Der ehemalige Betriebsratsvorsitzende von Opel, Klaus Franz, stellte sein Buch über die Rettung des Autobauers (rechts Verleger Hans Jürgen Jansen) in der Buchhandlung der Villa Herrmann vor. Foto: Ulrich von Mengden
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GINSHEIM-GUSTAVSBURG - Die Zahlen sahen niederschmettert aus. 2008 schrieb der amerikanische Autobauer General Motors sieben Milliarden US-Dollar Verluste. Der Marktanteil im Heimatland war von 50 auf 18 Prozent nahezu pulverisiert. Der Gang in die Insolvenz schien vorgezeichnet. Und mit ihm sollte das hundertprozentige Tochterunternehmen Opel geschlossen werden. Da schlug die Stunde des Betriebsrates und dessen Vorsitzenden Klaus Franz sowie der Gewerkschaften, der Bevölkerung und der deutschen Politik. Am vergangenen Freitag war Franz zu Gast in der Buchhandlung der Villa Herrmann und stellte sein Buch „Die Rettung von Opel vor der Insolvenz“ vor. Buchhändler und Verleger Hans Jürgen Jansen hatte die Erinnerungen von Franz, gespickt mit Fotos des Journalisten Walter Keber und einem Titelbild des Künstlers Hans Diebschlag, zu einem 124-seitigen Buch verarbeitet.
Dokumentation liest sich wie ein Wirtschaftskrimi
Obwohl Franz vor vielen Zuhörern eine Dokumentation ankündigte, liest sich das Werk auch wie ein Wirtschaftskrimi internationalen Ausmaßes. In Europa waren bei Opel, Vauxhall und Saab rund 60 000 Beschäftigte vom Verlust ihrer Arbeitsplätze bedroht. Es galt, die europäischen Töchter von der Insolvenz der Mutter abzutrennen. Dafür kooperierte der Betriebsrat europaweit, die Bevölkerung ging massenweise zu Demonstrationen auf die Straße, und in Rüsselsheim gaben sich mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, dem damaligen hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch, dem damaligen Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier oder dem vormaligen rheinland-pfälzischen Ministerpräsident Kurt Beck die Politiker die Klinke in die Hand. Norbert Blüm, Ex-Opellehrling und Arbeitsminister im Ruhestand, zeigte in vorderster Reihe Solidarität.
1,5 Milliarden Euro Überbrückungskredite gab es von den Bundesländern. Eine Investorensuche scheiterte ebenso wie die Idee der zehnprozentigen Mitarbeiterbeteiligung, für die Franz unermüdlich die Werbetrommel gerührt hatte. Er ist bis heute der Ansicht, dass Arbeitnehmer, die sich auch an wirtschaftlichen Entscheidungen beteiligen, entscheidend zum Wohl des Unternehmens beitragen können. Kurzum: General Motors erholte sich und behielt seine Tochter Opel im Konzern, die sich nun zu einer Aktiengesellschaft gewandelt hatte.
PREIS
Das Buch: Klaus Franz: „Die Rettung von Opel vor der Insolvenz – Das Beispiel gelebter Mitbestimmung“, Verlag im Bücherhaus, 19,90 Euro. (uli)
In Rüsselsheim war Klaus Franz, der Mann mit dem schwäbischen Zungenschlag, längst zum „Mr. Opel“ aufgestiegen. Mit seiner Devise „Kooperation wo möglich, Konfrontation wenn nötig“, erwies er sich als der ideale Moderator zwischen Management und der Mitarbeiterschaft. Beide Seiten spendeten kräftig Applaus, als er 2011 in Ruhestand ging.
An der anschließenden lebhaften Diskussion, die sich an eine Foto-Präsentation von Walter Keber anschloss, beteiligten sich viele der ehemaligen Mitarbeiter und Betriebsratsmitglieder, die aus erster Hand von den Ereignissen berichten konnten. Ein spannendes Buch internationaler Wirtschaftsgeschichte mit dem Anspruch, die Geschehnisse en detail zu präsentieren.