Nicht nur uns Menschen ist heiß. Auch Haustieren macht die Hitze zu schaffen. Besonders hart trifft es die Transporttiere, die bei sengender Hitze über die Autobahn transportiert werden.
Von Hans Dieter Erlenbach
Redakteur Echo/Main-Spitze
Im Tierheim Gernsheim steht in fast jedem Zwinger eine kleine Muschel mit Wasser. Husky-Mix Colin nimmt das Angebot dankend an. Auch im Katzenhaus, wo Kätzchen Yanni lebt, ist es heiß. Foto: Vollformat/Robert Heiler
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RIED - Colin mag Wasser. Er kann gar nicht genug davon bekommen. Colin lebt derzeit im Tierheim Gernsheim. Und dort ist es heiß. Sehr heiß sogar. Denn im Gegensatz zu anderen Tierheimen residieren die Gernsheimer im freien Feld. Bäume gibt es kaum. Von Schatten keine Spur. Deshalb musste die Tierheimleitung frühzeitig auf die Hitze reagieren.
Die Hunde werden statt mittags ab 16 Uhr nur noch in der Frühe ausgeführt, wenn es etwas kühler ist. Und zwar in Richtung Rhein, damit sie im Wasser noch mal so richtig abkühlen können. Aber nur an der Leine. Denn es bestehe sonst die Gefahr, dass die Tiere von der Strömung mitgerissen werden, berichtet Tierpflegerin Susanne Jäger.
Von einem erfrischenden Bad zehrten die Tiere den ganzen Tag. Im Tierheim selbst steht in fast jedem Zwinger eine kleine Wassermuschel, in der sich die Hunde abkühlen können. Colin und die anderen Tierheimhunde können gar nicht erwarten, bis sie frisches, kaltes Wasser bekommen.
KOMMENTAR: "UMSICHTIG SEIN" VON HANS DIETER ERLENBACH
Wer ein Haustier hat, muss Verantwortung übernehmen und ist dem Tierwohl verpflichtet. Egal ob er Fische in einem Gartenteich hält, Schildkröten in einem Freigehege untergebracht hat, oder sein Leben mit Hund oder Katze teilt. Tiere können sich in den seltensten Fällen selbst helfen. Sie sind auf "ihren Menschen" angewiesen. Umso mehr erschreckt die Rücksichtslosigkeit mancher Tierhalter. Mitarbeiter der Tierheime können stundenlang davon erzählen. Sie berichten von ausgesetzten Hunden, die irgendwo angebunden, stundenlang in der prallen Sonne sitzen. Wenn sie Glück haben, werden sie rechtzeitig gefunden, wenn nicht, sterben sie einen qualvollen Tod. Oder von Hunden, die bei einem nur wenige Spalt breit geöffneten Fenster im Auto ausharren müssen, während Herrchen oder Frauchen einkaufen gehen. Hier braucht es Zivilcourage, um solche Menschen anzusprechen und auf ihr Verhalten aufmerksam zu machen oder die Polizei zu informieren. Gott sei Dank ist die Mehrheit der Tierhalter vernünftig und geht umsichtig mit den Tieren um. Wie zum Beispiel die Reiter, die wegen der Hitze die Teilnahme an Turnieren absagen und dafür auf den ein oder anderen Pokal verzichten. Bei all der Diskussion um Tierwohl dürfen aber auch jene Kreaturen nicht vergessen werden, die über viele hundert Kilometer eng zusammengepfercht in Lastwagen über die Autobahnen zu den Schlachthöfen gefahren werden. Hier sollten die Behörden viel öfter eingreifen.
hans.erlenbach@vrm.de
Den Tieren merkt man die Hitze an. Kaum haben die Hunde einen Gast bellend begrüßt, lassen sie sich erschöpft auf den Boden fallen, suchen nach Trinkwasser und hecheln mit heraushängender Zunge. Die einzige Art, zu schwitzen. Manche ziehen sich in die Hundehütte zurück, wo sie vor sich hindösen.
Nicht in der prallen Sonne Gassi gehen
Tierheimleiterin Martina Grundmann rät allen Hundehaltern, ähnlich zu verfahren. Mit den Tieren früh raus und dann ein ruhiges Plätzchen in der kühlen Wohnung suchen. Und vor allem: "Immer genügend Trinkwasser bereithalten." Sie hat kein Verständnis für Hundehalter, die mittags bei sengender Hitze ihren Vierbeiner neben dem Fahrrad herrennen lassen.
Grundmann kennt auch andere Szenen. Da sitzt ein Vierbeiner hechelnd auf dem Rücksitz eines Autos, die Fenster einen Spalt geöffnet, die Besitzerin im benachbarten Supermarkt. Die Sonne brennt erbarmungslos vom Himmel, das Tier droht zu kollabieren. Nicht nur bei den derzeit hohen Temperaturen, sondern immer, wenn die Sonne auf das Autodach brennt. Auch wenn es nicht so heiß ist.
Für Menschen, die bei sengender Hitze ein Tier im Auto lassen, hat sie keinerlei Verständnis. Hinter den Autoscheiben werde es bis zu 50 Grad heiß. Nicht zuletzt deshalb müssen immer wieder Polizei und Feuerwehr anrücken, um Tiere aus überhitzten Fahrzeugen zu befreien. Manchmal kommen sie zu spät, weil die Tiere bereits verendet sind. Unangenehm auch für die Tierbesitzer, denn auf sie wartet eine Anzeige wegen Tierquälerei. "Der Mensch sollte sich einfach mal zu dem Tier ins Auto dazusetzen. Dann wird er schnell merken, wie unerträglich die Temperatur wird", sagt Martina Grundmann.
Hunde können nicht schwitzen, sondern kühlen sich durch Hecheln ab. Für sie wird es schon bei Temperaturen unter 30 Grad problematisch. Deshalb gilt laut Deutschem Tierschutzbund, Hunde tagsüber nicht in der prallen Sonne auszuführen. Alarm sei angesagt, wenn sich ein Hund auf die Seite lege und die Schleimhäute sich lila verfärben. Dann helfen nur noch Wadenwickel und eine Sprühflasche, um das Tier bis auf die Haut zu benetzen. Zudem sollte man Hunden unterwegs immer eine Trinkmöglichkeit anbieten, so die Tierheimleiterin.
Katzen hingegen sind gegen Hitze weniger empfindlich als Hunde, obwohl sie meist ein dickeres Fell haben, das aber auch zum Schutz vor Hitze und nicht nur vor Kälte dient, wie der Tierschutzbund schreibt. Sie suchen sich von selbst schattige Plätze, räkeln sich im Haus gerne auf kühlen Fliesen und werden träge, was in diesem Fall kein Grund zur Besorgnis ist. Auch das ist im Tierheim derzeit gut zu beobachten. Katzen werden dann oft erst in den kühlen Nachtstunden aktiv.
Tiere wie Vögel, Kaninchen oder Meerschweinchen, die in Käfigen gehalten werden, sollten im Freien immer im Schatten stehen.
Reiterhöfe sagen wegen der Hitze Teilnahme an Turnieren ab
Doch wie sieht es mit den Pferden aus? In Südhessen gibt es viele Reiterhöfe. Im Reiterhof Burghof in Wolfskehlen ist der Reitbetrieb derzeit deutlich eingeschränkt, wie Mitinhaberin Susanne Brothecker sagt. Geritten wird in der Regel nur frühmorgens oder am Abend. Nach dem Reiten werden die Beine der Tiere mit kaltem Wasser gekühlt und die Pferde werden abgewaschen.
Die Teilnahme an einigen Turnieren sei wegen der Hitze bereits abgesagt worden. Neben der Hitze würden die Pferde aber auch unter einem plötzlichen Wetterumschwung leiden. Sie bekämen dann Koliken. Ein weiteres Problem der Hitze und der Trockenheit sei der fehlende Futternachschub. Da die Felder vertrocknet sind, fehle Heu. Das müsse der Reiterhof wohl demnächst teuer von irgendwoher zukaufen.
Der Deutsche Tierschutzbund zeigt aber noch ein ganz anderes Problem auf, nämlich die Tiertransporte. Stundenlang würden Rinder, Schweine, Ziegen oder Schafe bei sengender Hitze über die Autobahnen transportiert, oder stünden, wenn die Fahrer ihre Pause machen, auf Rasthöfen in der Sonne, beklagt Pressesprecherin Lea Schmitz - oft ohne ausreichend Wasser. Am Ziel seien meist einige Tiere qualvoll gestorben. Deshalb sollten solche Transporte über lange Strecken bei heißem Wetter verboten sein.
Bei Haustieren in Außengehegen müsse genügend Schatten vorhanden sein, in den sich die Tiere zurückziehen können. Feuchte Handtücher, über das Gehege gelegt, könnten helfen. Tiere auf der Weide müssten ebenfalls genügend Schattenplätze und vor allem genug Wasser haben.