„Es verlangt viel Disziplin“: Sänger üben auf ungewöhnliche Weise im „Cyber-Chorraum“. Rund zwanzig der insgesamt über 30 Aktiven nutzen bisher das Angebot.
RÜSSELSHEIM. Singen in der Gruppe fördert das Gemeinschaftsgefühl und die Verbundenheit. Aber was tun, wenn das öffentliche Leben wegen der Corona-Pandemie vollständig zum Erliegen kommt? Aufhören zu singen und Trübsal blasen? Weit gefehlt. Denn es braucht nur kreative Ideen, wie der Gospelchor Bauschheim unter Beweis stellt. Mit einer „virtuellen Chorprobe“ halten sich die Sänger bei Laune und beweisen im „Cyber-Chorraum“ ihre Stimmgewalt, die sonst während der Proben oder bei den Konzerten zu bestaunen sind.
„Die Einsamkeit ist für die Menschen ein Problem“, sagt Gospelchorleiterin Ljuba Kamuff, die dem Chor seit rund 15 Monaten vorsteht. Für die 62-Jährige war es daher fast selbstverständlich, sich und ihrem Chor zu helfen, weshalb sie ihre Sänger in einem virtuellen Chorraum zusammentrommelt und zur Probe einlädt. „Rund zwanzig der insgesamt über 30 aktiven Sängerinnen und Sänger nutzten bisher das Angebot“, erzählt Kamuff.
Ungewöhnlich ist, dass der Chor bei den virtuellen Proben nicht zusammen singen kann wie sonst. „Das Problem ist, dass die Stimmen wegen der Datenübertragung minimal, aber dennoch zeitversetzt ankommen“, so Kamuff. Aus diesem Grund singen die Sänger mit abgeschalteten Mikrofonen für sich, während die Chorleiterin am Piano spielt. „Ungewohnt, aber machbar“, so Kamuffs Fazit. Eine halbe Stunde lang haben die einzelnen Stimmen Sopran, Alt, Tenor und Bass während der Probe die Möglichkeit, sich stimmlich zu Kamuffs Klavierspiel auszutoben. „Dadurch, dass sich alle sehen können, entsteht ein richtiges Gemeinschaftsgefühl“, sagt die Chorleiterin.
Von Vorteil sei, dass das Format es ermöglicht, einzelne Stellen immer wieder zu proben. „Zudem sind Stimmübungen zum Einsingen verfügbar, und es kann sogar täglich geübt werden“, erklärt Kamuff stolz. Auch wenn sich der Chor nicht „live“ trifft, soll es an den kommenden Dienstagen virtuelle Chorproben geben.
Man habe sich natürlich bereits vor geraumer Zeit auf Ostern vorbereitet. „Die Lieder sollten eigentlich beim Ostergottesdienst gesungen werden“, so die Chorleiterin, die zwar traurig ist, dass alles ins Wasser fällt, aber dennoch Licht am Ende des Corona-Tunnels sieht. Denn beim nächsten Konzert des Gospelchors soll ein Teil Ostern gewidmet und die geprobten Stücke gesungen werden.
„Es ist nicht einfach und verlangt viel Disziplin“, sagt Benjamin Sauter vom Chorbeirat über die Proben. Mit der virtuellen Probe habe man jedoch eine Möglichkeit gefunden, dennoch zu üben und „in Form“ zu bleiben, so der Bass, der der Chorleiterin für ihr Engagement großes Lob ausspricht. „Ljuba hat auch immer ein liebes Wort für uns oder eine Anekdote in dieser besonderen Zeit.“