Reiner Weimerich überzeugt als „Margo“ sein Publikum in...

„Comme la vie – von Träumen und Schäumen“ berichtet Reiner Weimerich als Grande Dame „Margo“ bei der Premiere von „Comme la vie“. Marta Walgua begleitet ihn am Klavier.Foto: Ulrich von Mengden  Foto: Ulrich von Mengden
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Die große Welt machte dem beschaulichen Gustavsburg ihre Aufwartung. Als glamouröse Diva aus Berlin berauschte Reiner Weimerich alias „Margo“ sein Publikum am Samstag in...

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GINSHEIM-GUSTAVSBURG. Die große Welt machte dem beschaulichen Gustavsburg ihre Aufwartung. Als glamouröse Diva aus Berlin berauschte Reiner Weimerich alias „Margo“ sein Publikum am Samstag in den Burglichtspielen.

Wie aus der Zeit gefallen erschien diese Grande Dame aus den 1920er und 30er Jahren und zeigte, was wahre Noblesse ist.

„Comme la vie – von Träumen und Schäumen“, hieß das neue Programm dieser männlichen Diseuse, das im kommunalen Kino Premiere feierte. Einen Travestiestar mimt Weimerich, der es sich natürlich nicht entgehen lässt, mit frivoler Attitüde über sein Spiel mit den Geschlechterrollen scharfzüngige Witze zu machen.

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„Geschlecht? Ja!“,pointiert er mit Augenaufschlag und Hüftschwung.

Im plüschigen Ambiente des Kinosaals, mit viel rotem Samt und Kuschelatmosphäre reiht Weimerich die Chansons und Schlager der glorreichen Zeit seines Genres wie an der Perlenschnur auf. Damit diese Diamanten des politischen und frivolen Liedgutes so richtig zum Funkeln kommen, greift auf kongeniale Weise Marta Waluga in die Tasten und meistert ein wahrlich anspruchsvolles Programm vom eingängigen Schlager bis zu den Neutönern der damaligen Zeit.

Im wirklichen Leben Mitglied des Opernchors in Mainz

Als Solitär überstrahlt Weimerich, der im richtigen Leben Mitglied des Opernchores am Mainzer Staatstheater ist, mit warmem Bariton und enormer stimmlicher und emotionaler Wandlungsfähigkeit diesen vielbeklatschten Abend.

Es ist ein Sehnsuchtsprogramm, denn er sei nun einmal auf der Welt, um glücklich zu sein, wie es auch wortwörtlich in den gesanglich interpretierten Textzeilen von Theo Mackeben heißt.

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„Margo“ bleibt eng an seinem Motto und variiert Couplets, die von menschlichen Utopien und harten Landungen in der Realität erzählen. Zu Gehör kommen Werke so bekannter Komponisten wie Georg Kreisler (Irgendwo am Strand) Kurt Weill (Youkali) oder die französischen Preziosen von Eric Satie. Reiner Weimerich verbindet seine Interpretationen, die er als Menü mit flotten Schlagern, politischer Anklage, kokettem Augenzwinkern oder sentimentaler Nachdenklichkeit serviert, mit intelligenten Conferencen. „Leeren Köpfen entspringen die gefährlichsten Ideen“ formuliert er und klagt an, dass den Kriegstreibern, Waffennarren, Hetzern Grenzziehern und Ausgrenzern der Jetztzeit wohl der Respekt davor abhandengekommen sei, dass wir seit über 70 Jahren in Frieden leben könnten. Ihnen widmete er das bewegendste Lied des Abends, das Gänsehaut pur erzeugte und Bravo-Rufe des faszinierenden Auditoriums herauskitzelte. „Das Lied vom Warten“ von Edmund Nick, nach einem Text von Erich Kästner berichtete von der verzweifelten Suche einer Frau nach dem im Zweiten Weltkrieg vermissten Mann.

Reiner Weimerich beherrscht eine große Bandbreite stimmlicher Mittel, den großen Opernton, ebenso wie den ausdrucksstarken Sprechgesang und hat den gewissen Schmelz bei den Unterhaltungssongs. Politisch ist er mit glasklaren Ansichten hellwach in der Gegenwart, während seine Kunstfigur „Margo“ keine zeitgemäße Transgender-Thematik transportiert, sondern wie aus einer früheren Zeit des schönen Scheins aufgetaucht ist.