Härtetest für Rüsselsheimer Deichtore

In der Dammgasse wird der Damm geschlossen: Zwischen die Pfosten werden Balken gesetzt. Foto: Vollformat/Volker Dziemballa
RÜSSELSHEIM - Am Samstagvormittag blieb Fußgängern, die mit Einkaufstüten vom Markt beladen zum Parkplatz am Mainvorland kamen, nur der Weg über die Treppe am Deich. Autos und Radfahrer mussten noch weiter ausweichen. Wegen einer Hochwasserschutzübung wurde zuerst das Deichtor an der Mainstraße geschlossen und dann das an der Dammgasse. Bei einem Zuschauer rief die Aktion Erinnerungen an die fünfziger Jahre wach, wo das Wasser bis ans untere Drittel des Deiches reichte.
Andreas Lanzrath, Bereichsleiter bei der Stadtpolizei, gab zu verstehen, dass die Kommunen laut dem Regierungspräsidium Darmstadt dazu verpflichtet seien, für ihre Deichabschnitte alle fünf Jahre Hochwasserschutzübungen durchzuführen. Zum einen prüfe man die Deichtore auf ihre Funktionsfähigkeit und stelle fest, ob die Kleinteile noch in Ordnung seien. „Zudem haben wir beim Städteservice Raunheim-Rüsselsheim viel neues Personal“, sagte er. Die Mitarbeiter müssten geschult werden, damit das Team im Notfall eingespielt sei.
Vorwarnzeit von drei bis vier Stunden
Zu den Arbeitsschritten, die jedesmal „händisch“ durchgeführt werden müssen, gehört etwa das Einfügen der Dichtungsgummis in die Wandprofile. Danach werden die Mittelprofile aufgebaut. Beim Maintor gibt es nur ein Mittelprofil, beim größeren Tor in der Dammgasse sind es drei. Zwischen die Pfosten werden dann nach und nach die Dammbalken hineingesetzt. Beide Tore haben jeweils eine dem Wasser und eine der Stadt zugewandte Sperre. Der Hohlraum dazwischen kann bei Bedarf noch mit Sandsäcken gefüllt werden.
Neu Befestigt
- Zum Hochwasserschutzsystem gehören auch die Deiche, die in den vergangenen Jahrzehnten neu befestigt wurden. Sie sind mit schwerem Gerät bis zu 18 Tonnen befahrbar. Im Ernstfall schaffen THW und Feuerwehr Sandsäcke heran, von den 80.000 immer gefüllt bereitliegen.
- Wasserstände und Schleuseninformationen lassen sich über die Webseite der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) einsehen (www.elwis.de).
„Für den Aufbau braucht man ungefähr eine Stunde“, erläuterte Pedrag Nikolic vom Städteservice, der zum ersten Mal an der Übung teilnahm. Für den Main gebe es aber eine Vorwarnzeit von drei bis vier Stunden, sodass man nicht in Hektik aufbauen müsse. Dies bestätigte der Leiter des Fachbereichs Sicherheit und Ordnung, Thomas Heß. „Die Entwicklung der Pegelstände lässt sich im Internet nachverfolgen“, erklärte er. Normalerweise zeige sich dort schon früh, ob eine Flutwelle im Anrollen sei. „Ein kleiner Bach wird bei starkem Regen schon mal schnell zu einem reißenden Bach. Solch eine Situation haben wir hier nicht“, sagte Heß.
Problemloser Ablauf der Übung
Die Deichtore würden zwar aus Sicherheitsgründen bereits dann geschlossen, wenn der Landungsplatz leicht überflutet sei, da viele Menschen die Gefahr nicht wahrnehmen würden und den Parkplatz dennoch befahren, sagte Heß. Bedenklich sei aber erst ein Wasserstand von über fünf Meter: „Erst dann würde das Wasser in die Stadt schwappen“.
Selbst Lanzrath, der 18 Jahre im Dienst ist, hat so einen Fall noch nicht erlebt. Aber man ist gewappnet. Hilfreich ist, dass das benötigte Material nun beim Maintor in der ehemaligen Pumpstation eingelagert ist, die während des Hotelneubaus neu abgedichtet wurde. „Vor fünf Jahren mussten wir noch alles von einem Lager bei der Kläranlage heranschaffen“, sagte Heß, der sich mit dem problemlosen Ablauf der Übung zufrieden zeigte.