Vom Weggehen und Ankommen

Noch spannender will sich künftig die Abteilung Nachkriegsgeschichte im Stadt- und Industriemuseum präsentieren. Im „Hafen der Erinnerung“, in dem sich Einwohner bislang...

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RÜSSELSHEIM. Noch spannender will sich künftig die Abteilung Nachkriegsgeschichte im Stadt- und Industriemuseum präsentieren. Im „Hafen der Erinnerung“, in dem sich Einwohner bislang mit eigenen Fotos einbringen konnten, werden schon bald weitere Rüsselsheimer ihre Geschichte erzählen, allerdings filmisch. Im mehrmonatigen Projekt „Leben in Europa – zuhause in Rüsselsheim Rhein-Main“, das im Rahmen des Projekts „Kulturkoffer“ vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur unterstützt wurde, befassten sich 13 Schüler der Alexander-von-Humboldt-Schule mit dem Leben zugewanderter Rüsselsheimer und begaben sich dabei auf eine Entdeckungsreise durch ihre Stadt.

Tief berührt vom Schicksal der Interviewpartnerin

Es waren persönliche Erinnerungen an prägende Ereignisse, die am Dienstag bei der Premiere des Films im Museum die Zuschauer berührten. Im Mittelpunkt der Interviews standen dabei Fragen nach der Herkunft, nach dem Weggehen und Ankommen und nach den Gefühlen, die mit der neuen und alten Heimat verbunden sind.

„Ich hatte gleich die Idee, meinen Opa zu interviewen“, erzählte die 14-jährige Semanur bei der Filmpremiere. Dass selbst sie nicht alles über ihren Großvater wusste, überraschte die Schülerin. Raijan und Imane arbeiteten gemeinsam in dem von Pädagogin Dorit Walter und dem Medienpädagogen Harald Kuntze (Initiative Wiesbadener Medienzentrum) betreuten Projekt. Sie interviewten den aus Italien stammenden Giuseppe Mangano, der in jungen Jahren nach Rüsselsheim kam, verschiedenen Tätigkeiten nachging, aber dennoch immer an seinem Traum, ein eigenes Restaurant zu besitzen, festhielt. „Für uns war die Geschichte von Herrn Mangano sehr beeindruckend und wir lernten vor allem, dass man alles erreichen kann, was man möchte“, sagten die Schülerinnen.

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„Ich habe nicht nur viel über das Schicksal einer einzelnen Person oder einer Familie erfahren, sondern auch darüber, dass sich die Situation in anderen Ländern manchmal anders gestaltet, als es in den Nachrichten rübergebracht wird“, sagt die 14-jährige Katharina, die vom Schicksal ihrer Interviewpartnerin tief berührt war. Die Schülerin befragte die aus dem Iran stammende Mohsam Celiker, die als Kind über die Türkei und Griechenland nach Deutschland kam. Sie sei in einem Dorf als einzige Ausländerin aufgewachsen, berichtete Celiker, die nicht nur für Toleranz warb, sondern auch kritisch anmerkte: „Die Integration geht unter, weil es nicht nötig ist, dass man hier die deutsche Sprache erlernt“.

So unterschiedlich die Befragten waren, so unterschiedlich gestalteten sich auch deren Lebensgeschichten. Eines hatten die befragten Erwachsenen, aber auch die Schüler, die zum Schluss zu Wort kamen, allerdings gemeinsam. Die Frage, was ihnen Heimat bedeute und was Heimat sei, beantworteten alle mit: „Dort, wo man sich wohlfühlt, zufrieden und sicher ist“, und mit: „Dort, wo man Freunde und Familie hat!“.

„Wir wurden von den Schülern und den Interviewpartnern reich beschenkt“, sagte Museumschefin Bärbel Maul, die das Museum auch als Forum sieht, in dem sich die Frage stellt, wie man gemeinsam leben möchte.