straße weit offen. „Das muss so sein, die Pferde brauchen viel Frischluft“, sagt Geschäftsführerin Carmen Stowasser und befördert eine Schubkarre voller Mist nach draußen.
Denn Pferde frieren nur selten. Viele Rassen bekämen ein Winterfell. Wenn nicht, würden sie mit Decken gewärmt. Aber der Stall bleibt immer kalt und zugig, denn der Staub, der in einem Stall entsteht, schade den Lungen der Tiere. Einige Pferde bekommen sogar ein so dichtes Fell, dass sie auch im Winter geschoren werden. Sonst würden sie beim Reiten zu arg schwitzen. „Das ist dann genauso, wie wenn man eine zu dicke Jacke anhat“, so Stowasser.
Geritten wird im Winter in der Halle. Der Reitplatz im Freien ist an diesem Tag voller Matsch und großen Pfützen und wäre ohnehin nicht benutzbar. Auch die Hindernisse sind abgebaut. Da bleibt nur noch die große Reithalle. Auch die Therapiestunden finden dort statt. Ein Ausritt im Freien wäre jetzt nichts für Reiter und Pferd. „Selbst bei Regenkleidung ist man in einer halben Stunde durchnässt“, weiß Carmen Stowasser aus Erfahrung.
Aber auch der Stall ist ungeheizt, weshalb sich die beiden jungen Reiterinnen, die an diesem Wintermorgen anwesend sind, dick eingepackt haben. „Nach und nach ziehen die ihre Jacken aus“, prophezeit Stowasser. Denn beim Reiten beginne man sehr schnell zu schwitzen.
Während die Pferde mit dem Winter ganz gut zurechtkommen, zumal sie alle sechs Monate gegen Influenza geimpft werden, liegt das Problem des Vereins derzeit beim Futter. Das habe wegen des trocknen Sommers nicht die sonst übliche Qualität. Normalerweise werde das gemähte Gras bereits auf dem Acker nass zusammengepresst, damit eine Fermentierung möglich ist. Das wird dann Heulage genannt. Im Gegensatz zum Heu ist diese staubfrei – gut für die empfindlichen Pferdelungen.
Da es aber den ganzen Sommer über trocken war, konnten die Ballen nicht nass gepresst werden, es entstand Heu. Der Nährwert sei deshalb schlechter als sonst, die Halme würden zudem leichter brechen. Deshalb wird den Tieren mehr Kraftfutter zugegeben. „Denn das Heu ist derzeit wie eine dünne Suppe“.
Der Reitsportverein hat sich laut Stowasser gut eingedeckt und wird seit Jahren vom gleichen Landwirt beliefert. Deshalb wird das Heu auch nicht knapp. Aber teurer. Fast 20 Prozent mehr müsse der Verein derzeit bezahlen. Beim Stroh seien es gut 10 Prozent mehr. Geld, das seit November auf die Reitstunden umgelegt werden musste, wie Stowasser betont.
Auch die fünf Pferdehalter, deren Pferde beim Reitsportverein untergestellt sind, müssen nun jeden Monat tiefer in die Tasche greifen.
Allerdings bestehe in Südhessen kaum die Gefahr, dass Vereine kein Heu oder kein Stroh mehr bekommen, denn hier gebe es so gut wie keine Milchviehhaltung. In Norddeutschland mit hoher Milch- und Fleischviehhaltung sei die Lage prekärer, weil die Landwirte das meiste Heu und Stroh für ihre eigenen Tiere brauchten. Nun sind die Reiter gespannt, was der kommende Sommer bringt. Wird er erneut so trocken wie dieses Jahr, könnte die Lage bei Heu und Stroh prekär werden.