Heimatforscher aus Groß-Gerau zweifeln Weg Luthers durch Trebur an
Von Detlef Volk
Lokalredakteur Groß-Gerau Echo, Ried Echo
Ist Martin Luther auf seinem Weg nach Worms tatsächlich durch Trebur gekommen? Die „Gerer Haoniggelsderfler“ hegen daran Zweifel. Archivfotos: Vollformat/Alexander Heimann (2)
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NAUHEIM/TREBUR - Der Reformator Martin Luther spaltet weiter die Bürger im Land. Auch 500 Jahre nach seinem Thesenanschlag an die Tür der Schlosskirche in Wittenberg, die letztendlich zur Spaltung der Kirche führte, wird sein Weg kritisch beobachtet. Das Ereignis im Jahre 1517 steht für den Beginn der Reformation in Deutschland. Aufgrund seiner Schriften wurde er von Kaiser Karl V. zum Reichstag nach Worms vorgeladen. Dort sollte er am 17. und 18. April 1521 seine Thesen widerrufen.
War der Frühling 1521 nass oder trocken?
Der Ausgang dieses Treffens ist bekannt, darüber gibt es in Groß-Gerau, Mörfelden-Walldorf und Büttelborn wenig Streit. Allerdings wollen sich Heimatforscher dieser Kommunen und vor allem der Kreisstadt, „Gerer Haoniggelsderfler“ nennen sie sich, nicht mit der Route des ausgewiesenen Lutherweges abfinden. Sie zweifeln vor allem die Äußerung ihres Kollegen von der Gesellschaft Heimat und Geschichte Trebur, Wolfgang Kraft, an, „namhafte Forscher“ hätten bewiesen, Luther sei damals durch Trebur gekommen. Von Frankfurt kommend hat Luther bei Oppenheim den Rhein überquert, um dann rechtsrheinisch seinen Weg bis Worms fortzusetzen.
Eine detaillierte Wegbeschreibung gibt es nicht, aber die Zwischenstationen mit Übernachtungen sind bekannt. Belegt ist die etwa die Übernachtung in Oppenheim. Der für die Ausarbeitung des Weges gegründete Verein „Lutherweg in Hessen“ hat sich an diesen Daten als „Korridor“ orientiert. So hegt Hans-Joachim Brugger, Wegpate in Nauheim und Vorstandsmitglied im Heimat- und Museumsverein, Zweifel an der Durchquerung Nauheims. „Nauheim bestand damals aus etwa 20 Häusern und 200 Einwohnern“, erzählte er im Sommer. Allerdings sei es „ein nasses Frühjahr mit Hochwasser“ gewesen. Und so könnte Luther nach seinem Aufbruch morgens in Frankfurt nicht den schnellsten Weg über Groß-Gerau und Wallerstädten nach Oppenheim genommen, sondern die „Königsroute“ über Königstädten, Nauheim und Trebur gewählt haben.
Genau diese Schilderung ruft wiederum bei den „Gerer Haoniggelsderfler“ Widerspruch hervor. So gebe es in den Ortschroniken von Nauheim und Trebur keinen Hinweis darauf, dass Luther den Weg über Nauheim-Trebur zurückgelegt habe, sagt Haoniggelsderfler Lebrecht Viebahn. Hingegen seien in Worfelden und Klein-Gerau Flurnamen und Wegbezeichnungen zu finden, die auf Luther hinwiesen.
Für den Weg von Frankfurt über Mörfelden, Worfelden, Klein-Gerau, Dornburg und Gerau sowie weiter über Wallerstädten, Geinsheim und Oppenheim gebe es Aussagen des Theologen und Historikers Karl Dienst. Was für Viebahn ein starkes Argument für den Weg über Groß-Gerau ist, sind seine Wetterrecherchen. „Danach war der Frühling 1521 ein normaler, trockener April-Frühling“, schreibt er im Gegensatz zu Brugger. Genau zu klären sein wird dies letztendlich aber nicht. Denn in einem Schreiben von Dr. Lea Schneider vom Institut für Geographie der Uni Gießen heißt es, es könne nicht ausgeschlossen werden, „dass es im April 1521 in der Rhein-Main-Region sehr nass war“. Die Nässe und damit angeschwollene Bäche und Flüsse sollen für den Weg über Trebur gesorgt haben, da hier nur die Überquerung eines Wasserlaufs anstand.
Auch weise eine Karte aus dem Jahr 1565 aus dem hessischen Staatsarchiv keinen Weg von Trebur nach Oppenheim aus. Der direkte Königsweg von Frankfurt nach Oppenheim sei dagegen zu erkennen, so Viebahn.
Zumal auch nach dem berühmten „Gang nach Canossa“ 1077 von König Heinrich IV. die Treburer Königspfalz gemieden wurde. Somit entfiel auch die Verpflichtung, diesen „Königsweg“ reisefähig zu halten, führt Viebahn an.
Zweifel hegt er auch an der Darstellung, Luther könnte sein wohl bekanntestes Lied „Ein feste Burg ist unser Gott“ auf diesem Weg gedichtet haben. Das Lied sei in Luthers 156 Tagen in der Feste Coburg entstanden, so Viebahn.
Letztendlich wird sich an der heutigen Route des „Lutherwegs 1521“ nichts mehr ändern. Die Diskussion über den Reiseweg des Reformators wird aber in den Heimatvereinen der Region sicher weiter fortgesetzt.