Supersommer sorgt für deutlich mehr Fluglärm in Rüsselsheim

An rund 50 Prozent aller Tage herrschte 2018 Ostwetterlage, weshalb die Stadt von landenden Flugzeugen direkt überflogen wurde. Archivfoto: Hans Dieter Erlenbach

Wegen der anhaltenden Ostwetterlage sind die Lärmwerte westlich des Frankfurter Flughafens in den vergangenen Jahren immer weiter angestiegen. Eine Besserung ist nicht in Sicht.

Anzeige

RÜSSELSHEIM. 2018 gab es westlich des Frankfurter Flughafens eine Fluglärmbelastung wie kaum je zuvor. Der Grund: In rund der Hälfte des Jahres herrschte Ostwetterlage, demnach flogen die Flugzeuge im Landeanflug auf die Südbahn über Rüsselsheim und Raunheim, sowie im Anflug auf die Nordwestbahn über Hochheim und Flörsheim an.

In der Folge sind die Dauerschallpegel deutlich angestiegen. Keine Spur von der versprochenen Lärmminderung durch den Einsatz leiserer Flugzeuge. Im Gegenteil. Über Rüsselsheim an der Fraport-Messstelle Mainbrücke zum Beispiel stieg der Fluglärm von 55 Dezibel 2015 auf 58 Dezibel, über Raunheim von 59 Dezibel 2015 auf inzwischen 63,5 Dezibel 2018. Über Flörsheim stieg der Lärm von 57 Dezibel 2015 auf 62 Dezibel im vergangenen Jahr. Als Referenzmonat wurde jeweils der Mai genommen.

Belastung in Raunheim besonders hoch

Anzeige

Während an der Wetterlage nichts zu ändern ist, gab es in den vergangenen Monaten immer wieder Beschwerden, die vereinbarte Rückenwindkomponente werde nicht eingehalten. In der Fluglärmkommission war vereinbart worden, bei Ostwind von bis zu fünf Knoten dennoch von Osten her mit Rückenwind zu landen, denn im Osten des Flughafens werden die betroffenen Kommunen deutlich höher als im Westen überflogen und sind damit geringer belastet.

Den Wert, den die Raunheimer ertragen müssen, gibt es sonst in keinem Ort rund um den Flughafen und in keiner anderen Kommune in Deutschland.

Ein Blick auf die auf der Internetseite des Umwelt- und Nachbarschaftshauses veröffentlichten Betriebsrichtungsprognosen bestärkte die Kritiker. Dort wurde zum Beispiel in den vergangenen Wochen mehrfach Höhenwind aus Westen angezeigt und Bodenwind zwar aus Osten, jedoch nur mit einer Windgeschwindigkeit von ein bis zwei Knoten. Eigentlich hätten die Flugzeuge dann von Osten her anfliegen müssen, doch sie landeten weiterhin von Westen.

Richtungsänderung nicht immer durchsetzbar

Aber ganz so einfach, wie Zahlen es darstellen, sei die Sache nicht, wie Kristina Kelek, Pressesprecherin der Deutschen Flugsicherung (DFS) in Langen, gegenüber dieser Zeitung betonte. Bei den Veröffentlichungen des Umwelt- und Nachbarschaftshauses handele es lediglich um Prognosen, die teilweise deutlich von der Realität abweichen könnten.

Anzeige

Entscheidend für die Fluglotsen im Tower sei die Anzeige des sogenannten Anemometers für das Parallelbahnsystem. Zudem erhalten die Fluglotsen vom Deutschen Wetterdienst (DWD) Windprognosen. Auf dieser Basis werde die Entscheidung für die Betriebsrichtung getroffen. Immer wieder komme es vor, dass die DFS die Anflugrichtung drehe, die Piloten aber in ihrer Flughöhe deutlich stärkeren Wind meldeten. Piloten hätten sich in solchen Fällen sogar schon entschieden, wieder durchzustarten, anstatt in der vorgegebenen Betriebsrichtung zu landen.

Die Flugrichtung werde auch dann nicht gedreht, wenn sich die Windrichtung nach den Prognosen des DWD nur kurzzeitig ändere. In diesem Fall sei der mit einer Drehung der Betriebsrichtung verbundene Aufwand nicht zu rechtfertigen.

„Die Entwicklung ist dramatisch“

In der Fluglärmkommission sei die Thematik der Rückenwindkomponente schon oft diskutiert worden, so Kelek. Dort sei die Problematik bekannt.

Da die seit Jahren zunehmenden Ostwetterlagen nach Ansicht von Fachleuten eine Folge des Klimawandels sind, wird die Region westlich des Flughafens wohl auch in Zukunft mehr als früher mit Fluglärm belastet.

Weil die Lärmschutzauflagen für den Frankfurter Flughafens von deutlich niedrigeren Lärmwerten ausgingen, müsste beim passiven Lärmschutz eigentlich nachgebessert werden, fordert zum Beispiel Marianne Flörsheimer, die Fluglärmbeauftragte der Stadt Rüsselsheim. „Die Entwicklung ist dramatisch“, so Flörsheimer zu steigenden Fluglärm. Sie fordert, den Planfeststellungsbeschluss zu ändern und die Lärmauflagen für Fraport zu erhöhen, weil die Zahlen, die dem Beschluss zugrunde liegen, längst veraltet seien. Der beste Weg, den Lärm zu mindern, sei jedoch eine deutliche Reduzierung der Flugbewegungen.